Zusammenfassung
Ziffel und Kalle erfahren es als Flüchtlinge besonders deutlich und schmerzlich (in den Flüchtlingsgesprächen, die Bert Brecht aufgezeichnet hat). Man kann nicht geboren werden — ohne eine Urkunde. Man kann nicht gestorben sein — es sei denn mit einer Urkunde. Man kann vor allem in kein anderes Land reisen, gar flüchten — man besitze denn eine Urkunde, einen Paß.
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Literatur
Vgl. Norbert Elias, Der Prozeß der Zivilisation, 2 Bde., Frankfurt/M. 1976; s. auch Barrington Moore, Soziale Ursprünge von Demokratie und Diktatur, Frankfurt/M. 1974.
E. P. Thompson, Whigs an Hunters, The Origin of the Black Act, London 1975.
Statt vieler wissenschaftlicher und sozialgeschichtlicher Zeugnisse vgl. den autobiographischen Roman von Karl-Philip Moritz: Anton Reiser, vgl. die zusammenfassenden Beobachtungen von Thompson a. a. O. S. 243,,…Während des 18. Jahrhunderts brachte eine gerichtliche Entscheidung nach der anderen zum Ausdruck, daß die Juristen nach und nach einen absoluten Begriff des Eigentumsrechts herausbildeten, und daß, wo immer auch nur der geringste Zweifel aufkommen konnte, das Gesetz die ärgerlichen Komplexitäten gleichzeitiger Nutzrechte zerschlug. Die kapitalistische Verkehrsweise verwandelte Institutionen, Rechte und Möglichkeiten zu kollektiver Nutzung in runde Geldsummen, die gekauft und verkauft werden konnten wie jedes andere Eigentum. Oder richtiger: die Ämter und Rechte der Großen wurden in dieser Weise verwandelt: der Rangers, der Bischöfe und Großgrundbesitzer. Die Rechte und Ansprüche der Armen nahm man, wenn man sie überhaupt untersuchte, allenfalls in entwürdigender Weise oberflächlich wahr. Wenn den Ansprüchen überhaupt Genüge getan wurde, dann geschah dies oder sie wurden als Gnadenakte ausgegeben. Sehr häufig wurden die Rechte und Ansprüche der Armen als kriminelle Taten behandelt, als Wildern, Holzdiebstahl und Verletzung des Privatbesitzes.“ Vgl. auch: Max Weber, Rechtssoziologie, herausgegeben und eingeleitet von Johannes Winkelmann, Neuwied und Berlin 1967, 2. Aufl.
Zum Ausdruck und zur Sache siehe Franz Neumann: Der Funktionswandel des Gesetzes im Recht der bürgerlichen Gesellschaft, in: ders.: Demokratischer und autoritärer Staat, Frankfurt am Main, 1967, Neumanns Darstellung leidet darunter, daß er von einem idealtypisch gefaßten, aber realistisch gebrauchten Typus des liberalen Rechtsstaats ausgeht und demselben u. a. die faschistische Gegenwart gegenüberstellt.
D. Jesch, Gesetz und Verwaltung, Tübingen 1961.
Vgl. auch Walter Benjamin, Zur Kritik der Gewalt, in ders.: Angelus Novus, Frankfurt/M. 1966, S. 42–66, insbes. S. 52f.
Zum Gesamtzusammenhang s. Ulrich K. Preuß: Die Internalisierung des Subjekts. Zur Kritik der Funktionsweise des subjektiven Rechts, Frankfurt/M. 1980.
S. auch Karl-Heinz Ladeur: Vom Gesetzesvollzug zur strategischen Rechtsfortbildung, in: Leviathan 3/1979, S. 339–375. Zum Verhältnis von Militär und Polizei in Preußen im 19. Jahrhundert und zur Entwicklung des Rechtsstaats vgl. Albrecht Funk, Die staatliche Gewalt nach Innen, Habil., FB 15, FU Berlin 1982.
Zum präventiven Funktionswandel des Sozialrechts, vgl. Ulrich Mückenberger: Thesen zur Funktion und Entwicklung des Sozialrechts, in: Kritische Justiz, Jg. 9, 4, 1976. Zur polizeilichen Funktion vgl. außer den polizeilichen Äußerungen z. B. des BKA-Chefs Herold selbst — s. dazu das Polizeikapitel — Hans-Uwe Erichsen und Franz Ludwig Knemeyer, Der Schutz der Allgemeinheit und der individuellen Rechte durch die polizei-und ordnungsrechtlichen Vollmachten der Exekutive, in: VVDStRL, 35 Berlin 1977.
