Zur Diskussion über das wirtschaftliche Süd-Nord-Gefälle unter Berücksichtigung entwicklungsgeschichtlicher Aspekte

Zusammenfassung

Die Beschäftigung mit dem Süd-Nord-Gefälle in der Bundesrepublik Deutschland, wissenschaftlich — publizistisch und politisch — scheint Novitäts-Charakter zu haben. Jede solcher Diskussionen steht jedoch in abgewandelter Form in der Tradition raumökonomischer bzw. raumstruktureller Betrachtungsweisen, einschließlich der möglichen Bewältigung oder Gestaltung auftretender Probleme durch korrigierende oder gestalterische Eingriffe des Staates in seinen unterschiedlichen Ausprägungsformen. Darin wurde und wird der Zusammenhang zwischen lokalen und regionalen Gegebenheiten und den durch sie bestimmten Produktionsweisen und damit verbundenen gesellschaftlichen Verhältnissen thematisiert. Es ist ein sehr altes Thema, bei dem jetzt jedoch nicht mehr das lokale Vorhandensein bestimmter Rohstoffe oder die Möglichkeiten verkehrlicher Infrastruktur im Mittelpunkt stehen. Im Gegenteil, deren ubiquitäre Verfügbarkeit hat andere Faktoren dominant werden lassen, zum Teil diese erst als wichtig und prägend herausgebildet. Weil die klassischen Entwicklungsmöglichkeiten der Industrialisierung für manche Gebiete früher nicht gegeben waren, haben sich daraus Besonderheiten der regionalen Produktionsstrukturen und Absatzmärkte herauskristallisiert, die jetzt den modernen Anforderungen besser gerecht werden. Aufstieg und Niedergang von Industrieregionen haben erst eine ca. 200-jährige Geschichte; aber strukturelle Umbrüche zeitigten stets auch räumliche Konsequenzen.