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Adelsfamilie und soziale Plazierung im Münsterland 1770–1914

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Part of the book series: Forschungsbericht des Landes Nordrhein-Westfalen ((FG))

Zusammenfassung

Zwei Drittel Westfalens standen vor 1803 unter geistlicher Herrschaft. Die westfälischen geistlichen Territorien besaßen bis zu ihrer Auflösung noch durchaus funktionierende ständische Verfassungen, in denen der landsässige, durch Nachweis einer Ahnenprobe “stiftsfähige” Adel eine außerordentlich starke Position einnahm. Für diesen politisch mächtigen, religiös homogenen Adel waren die Territorialgrenzen innerhalb Westfalens von geringerer Bedeutung als die religiösen. Zwischen dem Adel der verschiedenen katholischen westfälischen Territorien fand ein reger Austausch auf der Ebene der Heiraten, des Grund- und des Ämtererwerbs statt. Da auch der katholische Adel anderer nordwestdeutscher Gebiete an den hochdotierten, prestigeträchtigen kirchlichen Pfründen der geistlichen Staaten, die nach dem Adelskriterium der “Stiftsfähigkeit” vergeben wurden, in starkem Maße interessiert war, und in diesem Gebiet die adlige Grundherrschaft einheitlich, d.h. in der Form der sogenannten “nordwestdeutschen Grundherrschaft” organisiert war, kann man den landsässigen katholischen Adel Nordwestdeutschlands als eine relativ homogene Adelsgruppe des Reichs auffassen.

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Anmerkungen

  1. Zum folgenden genauer und mit Belegen Reif, Adel, S. 77 ff.

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  2. Zur hier dargestellten Entwicklung vgl. v.a. Müller-Wille, W., Westfalen. Landschaftliche Ordnung und Bindung eines Landes, Münster 1952, S. 238-257; Ditt, H., Struktur und Wandel westfälischer Agrarlandschaften, Münster 1965, S. 9; Keinemann, F., Soziale und politische Geschichte des westfälischen Adels 1815–1945, Hamm 1976, S. 160 u. 181; Reif, Adel, S. 213 ff.; v. Laer, W., Die Entwicklung des bäuerlichen Wirtschaftswesens von 1815 bis heute, in: E. v. Kerckerinck-Borg (Hg.), Beiträge zur Geschichte des westfälischen Bauernstandes, Berlin 1912, S. 164-221; Hömberg, A.K., Wirtschaftsgeschichte Westfalens, Münster 1968, v.a. S. 136-151; Reekers, St., Beiträge zur statistischen Darstellung der gewerblichen Wirtschaft Westfalens um 1800, Teil 1: Paderborn und Münster, in: W F, Bd. 17, 1964, S. 83-176, v.a. 137 f. sowie die Ausführungen zu Borghorst, unten S. 214 ff.

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  3. Vgl. dazu Kap. 3.2, unten S. 112; zum Folgenden siehe auch die Darstellung des Erziehungsverhaltens im katholischen westfälischen Adel nach 1770 in: Reif, Adel, S. 315 ff.

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  4. Vgl. Archiv v. Merveldt, Nachlaß Ferdinand Anton v. Merveldt, Vol. III, Briefe Ferdinand Antons vom 30.11.1821 und 16.5.1822; Archiv v. Galen-Assen F 522, Brief Max Friedrich v. Kettelers vom 23.11.1823.

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  5. Die folgenden Tabellen II, 1–15 gründen sich auf die ca. 1100 aus Familienarchiven und verschiedensten personengeschichtlichen Materialien rekonstruierten Lebensläufe derjenigen Angehörigen der 23 untersuchten Adelsfamilien, die zwischen 1720 und 1894 geboren wurden. Die Tabellen II, 1 und II, 2 erfassen nur die Stammherrn der Hauptlinien. Da ein Teil der zukünftigen Stammherrn, vor dem Übergang in die Stammherrnposition, und auch ein erheblicher Teil der nachgeborenen Söhne ihre Berufslaufbahn wechselten, stimmen die Zahl der ausgeübten Berufe und die Zahl der Söhne nicht überein. Die Zahl der Nur-Gutsbesitzer unter den zukünftigen Stammherrn und der offen oder verdeckt (wegen ihrer “Mitarbeit” in der Eigenwirtschaft) berufslosen Nachgeborenen ist deshalb auch deutlich höher anzusetzen als die zwischen 1845 und 1894 auftretende Differenz zwischen der (kleineren) Zahl der Berufe und der (größeren) Gesamtzahl der Söhne.