Vgl. Erichsen, a. a. O., S. 175, Justus Wilhelm Hedemann, Die Flucht in die Generalklauseln. Eine Gefahr für Recht und Staat, Tübingen 1933.
In dieser Hinsicht ist es konsequent, wenn Ehrenberg/Fuchs die Polizei als einen Teil der Leistungsverwaltung begreifen, vgl. Herbert Ehrenberg/Anke Fuchs: Sozialstaat und Freiheit, Frankfurt/M. 1980, S. 96.
Gewalt hat immer etwas Rechtlich-Widerborstiges an sich. Die einzige Gewalt, die legal geduldet wird, um die Legalordnung selbst notfalls zu erzwingen, besteht in der Staatsgewalt und ihrem Monopol physischer Gewaltsamkeit. Vgl. W. D. Narr, Physische Gewaltsamkeit und das Monopol des Staates, in: Leviathan, Heft 4/1980, S. 541 ff.
Franz Neumann, Die Herrschaft des Gesetzes, eine Untersuchung zum Verhältnis von politischer Theorie und Rechtssystem in der Konkurrenzgesellschaft, übersetzt und mit einem Nachwort von Alfons Söllner, Frankfurt/M., 1980, S.54.
S. Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. rev. Auflage, besorgt von Johannes Winkelmann, Tübingen 1976, S. 122ff., s. insbesondere auch seine Soziologie des Rechts; ähnlich Werner Hoffmann: Die Krise des Staates und das Recht, in: ders.: Abschied vom Bürgertum, Frankfurt am Main, 1970, S. 163–178. Der Legitimitätsaspekt fehlt freilich bei Hoffmann völlig. S. auch Preuß, Die Internalisierung des Subjekts, a. a. O., und sehr früh Kants bekannte Unterscheidung zwischen Recht und Moral, gerade aufgrund des Zwangselements im Recht in seiner „Metaphysik der Sitten“.
Stefan Leibfried, Vorwort in: Frances F. Piven/Richard A. Cloward, Regulierung der Armut. Die Politik der öffentlichen Wohlfahrt, Frankfurt/M., 1977, S. 9–67, S. 39.
Renate Schipke, in: Christiane F., Wir Kinder vom Bahnhof Zoo. Hamburg 1979, S. 220/221.
Götz, Aly, „Wofür wirst Du eigentlich bezahlt?“ Möglichkeiten praktischer Erzieherarbeit zwischen Ausflippen und Anpassung, Berlin 1977, S. 26 und passim.
F. J. Stahl, zitiert nach Richard Thoma, Rechtsstaatsidee und Verwaltungsrechtswissenschaft, abgedruckt in: Mehdi Tohidipur (Hrsg.), Der bürgerliche Rechtsstaat, 2 Bde., Frankfurt/M. 1978, 2. Bd., S. 449–524, S. 502 ff.
Vgl. Ernst Forsthoff (Hrsg.), Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit. Aufsätze und Essays, Darmstadt 1968.
Otto Kirchheimer hat zu Recht etwa das Kriterium der Geltung des Asylrechts zum Indiz rechtsstaatlicher Praxis gemacht. Vgl. derselbe, Politische Justiz, Neuwied und Berlin 1966.
Vgl. Knut Dohse u. a., Probleme einer Beschränkung gewerkschaftlicher Bestandsschutzpolitik auf die Absicherung älterer Arbeitnehmer, zum Verhältnis von Bestandsschutz und personalpolitischer Flexibilität, Internationales Institut für vergleichende Gesellschaftsforschung, preprints, Berlin, Okt. 1978.
Vgl. Edwin Kube, Zusammenfassendes Thesenpapier zum BKA-Symposium, Dez. 1978, Man. — Das Symposium befaßte sich mit „Städtebau und Kriminalität“.
S. Hannelore Narr, Altsein im gesellschaftlichen Abseits, in: Freiheit und Gleichheit, Heft 2, 1980, S. 27 ff.
S. für das Recht der ausländischen Arbeiter und seiner Entwicklung: Knut Dohse: Ausländische Arbeiter und bürgerlicher Staat, Königstein 1981.
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Funk, A., Haupt, H.G., Narr, WD., Werkentin, F. (1984). Einleitung Der Rechtsstaat als Sozialstaat und der Sozialstaat als Rechtsstaat. In: Verrechtlichung und Verdrängung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87754-3_1
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