Übersicht
Der Volksgenosse, als Leitbegriff einer insgesamt „völkischen Weltvorstellung“, hat einen geschichtlich langen Ausprägungsprozeß. Er steigt auf aus den Abgründen kultureller Perversion im 19. und 20. Jahrhundert und kulminiert in Adolf Hitler, dem Prototyp kleinbürgerlicher Mediokrität.
Der Volksgenosse wurzelt in einer Weltanschauung, die in der Ästhetisierung der Barbarei und der Barbarisierung der Ästhetik fundiert ist. In Geistferne und ideologisch vorangetriebener Geschmacklosigkeit findet der Volksgenosse zu seiner Ich-Stärke.
Das System, modelliert nach dem idealtypischen Volksgenossen, läßt dem realen Volksgenossen kaum die Möglichkeit, Nischen des Privaten aufzusuchen und damit dem staatlichen Zugriff sich zu entziehen.
Das Psychogramm des Volksgenossen schwankt zwischen Mitläufertum und Mittäterschaft; er ist bald Mund-Täter, bald praktizierender Bösewicht. Fallstudien zeigen verallgemeinerbare Biographien auf; Ortsbeschreibungen lokalisieren den Entstehungsgrund von Volksgenossenschaft.
Der Volksgenosse ist im besonderen ein Produkt der „Panik im Mittelstand“; angesichts der Tatsache jedoch, daß Hitler in den Villenvierteln wie Mietskasernen siegte, die Kleinbürger wie die Arbeiter, die Angehörigen der Ober-wie Mittelschicht sowie die Deklassierten zu seinen Wählern zählten, wird man besser als gemeinsamen Nenner für das Volksgenossen-Syndrom die „autoritäre Persönlichkeitsstruktur“ ansehen können.
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Literatur
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© 1988 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Glaser, H. (1988). Zur Sozialpathologie des Volksgenossen. In: König, H. (eds) Politische Psychologie heute. Leviathan, vol 9. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88765-8_10
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