Zusammenfassung
So wie der Rationalitätsbegriff in den religionssoziologischen Schriften zu Tage tritt, steht hinter einem solchen Terminus der Versuch, Genese und Geltung des bürgerlichen Lebensprinzips begrifflich zu fassen, seine je unterschiedliche Ausgestaltung in den voneinander differenzierten Sphären der Gesellschaft — besonders in der des Politischen, Ökonomischen und Kulturellen — zu demonstrieren und dabei gleichzeitig seine Entwicklungstendenzen über die bürgerliche Welt hinaus zu skizzieren.
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Literatur
Max Scheler: Die Wissensformen und die Gesellschaft, Bern und München 1969, S. 93.
Ebd., S. 125.
Ernst Cassirer: Freiheit und Form. Studien zur deutschen Geistesgeschichte, Darmstadt 1975, S. 1 ff.
Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Ffm. 1972, S. 17.
Georg Lukacs: “Bürgerlichkeit und l’art pour l’art: Theodor Storm”, in: ders.: Die Seele und die Formen, Essays, Neuwied und Berlin 1971, S. 83.
Ebd., S. 82 ff.
Max Weber: RSI, a.a.O., S. 203.
Theodor W. Adorno: “Glosse über Persönlichkeit”, in: ders.: Stichworte. Kritische Modelle 2, Ffm. 1978, S. 51 ff.
Besonders die Abwesenheit von “Affekten”, von “romantischen Sensationen” (Max Weber: PS, a.a.O., S. 559) stellt für Weber die Voraussetzung für die Qualifikation des politischen Führers dar, weil er nur so die “Rücksichtslosigkeit des Blicks in die Realitäten des Lebens” (ebd., S. 558) besitzen kann, die notwendig ist, um in die Welt hineinzuwirken und sie nach eigenen Zwecken bewußt zu beherrschen.
Für Habermas steht Adornos Weigerung, die Utopie auszumalen, in der jüdischen Tradition des Bilderverbots (Jürgen Habermas: “Theodor W. Adorno. Ein philosophierender Intellektueller”, in: ders.: Philosophisch-politische Profile, Ffm. 1973, S. 182 ).
Vgl. Helmut Dubiel: Wissenschaftsorganisation und politische Erfahrung. Studien zur frühen Kritischen Theorie, Ffm. 1978, S. 115 ff., 126 f.
Max Weber: WL, a.a.O., S. 494.
Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung, a.a,O., S. 70 ff.
Theodor W. Adorno: Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Ffm. 1973, S. 72: Vgl. auch ebd., S. 208: “Rien faire comme une bete, auf dem Wasser liegen und friedlich in den Himmel schauen, ‘sein, sonst nichts, ohne alle weitere Bestimmung und Erfüllung’ könnte an Stelle von Prozeß, Tun, Erfüllen treten(…)”.
Theodor W. Adorno: “Glosse über Persönlichkeit”, a.a.O., S. 54 ff.
Die Verdrängung des Selbstzweckaspekts aller Dinge macht für Kirchheimer den Kernpunkt des Entzauberungsproblems aus. (Otto Kirchheimer: “Bemerkungen zu Carl Schmitts ‘Legalität und Legitimität’”, in: ders.: Von der Weimarer Republik zum Faschismus: Die Auflösung der demokratischen Rechtsordnung, hrsg. v. Wolfgang Luthardt, Ffm. 1976, S. 123.
Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 9 ff.
In diesem Sinne argumentiert auch Schluchter, wenn auch dabei der Akzent nicht dem Problem der sich herausbildenden Herrschafskompetenz gilt, sondern dem Problem kollidierender Wertwelten (Wolfgang Schluchter: Die Entwicklung des okzidentalen Rationalismus. Eine Analyse von Max Webers Gesellschaftsgeschichte, Tübingen 1979, S. 36 ).