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  6. Nach den Beförderungsregeln und — gewohnheiten im preußischen Militär konnten — unabhängig von Ansprüchen aufgrund des Dienstalters — nur solche Offziere Regimentskommandeur und damit Major werden, die sich besondere fachliche Qualitäten auszeichneten. Ein Übergangenwerden in der Beförderung zum Major bedeutete praktisch das Ende der Offizierskarriere; der Abschied war, zumindest für den selbst-und ehrbußten Stiftsadel, die normale Konsequenz. Zur “Majorsecke” vgl. auch Messerschmidt, M., Die preußische Armee, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. IV, 2, München 1976, S. 21–24.

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  7. Vgl. Archiv v. Droste-Hülshoff, Nachträge, Brief Constantins v. Droste-Hülshoff an den Bischof von Münster vom 1.8.1874.

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  8. Zitiert nach Keinemann, Geschichte, S. 183.

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  9. Vgl. zu dieser Diskussion Keinemann, Geschichte, S. 178-183.

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  10. Die für die Zeit von 1720–1769 ermittelten Daten erfassen den damaligen Personenbestand der Familien zu ca. 80%. Danach sind die Personen zwar vollständig erfaßt; doch ließen sich auch im 19. Jahrhundert nicht zu jeder Person, insbesondere nicht zu den ins Ausland gehenden nachgeborenen Söhnen, stets sämtliche in der Folge ausgewertete Daten rekonstruieren, so daß je nach ausgewertetem Indikator eine unterschiedliche Gesamtzahl der untersuchten Personen, Ehen etc. erscheint. Eine weitere Ursache für die Variation der einer Tabelle zugrunde liegenden Personenzahl liegt darin, daß für bestimmte Fragen auch die Nebenlinien und weitere Familien des westfälisch-stiftsadligen Heiratskreises herangezogen werden können.

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  11. Zugrunde liegen die Hauptlinien münsterländischer Ade1sfami1ien und Nebenlinien, sofern sie durch Kauf oder Erheiratung eines Ritterguts zustande kamen.

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  12. Brief des Grafen Bocholz an Werner v. Droste-Hülshoff vom 25.5.1837 (Archiv v. Droste-Hülshoff, Akte: Autonomiebestrebungen der westfälischen Ritterschaft). Die z.T. im stiftsfähigen Adel des stärker industrialisierten südlichen Westfalen vertretene, von den münsterländischen Stammherrn abgelehnte, im Laufe des 19. Jahrhunderts sukzessiv, wenn auch in engen Grenzen, geduldete Gegenansicht formulierte v. Bocholz im selben Brief: “ wenn wir dem einen Sohne allein unser Vermögen zuwenden, so müssen die übrigen, wenn sie überhaupt heiraten wollen, nach Gelde, nicht aber nach Ahnen sehen.”.

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  13. Brief Werners v. Droste-Hülshoff an den Grafen Bocholz vom Juni 1837 (Archiv y. Droste-Hülshoff, Mappe: Successionsordnung der Ritterschaft).

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  14. Vgl. dazu Reif, Adel, S. 269 ff.

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  15. Zitiert nach Keinemann, Geschichte, S. 183, Anm. 1.

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  16. Es sind die Stammherrnehen des münsterländischen Adels erfaßt und dazu die Ehen der Töchter des münsterländischen Adels mit Stammherrn aus dem stiftsfähigen westfälischen Adel; aber nur solche Ehen, für die vollständige Datenreihen über die Kinderfolge vorliegen. Die dadurch mögliche Erweiterung des Personenbestandes ist gerechtfertigt, da das Konnubium in dieser Zeit eine hinreichend sichere Grundlage abgibt, um auf ein dem münsterländischen Adel eng verwandtes generatives Verhalten zu schließen. “Komplette Ehen” sind solche, in denen Mann und Frau das gebärfähige Alter der Frau überlebten.

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  17. Unter Kindersterblichkeit wird hier die Sterblichkeit während und kurz nach der Geburt verstanden. Es wurden nur solche Familien in die Auswertung einbezogen, für die mit ziemlicher Sicherheit eine komplette Überlieferung, auch der totgeborenen Kinder, zu erarbeiten war.

