Zusammenfassung
Ausgangspunkt dieser Arbeit war die in der westdeutschen Industriesoziologie seit etwa Mitte der 80er Jahre verstärkt diskutierte Frage, wie die besondere Qualität, Form und Richtung des gegenwärtigen industriellen Wandels angemessen zu beschreiben und zu erklären sei. Dabei stellte sich das grundlegende Problem, daß die Industriesoziologie als Wissenschaft selbst Wandlungsprozessen unterliegt, mithin sich also auch ihre Wahrnehmungsfilter, Erkenntnisinteressen, Untersuchungsmethoden etc. verändern. Daraus ergibt sich die grundsätzliche Schwierigkeit, zwischen dem realen, praktischen industriellen Wandel, dem Wandel der Wahrnehmung desselben durch die Wissenschaft und schließlich dem Wirkungsverhältnis zwischen Wissenschaft und industrieller Praxis zu unterscheiden. Die damit verbundenen Probleme müssen reflektiert werden, will man sich wissenschaftlich mit den gegenwärtigen industriellen Wandlungsprozessen beschäftigen. Welchen Ausweg aus den damit verbundenen Dilemmata man auch immer einschlägt, er wird zwangsläufig durch den “Sumpf” führen, der durch die Verwobenheit des Wandels betrieblicher Praxis mit dem der wissenschaftlichen Reflexion darüber entsteht, und aus dem man sich wohl oder übel an den eigenen Haaren herauszuziehen hat, indem man zunächst eine der drei Problemstellungen (Wandel betrieblicher Praxis, Wandel wissenschaftlicher Reflexion derselben, Wandel des Verhältnisses von Praxis und Wissenschaft) bearbeitet (Kapitel I).
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Literatur
Zur Begründung dieser drei Fragestellungen vgl. z.B. auch Bonß/Hartmann 1985, die “drei Dimensionen des Komplexitätszuwachses” (S. 40f) einer interpretativen Wissenschaftspraxis unterscheiden: den Wirklichkeitsgewinn, den Reflexivitätsgewinn und den Praxisgewinn.
Vgl. den Titel des Aufsatzes von Braczyk/Knesebeck/Schmidt in dem Sonderheft der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie von 1982: “Nach einer Renaissance. Zur gegenwärtigen Situation von Industriesoziologie in der Bundesrepublik Deutschland” (Hervorhebung L.P.).
Vgl. Fürstenberg 1964, ähnliche Einführungen verfaßte er für das Gebiet der “Industriellen Arbeitsbeziehungen” (1975) und für die Arbeitssoziologie (1977); vgl. auch die von ihm herausgegebene dreibändige Textsammlung zur Industriesoziologie (1959, 1974 und 1975b ).
Vgl. Dahrendorf 1956, auch die von Burisch besorgten, überarbeiteten Ausgaben behielten diesen Titel bei.
Müller-Jentsch 1988c, S. 276; vgl. auch Schmidt/Trinczek 1988.
Natürlich war diese Infragestellung eines traditionellen Wissenschaftsverständnisses nicht vollkommen neu (vgl. z. B. Feyerabend 1980), sie hatte sich aber erstens lange Zeit nur auf die sogenannten Geisteswissenschaften bezogen und wurde durch die Arbeiten von Knorr-Cetina zweitens durch umfassende empirische Untersuchungen gestützt.
Schmoller 1892, S. 241 (die Ausgrenzung der Frauen in Schmollers Ausführungen ist bezeichnend für den damaligen Zeitgeist, kann aber Schmollers Grundaussage nicht in Zweifel ziehen). Vgl. auch den Aufsatz von Neuloh 1951/52 “über Wesen und Verfassung des industriellen Großbetriebes. Eine Erinnerung an Gustav Schmoller”. Die meisten dort vorgetragenen Argumente für die Aktualität des Werkes von Schmoller gelten auch heute-dreißig Jahre später — noch.
Vgl. die diesbezügliche Argumentation bei Beck, die in Kapitel II ausführlicher dargestellt wurde.
Adamy/Steffen 1985, S. 141, Hervorhebung im Orig.; vgl. auch Müller-Jentsch 1986, S. 220.
Vgl. Müller-Jentsch 1988, S. 222–234.
Daß die mit der Vereinigung der beiden Teile Deutschlands sich eigentlich ergebende historische Chance, die technisch-ökonomische Sphäre und vor allem den Betrieb grundlegend zu demokratisieren, in breiterem Umfang genutzt würde, erscheint gegenwärtig eher unwahrscheinlich.
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Pries, L. (1991). Die Bedeutung des Betriebes für die gesellschaftliche Praxis und für die Soziologie. In: Betrieblicher Wandel in der Risikogesellschaft. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 99. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88645-3_6
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