Zusammenfassung
Der SPD-Bundesvorstand hat im Jahre 1975 in einem vertraulichen Papier besorgt auf die wachsende Schlagkraft des CDU/CSU-Apparates hingewiesen und dabei insbesondere auf die Verhältnisse in Bayern aufmerksam gemacht, wo den nur 42 Geschäftsstellen der SPD 120 der CSU gegenüberstehen sollen. Es mag provokativ klingen, doch Tatsache ist, daß sich in Bayern bei CSU und SPD die Organisationsverhältnisse in einem gewissen Sinne umgekehrt haben. In ihrem zentral gesteuerten Umwandlungsprozeß zu einer „Massen- und Apparat-Partei modernen Typs“ ist die CSU im Vergleich mit der bayerischen SPD die besser und schlagkräftiger organisierte Partei geworden. Der Parteiapparat der CSU ist inzwischen hoch technisiert, die Organisationspolitik seit Anfang der siebziger Jahre computerisiert. Die CSU hat durch ihre gezielte Organisationspolitik heute mehr Mitglieder als die bayerische SPD. Ihre große „Organisationskraft“ ermöglicht der CSU, und dies steht sicher auch im engen Zusammenhang mit ihrer Finanzkraft, groß angelegte, äußerst wirkungsvolle Flächenwahlkämpfe zu führen, wie sie die SPD in Bayern nicht gleichermaßen inszenieren kann. Die herkömmlichen Vorstellungen von der CSU al seiner schlecht organisierten Honoratiorenpartei mit übers Land verstreuten Honoratiorenzirkeln, die sich um Inhaber öffentlicher (Wahl-)Ämter gruppieren, sind von der Wirklichkeit längst überholt.
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Anmerkungen
) Vgl. hierzu: E. Weis, Die Begründung des modernen bayerischen Staates unter König Max I. (1788–1825), in: M. Spindler (Hrsg.), Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. IV/2, Teilbd., Das neue Bayern 1800–1970, München 1974, S. 3ff.
) Vertiefende Literatur: Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung mit Literatur und Belegen von A. Mintzel, Die CSU. Anatomie einer konservativen Partei 1945–1972, Opla-den 1975
) K. Schreyer, Bayern — ein Industriestaat. Die importierte Industrialisierung. Das wirtschaftliche Wachstum nach 1945 als Ordnungs- und Strukturproblem, München-Wien 1969, S. 281ff.
) Dieser Darstellung des Verfassers in seinen bisherigen Publikationen folgt fast wörtlich R. Roth, Interessenpluralismus und Parteienstruktur in Bayern, in: R. Roth (Hrsg.), Freistaat Bayern, Die politische Wirklichkeit eines Landes der Bundesrepublik, München 1975, S. 326ff.
) In seiner auf den institutionellen Bereich der Politik verengten Sicht hat der bekannte politische Literat und Feuilletonist K. Sontheimer nicht wahrgenommen, daß gerade bei den im herkömmlichen Sinne bürgerlich-konservativen Parteien die Organisationsfrage und -politik zu einem Politikum geworden ist. Vgl. K. Sontheimer, Voluminöse Entzifferungen an einer politischen Erfolgsgeschichte, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Januar 1976.
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Mintzel, A. (1976). Volkstümliche Technokraten: Das Management der CSU. In: Böhret, C., et al. Wahlforschung: Sonden im politischen Markt. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88750-4_11
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