Zusammenfassung
Marginalisierung Jugendlicher erweist sich nach der hier vorliegenden Studie zu biographischen Verläufen Jugendlicher als ein komplexes Prozeßgeschehen, das vor dem Hintergrund und im Zusammenwirken von Generationslage, gesellschaftlichen Entwicklungs-und Modernisierungsprozessen, familialem Hintergrund und individuellen Besonderheiten gesehen werden muß. So waren die Jugendlichen der 80er Jahre bereits aufgrund ihrer Generationslage gegenüber anderen Jugendgenerationen benachteiligt. Da erheblich mehr Lehrstellen nachgefragt als angeboten wurden, waren viele Jugendliche arbeitslos, andere Jugendliche mußten auf schulische Ausbildungen oder öffentliche Fördermaßnahmen ausweichen, die nicht immer ihre beruflichen Chancen verbesserten. Weitere Jugendliche mußten ihre Berufswünsche aufgeben und einen anderen Beruf ergreifen, da sie keine Chancen hatten, in ihrem Wunschberuf einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Wahrscheinlich erstreckte sich diese Benachteiligung bis in die bildungsbürgerlichen Schichten, da auch die attraktiveren Studiengänge überfüllt waren. Alheit und Glaß sprachen sogar von einer „beschädigten Generation“1, was nach unserer Auffassung jedoch übertrieben ist, da diejenigen Jugendlichen dieser Generation, die sich im Konkurrenzkampf um Lehrstellen und attraktive Studienplätze gut behaupten konnten, wohl nicht ohne weiteres als „beschädigt“ charakterisiert werden können. Eher wäre schon von einer „geprellten Generation“ (Bourdieu 1983) oder von den „Kindern der Bildungsexpansion“ zu sprechen (Hurreimann 1982), die generell verstärkt Bildungsanstrengungen unternehmen mußten, um ihre soziale Positionierung zu sichern. Kennzeichnend für die Jugendgeneration der 80er Jahre ist das „Bildungsparadox“, daß die Erhöhung schulischer Abschlüsse als Voraussetzung für berufliche Plazierungen immer wichtiger wird bei gleichzeitiger Entwertung und „Inflationierung“ der Bildungstitel und -Zertifikate. Die Benachteiligung war allerdings keineswegs gleich verteilt. Besonders benachteiligt waren zum Beispiel jene Jugendlichen, die bereits vor dem Abschluß ihrer Schulausbildung marginalisiert waren, etwa weil sie schon in der Schule scheiterten und/oder unter ungünstigen sozialen Bedingungen aufwuchsen. Von einer Benachteiligung können wir deshalb sprechen, weil die materiellen, kulturellen und sozialen Situationen, in die Kinder hineingeboren werden, und in denen sie dann aufwachsen, ihre spätere biographische Entwicklung stark mitprägen, wobei die Möglichkeiten der Betroffenen, diese Situationen in der Kindheit und frühen Jugend mitzugestalten, begrenzt waren. So gesehen ist Biographie immer auch Schicksal. Die Eigenverantwortlichkeit des Subjektes für seine Biographie soll damit keineswegs geleugnet werden. Sicherlich kann der Einzelne sein biographisches Schicksal mitplanen und mitgestalten, seine biographische Entwicklung ist nicht vollkommen sozial determiniert. Die Möglichkeiten und Grenzen des biographisch planenden Subjektes sind jedoch von seiner bisherigen biographischen Entwicklung und seiner gegenwärtigen psycho-sozialen Situation abhängig. Auf diesen Zusammenhang weist Hildenbrand mit der Frage hin: „Was macht der Mensch aus dem, was die Verhältnisse aus ihm gemacht haben?“2
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© 1991 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Helsper, W., Müller, H., Nölke, E. (1991). Abschließende Diskussion und Ausblick. In: Jugendliche Außenseiter. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87765-9_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-87765-9_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-12276-2
Online ISBN: 978-3-322-87765-9
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