Konkurrenz oder Synergie? Nationale und europäische Industriepolitik

Zusammenfassung

In Deutschland genügt oft schon das Erwähnen des Begriffes „Industriepolitik“, um eine normativ bestimmte Debatte über das Verhältnis von Staat und Wirtschaft auszulösen, die um den nicht in andere Sprachen übersetzbaren Zentralbegriff „Ordnungspolitik“ kreist (Sturm 1989). „Kein Thema“, so Jens (1986: 15), „ wird … hier von bestimmten Kreisen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft so zum Tabu erklärt wie die Politik zur Beeinflussung von Wirtschaftszweigen.“ Auf europäischer Ebene finden solche Vorbehalte auch angesichts der tatsächlich interventionistischen Praxis in der Bundesrepublik wenig Verständnis. Der Streit um Begriffe ist aber für den europäischen Einigungsprozeß durchaus nicht nur von akademischer Bedeutung. Es ist daher wichtig, zunächst Schneisen in das Gestrüpp terminologischer Wucherungen zu schlagen. Anschließend ist die Frage nach den industriepolitischen Akteuren zu stellen. Als gestaltende Kräfte neben der EG und den nationalen Regierungen schälen sich dabei nicht zuletzt die international agierenden Unternehmen als für die europäische wirtschaftliche Integration wichtige Entscheidungsträger heraus, deren Ambitionen nationale Regierungen und die EG oft quasi mit einer „negativen“ Industriepolitik, der Wettbewerbspolitik, zu begegnen suchen. Die Frage nach Konkurrenz oder Synergie industriepolitischen Wandels stellt sich letztendlich in einem die nationale und die europäische Ebene einbindenden Entscheidungsgeflecht, das Abstufungen industriepolitischer Kooperation und Kontrolle hervorbringt und für das die jeweiligen Wirkungszusammenhänge nach Ebenen und Politikfeldern zu bestimmen sind.