Max Horkheimer, Theodor W. Adorno. Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 42 f., 119. Wie sehr die “Dialektik der Aufklärung” von einem Grundgedanken durchzogen wird, der jede Form des Fortschrittsoptimismus leugnet, wird besonders in der Kritik an Hegels Geschichtsphilosophie unterstrichen: “Die Menschen haben ihre unmittelbaren Vorgänger nicht nur überholt, sondern schon so gründlich ausgerottet wie wohl kaum je eine modernere species die andere, die fleischfressenden Saurier nicht ausgeschlossen. Demgegenüber scheint es eine Art Schrulle zu sein, die Weltgeschichte, wie Hegel es getan hat, im Hinblick auf Kategorien wie Freiheit und Gerechtigkeit konstruieren zu wollen” (Ebd., S. 234).
Vgl. Joachim Israel: Der Begriff Entfremdung. Makrosoziologische Untersuchung von Marx bis zur Soziologie der Gegenwart, Reinbek bei Hamburg 1972, S. 152: Richard Münch: “Max Webers ‘Anatomie des okzidentalen Rationalismus’. Eine systemtheoretische Lektüre”, in: Soziale Welt 29, 1978, S. 217.
Eindeutig wird diese Fragestellung in der “Vorbemerkung” zu den religionssoziologischen Studien thematisiert (Max Weber: RSI, a.a.O., S. 1 ff.)
Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 50 ff. - Vgl. hierzu auch: Volker Rittner: “Die Dialektik der Aufklärung. Die unterirdische Geschichte des Abendlandes und das Verhältnis von Körper, Herrschaft und Zivilisation”, in: Abstraktion und Geschichte. Rekonstruktionen des Zivilisationsprozesses, hrsg. v. Dietmar Kamper, München u. Wien 1975, S. 126 ff.
Max Weber: RSI, a.a.O., S. 117.
Ebd., S. 98, Anm. 1 sowie S. 522, 527.
Vgl. Jürgen Habermas: “Die klassische Lehre von der Politik in ihrem Verhältnis zur Sozialphilosophie”, in: ders.: Theorie und Praxis, a.a.O., S. 48 ff.
Max Weber: PS, a.a.O., S. 24, 247.
Besonders deutlich kommt dies ebd., S. 12 ff. zum Ausdruck. Vgl. hierzu auch Hans Bosse: “Die Säkularisierung der politischen Ethik: Max Weber”, in: Max Weber. Sein Werk und seine Wirkung, hrsg., v. Dirk Käsler, a.a.O., S. 195.
Vgl. zur Bedeutung des “Glücks” für die Aufklärung: Paul Hazard: Die Herrschaft der Vernunft. Das europäische Denken im 18. Jahrhundert, Hamburg 1949, S. 47 ff.; Hannah Arendt: über die Revolution, München 1974, S. 162 ff.
Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 62.
Ebd., S. 65. Wie sehr dieser Gedanke für Horkheimer, Adorno und Marcuse prägend war, unterstreichen insbesondere Horkheimers Aufsatz “Egoismus und Freiheitsbewegung”, in: ders.: Die gesellschaftliche Funktion der Philosophie, Ausgewählte Essays, Ffm. 1976, S. 7 ff. wie Marcuses Abhandlung “Zur Kritik des Hedonismus”, in: ders.: Kultur und Gesellschaft I, Ffm. 1973, S. 128 ff.
