Zusammenfassung
In allen modernen Gesellschaften nimmt der Bedarf an Leistungen der verschiedensten Art ständig zu. Das gilt jenseits der Diskussion über die Grenzen des Wachstums in gleicher Weise für die Produktion von Gütern, für die Bereitstellung von Dienstleistungen, für die wissenschaftliche Erkenntnis, für die Vermittlung von Wissen, für die Institutionalisierung von Werten und Normen oder für politische Entscheidungen als spezifischen Arten von Leistungen. Unter einer Leistung ist in all diesen Fällen die Bereitstellung von Mitteln zur Befriedigung von Bedürfnissen bzw. zur Lösung von Problemen zu verstehen1. Die Selbstverständlichkeit, mit der dieses allgemeine Wachstumsproblem in der öffentlichen Diskussion auf rein ökonomisches Wachstum fixiert wurde, verstellt noch den Kritikern des Wachstums den Blick für das allgemeine Problem2. Alle Vorschläge zur Begrenzung des Wachstums beziehen sich immer nur auf ökonomisches Wachstum und sie sind immer nur alternative Vorschläge, von den möglichen Leistungen moderner Gesellschaften andere zu vermehren. Die Nutzung von Ölenergie soll durch die Nutzung anderer Energiequellen ersetzt oder ergänzt werden. Anstelle von Industriegiitern sollen mehr Erholungsgüter in Gestalt von Grünflächen bereitgestellt werden. Dienstleistungen verschiedenster Art, Wissen und Wissensvermittlung sollen erweitert werden.
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Literatur
Zum Leist ungsbegriff vgl. K. O. Hondrich, Theorie der Herrschaft , S. 35 ff.
Vgl. D. Mead ows ct aI. , Die Grenzen des Wachstums.
Dies ist ein Grundgedanke in Karl R. Poppers Erkenntnistheorie; auch der allgemeine Gedanke, daB jede Problemlosung neue Probleme erzeugt, ist in Poppers Sequenz Problem I Versuchte Losung 1,2 ,..., Fehlerbeseitigung Problem 2 “ enthalten, Vgl. K. R. Popper , Objektive Erkenntnis, S. 269 f.
Z. B. M. Weber , Gesammelte Aufsatze zur Religionssoziologie, Vorbemerkung, S. 1–1 6, S. 202 ff. ; ders. , Gesammelte Politische Schriften, S. 322 f.
Vgl. hier zu N. Luhmann, Sinn als Grundbegriffder Soziologie ; ders. Zweckbegriff und Systemrationalitat ; ders., Systemtheoretische Argumentationen , S. 292–316; ders., Vertrauen , S. 11–7; ders., Soziologie als Theorie sozialer Systeme; ders. , Wirtschaft als soziales System, S. 207; ders., Knappheit , Geld und die biirgerliche Gesellschaft .
Diose allgem eine Problemnstellung liegt dem Ansatz zu einer Theoriegener alisierter Korn munikationsmedien zu Grunde, der von Talcott Parsons entwickelt wurde und inzwischen von Niklas Luhmann aufgegriffen worde nist. Die Uber tragung von Selektionsleistungen eines Systems auf die Umwelt wird durch die Zirkulation generalisierter Kommunikationsmedicn erleichtert. Vgl. T. Parsons, On the Concept of Political Power ; ders., On the Concept of Influence; ders., On the Concept of Value-Commitments ; N. Luhmann, Einfiihrende Bemerkungen zu einer Theorie symbolisch generalisier ter Kommunikati onsmedicin ; ders ., Ocr politische Code; T. S. Turner, Parsons’ Concept of „Generalized Media“ and its Relevance for Social Anthropology ; D. A. Baldwin, Money and Power. Ais klassische Grundlage: G. Simmel, Philosophic des Geldes.
Diesem Grundta tbes ta nd entspricht die klassische Fragc der Soziolo gie, wie soziale Ordnung oder soziale Integration rnoglich ist. Klassisch hierzu : E. Durkheirn, De la divi sion du travail social; T. Parsons, Th e Structure of Soci al Action; der s., Durkheims Contribution to the Theory of Integration of Social Systems; ders., The Social System . Die Kritikmeint c, dal dadurch Konflikt und Wandel vernachlassigt wiirden . Besonders: R. Dahrendorf, Struktur und Funkt ion, Pfad e aus Utopia, beide in: Gesellschaft und Freiheit, S. 49 ff ., 85 ff. Allerdings verfchltc dicsc Kritik die Pointe des Problems, namlich die strukturelle Tendenz zu Konflikt , Krise und Wandel, die also d urchaus erklart wird und die daraus folgende Unwahr sch ein lichkeit von Integrati on , die wescntli h voraussetzungsvoller und desh alb urn so erklarungsbediirftiger ist . Die daran ankniipfen de Gegenuber stellung von Integrations und Konfliktan sat zen der Soziologieist eine ungluckliche, falsche Dichotomie.
