Selbstverstümmelung und Schmerz

Zusammenfassung

Selbstverstümmelung stellt eine vorsätzliche Veränderung und Zerstörung von eigenem Körpergewebe dar. Die Untersuchung von kulturell sanktionierten verstümmelnden Praktiken und Ritualen enthüllt eine weite Skala von Schmerzerfahrungen. Manchmal ist die völlige Abwesenheit von Schmerz erwünscht: z.B. bei den Bauchschnitten der Abidji und dem Durchbohren der Zunge bei den Hindu; woanders wird die Schmerzverstärkung angestrebt, so etwa bei Initiationsritualen der Aborigines. Spezielle Prozeduren werden während solcher Handlungen vollzogen, um das Schmerzerleben der Teilnehmer zu beeinflussen. Unter Geisteskranken können abweichende selbstbeschädigende Praktiken durch die Letalitätquote, Anzahl der Krankenepisoden und durch die Direktheit des Vollzugs bestimmt werden. Solche Handlungen neigen dazu, impulsiv vollzogen zu werden und sind gewöhnlich schmerzfrei. Für gewohnheitsmäßige Selbstverstümmler sind ritualisierte vorbereitete Verhaltensweisen zur verminderten Schmerzwahrnehmung charakteristisch. Die symbolische Verbindung von Blut, Wunde und Schmerz stimuliert gewöhnlich die Selbstverstümmler positiv, während Zuschauer negativ betroffen reagieren.

Summary

Self-mutilation refers to the deliberate alteration or destruction of one’s body tissue. Examination of culturally-sanctio-ned mutilative practices and rituals reveals a broad range of pain experiences. In some, the total absence of pain is desired, e.g. abdominal incisions among the Abidji, and Hindu tongue piercing; in others, an intensification of pain is desired, e.g. initiation rites among aborigines in Australia. Specific procedures are utilized during such procedures to modulate the participants’ perception of pain. Among the mentally ill, deviant self-mutilative practices may be characterized on the basis of lethality, number of episodes, and directness of the method. Such acts tend to be impulsive and usually painless. For habitual self-mutilators, ritualistic preparatory behavior attenuates the perception of pain. The symbolic association among blood, scars, and pain usually affects self-mutilators positively, while on-lookers are affected negatively.

Aue dem Americanischen übersetz von Ekkehard Schröder