Die von Mitzman vorgebrachte These, wonach um 1911 für Weber eine lebenspraktisch höchst bedeutsame Wertverschiebung hin zum aristokratisch-leistungsfeindlichen Lebensideal stattfindet, durch die der Asketismus der Weberschen Jugendjahre im Sinne eines an Nietzsche, George und Freud ausgerichteten erotisch-mystizistischen Hedonismus überwunden wird (Arthur Mitzman: The Iron Cage. An Historical Interpretation of Max Weber, New York 1970, S. 251 ff., 287 ff.), läßt sich sowohl biographisch wie im Rahmen der nach 1911 erschienenen Schriften kaum nachvollziehen. Die Aufzeichnungen Marianne Webers unterstreichen nachhaltig die durchgehend ablehnende Haltung Max Webers gegenüber jeder Form des Hedonismus, der das Eigenrecht der Person gegenüber ihren gesellschaftlich-politischen Verpflichtungen propagiert (Marianne Weber: Max Weber. Ein Lebensbild, a.a.O., S. 319, 367) und heben gerade im Hinblick auf George wie auf Vertreter des Freudianismus die unüberbrückbaren Differenzen zur Weberschen Position hervor (ebd., S. 381 ff., 465 ff.). Wie sehr auch die 1919 erschienene Schrift “Politik als Beruf” für einen poietischen Aktivismus im Sinne einer verantwortungsethisch ausgerichteten Verpflichtung zur Gestaltung und Formung der Gegenwartsmächte aufruft (Max Weber: PS, a.a.O., S. 560), wie sehr diese Haltung auch in modifizierter Form in dem 1919 gehaltenen Vortrag über “Wissenschaft als Beruf” wieder anklingt (Max Weber: WL, a.a.O., S. 605), bleibt bei Mitzman so gut wie unbeachtet. Vgl. zur Kritik an Mitzman auch: Wolfgang J. Mommsen: Max Weber und die deutsche Politik 1890–1920, a.a.O., S. 458 ff.
Max Horkheimer: “Verkunft und Selbsterhaltung”, in: Subjektivität und Selbsterhaltung, a.a.O., S. 53. Vgl. auch Karl Marx: “Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosphie”, in: MEW, Bd. 1, Berlin (Ost), 1974, S. 386.
Max Horkheimer: “Vernunft und Selbsterhaltung”, in: Subjektivität und Selbsterhaltung, a.a.O., S. 53.
Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 50.
Dies unterscheidet Horkheimer und Adorno grundlegend von Lukäcs, wirft auch ein erhellendes Licht auf die geschichtsphilosophische Fundierung ihrer Thesen insofern, als die Möglichkeit einer Überwindung der allgemeinen Verdinglichung im Rahmen einer revolutionären Praxis ebenso geleugnet wird wie der Glaube an die vom frühen Lukâcs imaginierten “seligen Zeiten” der vorkapitalistischen Welt. Vgl. dazu: Georg Lukäcs: Die Theorie des Romans. Ein geschichtsphilosophischer Versuch über die Formen der großen Epik, Neuwied u. Berlin 1971, S. 21 ff. - Vgl. zum Problem der Verdinglichung bei Adorno und Lukâcs: Georg Lukäcs: Geschichte und Klassenbewußtsein. Studien über marxistische Dialektik, Neuwied und Berlin 1971, S. 170 ff.; Friedemann Grenz: Adornos Philosophie in Grundbegriffen, a.a.O., S. 38 ff.
So wird z. B. Weber von Horkheimer leichtfertig als “Erzpositivist” klassifiziert (Max Horkheimer: Zur Kritik der instrumentellen Vernunft, a.a.O., S. 83). Erst Habermas hat in jüngster Zeit die thematischen Verbindungspunkte zwischen dem Werk Max Webers und der frühen Kritischen Theorie herausgestellt, wenn auch dabei der Akzent insgesamt zu stark auf die Gemeinsamkeiten gelegt wurde (Jürgen Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 1, Handlungsrationalität und gesellschaftliche Rationalisierung, Ffm. 1981, S. 461 ff.).
Theodor W. Adorno: “Individuum und Organisation”, in: ders.: Kritik. Kleine Schriften zur Gesellschaft, Ffm. 1973, S. 67.
Max Weber: SS, a.a.O., S. 413: Max Horkheimer: “Zur Kritik der instrumentellen Vernunft”, a.a.O., S. 9.
Max Horkheimer: “Zur Kritik der instrumentellen Vernunft”, a.a.O., S. 138; ders. und Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung, a.a.O., S. 43.
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Hommerich, B. (1986). Geschichtsphilosophische Implikationen des Rationalitätsbegriffs. In: Der Wille zur Herrschaft und der Hunger nach Glück. Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Forschung, vol 93. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88688-0_6
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