Vgl. M. Weber, Wirtchaftund Gescllschaft, S. 39, 157 L, 700 f.; T. Parsons, Some Reflections on the Place of Force in Social Process; N. Luhmann , Legit imation durch Verfuhren, S. 27/2 8.
Zum Legitirnitat sproblcm a us soziologischer Sicht: M. Weber, Wirts chaft und Gesellschaft , S. 22 ff. , 157 ff., 700 ff’.; J . Winckelmann, Legitimitat und Legalitat in Max Webers Herrschaftssoziologie ; F. Loos, Zur Wert- und Rechtslehre Max Webers, S. 115 ff. ; T. Parsons, Authority, Legitimation, and Political Action ; ders., Politics and Social Structure; P. M. Blau, Critical Remarkson Weber’s Theory of Authority ; C. J. Friedrich, Die Legitirnitatin politischer Perspektive ; ders. , Man and his Government ; D. East on, A Systems Analysis of Political Life; N. Luhmann, Grundrechte als Institution, S. 140 IT. ; ders ., Legitimation durch Verfahren; der s., Soz iologie des politisehen System s; der s., Komplexitat und Demokratie; ders., Reehtssoziologie, Bd. 2, S. 259 1’1’; P. Graf Kielmannsegg, Legitimitat als anaIytische Kategorie ; ders., Volkssouv eranitat als Legitimationsproblem ; F. W. Stallberg. Herr sehaft und Legit irnitat. Untersuchungen zu Anwendung und Anwendbark eit zentraler Kategor ien Max Web er s; H. Bufshoff, Systcrntheorie als Theone der Politik, insbesondere Kap . VIII und IX; T. R. Gurr, Reb ellion, S.161 -198; H. Willke, Stand und Kritik der neueren Grundrechtstheorie; J. Haberrnas, Legitimationsprobleme im Spatkapitalismus. Zur rechtsphilosophischen Disku ssion des Problems: H. Welzel, An den Grenzen des Rechts. Die Frage nach der Rechtsgeltung.
Vgl. M. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft , S. 157 f. , 710 f. ; N. Luhmann, Legitimation durch Vcrfahren, S. 28 . Habermas definiert an einer Stelle „Legitimitiit“ in dieser Weise : „Wenn bindende Entscheidungen legit im sind, d. h. wenn sicunabhiingig von konkret ausgeiibtcm Zwang und manifest angedrohter Sanktion gefiillt und gleiehwohl regclmafsig, auch gegen das Interesse der Betroffenen, durchgesctzt werden konncn, dann miissensicals die Erftillung an erk annter Normen gelten diirfen“ , vgl. 1. Haberrn as, Theorie der Gesellschaft oder Sozialteehnologie? , S. 244 .
Hierzu insbesondere aus dem Gesamtwerk von K. Marx, Thesen iiber Feuerbach; K. Marx und F. Engels, Die deutsche Ideologie; K. Marx, Das Elend der Philosophie.
J. Habermas, Vorbereitende Bemerkungen zu einer Theorie der kommunikativen Kompetenz; ders ., Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie? ; ders., Legitimationsprobleme im Spatkapitalismus; ders., Wahrheitstheorien.
J. Haberrnas, Legitimationsprobleme im Spiitkapitalismus, S. 103.
M. Weber, Wirtschaft und Gesellsehaft, insbesondere S. 22 IT., 157 ff., 700 1’1’. ; ders., Gesammclte Politische Schriften.
M. Weber, Gesammelte Aufsatze zur Wissen sehaftslehreders. , Politikals Beruf.
Vgl. insbesondere T. Parson s, Politics and Social Structure ; N. Luhmann, Legitimation durch Verfahren ; ders. Soziologie des politisehen Systems; ders., Komplexitat und Demokratie; S. P. Huntington, Political Order in Changing Societies; S. N. Eisenstad t, The Political Systems of Empires; S. M. Upset und S. Rokkan (Hrsg.) , Party Systems and Voter Alignments. Zur allgernein en Theori e sozialer Systcrnc : R. Miineh, Theoriesozialer Systeme.
Im Anschlufs an Karl R. Poppers Ideen zu einer offenen Gesellsehaft : K. R. Popper, Die offene Gescllschaft und ihre Feinde, Bd. I und II.
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© 1976 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Münch, R. (1976). Die Problemstellung: Wie ist verbindliche Geltung von Normsetzungen und politischen Entscheidungen in komplexen Gesellschaften möglich?. In: Legitimität und politische Macht. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 36. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-88132-8_1
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