Zusammenfassung
Mit der Bildung der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD im Jahre 1966, politische Antwort auf die wohl schwerwiegendste ökonomische Krise der Bundesrepublik seit deren Bestehen, schien manchem Beobachter der politischen Szene das erste Zeichen für ein mögliches Ende des eben erst etablierten deutschen Parlamentarismus gesetzt. Dem Zusammenschluß der beiden größten Parlamentsfraktionen entsprach das faktische Verschwinden parlamentarischer Opposition und damit die Aufgabe eines traditionell eingespielten, dem parlamentarischen Regierungssystem als wesensmäßig zugesprochenen Dualismus etwa gleichwertiger politischer Kräfte. Im politischen System schien sich jetzt institutionell zu wiederholen, was vor allem im wirtschaftlichen Bereich seit langem als Monopolisierungs- und Konzentrationstendenzen beobachtbar war. Freilich: die Konzentration parlamentarischer Mehrheit, die im Bundestag selber keinen adäquaten Widerpart mehr finden konnte, produzierte zugleich im außerparlamentarischen Bereich eine Opposition von Stärke und Wirksamkeit, wie auch sie in der Geschichte der Bundesrepublik bis dahin unbekannt gewesen war. Was gemeinhin als „Studentenrevolte“ ins politische Vokabular vereinnahmt worden ist, schlug damals jenseits hochschulpolitischer Grenzen in gesellschaftliche Teilbereiche durch, die als politisch relevant zu begreifen die etablierten Institutionen sich aus mißverstandenem Eigeninteresse lange schlichtweg geweigert hatten, deren Politisierung nun aber zur Kenntnis genommen werden mußte.
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Bermbach, U. (1972). Vorbemerkung. In: Gesellschaftlicher Wandel und politische Innovation. Politische Vierteljahresschrift Sonderheft 4/1972. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88716-0_17
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-11159-9
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