Zusammenfassung
Die Medienpolitik hat noch kein eigenes Ministerium hervorgebracht und damit den Rang einer eigenständigen Bindestrich-Politik erreicht, aber als Thema hat sie eine rasche „Karriere“ gemacht wie in den letzten Jahren nur noch der Umweltschutz.1 Eine kommunikationswissenschaftliche Sichtung der bis heute vorliegenden Veröffentlichungen und politischen Dokumente muß dabei eingestehen, daß die wissenschaftlich zuständigen Disziplinen von dieser Aktualität einigermaßen überraschend getroffen wurden und man sich auch heute noch — von Ansätzen abgesehen2 — auf einem Gebiet bewegt, das kaum einmal begrifflich einigermaßen kartiert ist. Darüber könnte in der politischen Diskussion zwar die Tatsache hinwegtäuschen, daß zur Kommunikations- und Medienpolitik heute zahlreiche — v. a. sogenannte ‚kritische’ — Patentrezepte herumgereicht werden, aber wissenschaftlich lassen sich die Defizite allein schon am Mangel an einschlägigen Veröffentlichungen belegen.3 So ist bislang noch nicht einmal thematisiert, zu welcher ‚Theorie’ hier eigentlich eine ‚Politik’ entworfen werden soll. Praktisch-politisch mag es zwar ausreichen, an die Stelle dieses Zusammenhangs Schlagwörter wie ‚Öffentlichkeit’ ‚Pressefreiheit’ oder ‚öffentliche Aufgabe’ zu setzen, aber die Unterschiedlichkeit ihres Gebrauchs durch — beispielsweise — die Zeitungsverleger einerseits oder die Jungsozialisten andererseits4 läßt vermuten, daß diese Begriffe die Beliebigkeit von Leerformeln angenommen haben. Meine These ist, daß sich ein konsistenterer praktischer und wissenschaftlicher Diskussionszusammenhang erst herstellt, wenn eine Theorie der politischen Kommunikation als Substrat jeder Kommunikations- und /oder Medienpolitik zur Verfügung steht. Wie sie anzusetzen hat, haben in der deutschsprachigen Literatur nicht zuletzt Luhmann und Habermas erkennbar werden lassen — beide durch das Anknüpfen an dem alten Begriff der ‚öffentlichen Meinung’.5
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Anmerkungen
Vgl. Rolf Richter: Kommunikationsfreiheit = Verlegerfreiheit? Zur Kommunikationspolitik der Zeitungsverleger in der Bundesrepublik Deutschland 1945 – 1969, München-Pullach 1973 (Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung, Band 17) (Phil. Diss. München 1972)
Wolf Gunter Brügmann: Jungsozialisten zur Medienpolitik. In: Norbert Gansei (Hg.): Überwindet den Kapitalismus oder was wollen die ungsozialisten?, Reinbek bei Hamburg 1971
Arbeitskreis „Medienpolitik“ beim Bundesvorstand der Jungsozialisten (Hg.): Die Aktualität der Medienpolitik, Bonn 1972.
Vgl. Luhmann, a. a. O.; zu Habermas vgl. die zusammenfassende Darstellung bei Rainer Geißler: Massenmedien, Basiskommunikation und Demokratie. Ansätze zu einer normativ-empirischen Theorie, Tübungen 1973 (= Heidelberger Sociologica, 13), S. 44–47
außerdem: Wolfgang R. Langenbucher (Hg.): Zur Theorie politischer Kommunikation, München 1974 (Piper-Sozialwissenschaft, Band 22).
Hendrik Schmidt: Anmerkungen zu einem Medienkonzept. In: Ulrich Paetzold/Hendrik Schmidt (Hg.): Solidarität gegen Abhängigkeit — auf dem Weg zur Mediengewerkschaft, Darmstadt/Neuwied 1973 (= Sammlung Luchterhand, Band 114, S. 221).
Vgl. z. B. Horst Holzer: Massenkommunikation und Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1969, S. 7
eine kommunikationstheoretisch grundlegende Darstellung der Zeitschriften gibt Heinz Starkulla: Die Zeitschriften. In: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hg.): Die öffentliche Meinung, Bonn 1971.
Vgl. Otto B. Roegele: Medienpolitik — und wie man sie macht, Osnabrück 1973 (= Texte und Thesen, 40).
Otto B. Roegele: Kommunikationsfreiheit — Bemerkungen zur Diskussion über medienpolitische Entwürfe. In: Heinz-Dietrich Ortlieb/Bruno Molitor/Werner Krone (Hg.): Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, 18, 1973, S. 188.
Horst Holzer: Politik in Massenmedien — zum Antagonismus von Presse- und Gewerbefreiheit. In: R. Zoll (Hg.): Manipulation der Meinungsbildung. Zum Problem hergestellter Öffentlichkeit, Opladen 1971 (Kritik, Band 4).
Vgl. dazu: Dost/Hopf/Kluge: Filmwirtschaft in der BRD und in Europa. Götterdämmerung in Raten, München 1973.
Vgl. Wolfgang R. Langenbucher: Kommunikation als Beruf — Ansätze kommunikationswissenschaftlicher Berufsforschung, München 1974 (Manuskript); vgl. weiter: Manfred Rühl: Journalistische Ausbildung heute, Praxis und Probleme. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr. 13/1972 (Beilage zu „Das Parlament“ vom 25. 3. 1972) mit seiner These von der Vorbeugung durch Ausbildung als Kontrollmöglichkeit über die Qualifikation derer, „die diese Gesellschaft mit publizistischen Informationen versorgen“.
Harry Pross: Nervus rerum — Erkenntnismaximierung. Ein arbeitsorientierter Ansatz der Kommunikationspolitik. In: Vorgänge, 12, 1973, Heft 6, S. 21.
Vgl. Peter Glotz/Wolfgang R. Langenbucher: Mitbestimmung und Kommunikation. Eine Analyse der Diskussion um die „Innere Pressefreiheit“. In: Fritz Hufen (Hg.): Politik und Massenmedien, Mainz 1970 (= Kommunikationswissenschaftliche Bibliothek, Band 2).
Vgl. dazu Jürgen Habermas: Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus, Frankfurt 1973, insbesondere S. 140 ff, und: ders./Niklas Luhmann: Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie, Frankfurt 1971, S. 101–141.
Eine Ausnahme machen: Oskar Negt/Alexander Kluge: Öffentlichkeit und Erfahrung. Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit, Frankfurt 1972
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Langenbucher, W.R. (1975). Möglichkeiten und Grenzen der staatlichen Reformpolitik im Medienbereich. In: Narr, WD. (eds) Politik und Ökonomie — autonome Handlungsmöglichkeiten des politischen Systems. Politische Vierteljahresschrift Sonderhefte, vol 6. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88629-3_21
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