Milieubedingungen des politischen Katholizismus in der Bundesrepublik

Zusammenfassung

Der „politische Katholizismus“ steht für eine politische Bewegung, die bis 1933 parteipolitisch eindeutig mit der Deutschen Zentrumspartei identifiziert werden konnte. Bei der Herausbildung des Parteiensystems im 19. Jahrhundert hatte sich die konfessionelle Spannungslinie als bedeutsamer Politisierungsfaktor erwiesen und entwickelte für das deutsche Parteiensystem eine langandauernde Prägekraft. Die konfessionelle Trennungslinie wurde jedoch nur einseitig in bezug auf eine Parteibildung politisiert, nur auf der Seite des Katholizismus. Es gab ein katholisches Milieu, eine katholische Partei, einen politischen Katholizismus, jedoch nichts vergleichbares auf protestantischer Seite. Das deutsche Parteiensystem war durch eine „konfessionspolitische Asymmetrie“ (Oberndörfer u.a. 1985: 22) gekennzeichnet. Nur für den Katholizismus verliefen die dominanten parteipolitischen Konfliktlinien zwischen den Konfessionen. Das Parteiensystem, das sich in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit neu konstituierte, scheint jedoch in bezug auf den politischen Katholizismus einen radikalen Wandel zu signalisieren. Denn mit den Unionsparteien wurde eine christliche Sammlungspartei gegründet, die einen betont interkonfessionellen Anspruch erhob. Vom äußeren Erscheinungsbild her gesehen schien der konfessionspolitische Unterschied im deutschen Parteien system verschwunden zu sein.

Der Erinnerung an Herbert Kübr gewidmet, in dessen Arbeitszusammenhang ich wesentliche Förderung erfahren habe.