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  18. Erfaßt sind Heiraten nachgeborener Söhne des münsterländischen Adels und solcher nachgeborener Söhne des stiftsfähigen westfälischen Adels, die Töchter aus dem münsterländischen Adel geheiratet haben.

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  19. Der zukünftige Stammherr heiratete oft erst, wenn er mit den Geschwistern, was deren Abfindung betraf, im reinen war. Das wurde, wenn mehr Geschwister als bisher abzufinden waren, schwieriger. Auf eine ähnliche Maxime bezüglich der Heirat des zukünftigen Hoferben bei westfälischen Bauernfamilien verweist Sauermann, D., Bäuerliche Brautschätze in Westfalen, in: Rhein. — Westf. Ztschr. f. Volkskde, 28/29, 1972, S. 106–134, S. 109, Anm. 21.

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  20. Grundlage des Schaubilds sind die Angaben über Brautschätze in ca. 200 Eheverträgen aus den verschiedenen Adelsarchiven; die z.T. in verschiedenen Währungen festgelegten Brautschätze wurden in Reichstaler umgerechnet. Der reale Wert der Brautschätze sank nach 1650 stärker als es das Schaubild ausdrückt, weil der Anstieg der Lebenshaltungskosten noch zu berücksichtigen ist.

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  21. Verschärft wurde dann der Druck auf die Brautschätze der adligen Töchter noch dadurch, daß viele Adlige in dieser Zeit aus Gewinnstreben heraus “Jagd” auf bürgerliche Erbinnen machten; vgl. Stone, L., Heirat und Ehe im englischen Adel des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Rosenbaum, H. (Hg.), Familie und Gesellschaftsstruktur, Frankfurt a.M. 1978, S. 444-479, s. 461 f. Zum Angebot-Nachfrage-Mechanismus als Regulator des adligen Heiratsmarktes, der schon von Zeitgenossen erkannt wurde, vgl. für England Stone, Heirat, S. 454 f. und Habakkuk, H.J., Marriage Settlements in the Eighteenth Century, in: Transactions of the Royal Historical Society 4, 32, 1950, S. 15-30.

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  22. Auch innerhalb der bäuerlichen Bevölkerung Westfalens bestand im 18. Jahrhundert ein solches allgemeines Orientierungsmaß für die Brautschätze der Töchter (vgl. Sauermann, Brautschätze, S. 106). Die Entwicklung zu niedrigeren Brautschätzen wurde auch von dem Ende des 17. Jahrhunderts sich durchsetzenden Fideikommißprinzip erzwungen, das nicht nur Teilungen, sondern auch weitgehend Landausstattungen sowie Landverkäufe zur Zahlung von Heiratskosten ausschloß. Die Heiratskosten und die Abfindungen mußten nun aus den laufenden Einnahmen des Gutes bestritten werden. Hier liegt auch der Grund, warum der münsterländische Adel im 17. Jahrhundert seine Aufmerksamkeit verstärkt dem Zahlungsmodus der Heirats-und Abfindungsausgaben widmete, ihn sogar in die Heirats-und Abfindungsurkunden mit aufnahm. Mit dem Ausschluß des Angebot-Nachfrage-Prinzips war allerdings ein zweiter Mechanismus, dem die Brautschätze unterliegen konnten, und auf den für die bäuerliche westfälische Bevölkerung Sauermann, Brautschätze, S. 107 aufmerksam gemacht hat, nicht aufgehoben. Die Brautschätze konnten auch auf eine sich wandelnde Intensität des Kampfes um sozialen Auf-und Abstieg innerhalb des Standes reagieren; denn das Konnubium war ein wichtiges Mittel zur Verbesserung bzw. Absicherung der sozialen Stellung der Familie. Hier liegt ein weiterer Grund für die Abweichung der einzelnen Brautschätze von den im Schaubild 1 dargestellten Durchschnittswerten.

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  23. Der Betrag von 3000 bis 4000 RT. entsprach um 1800 ungefähr dem Jahreseinkommen eines mittleren Ritterguts. Im Adel von Toulouse entsprach im 18. Jahrhundert ein Brautschatz ungefähr 3 bis 4 Jahreseinkommen der Familie, lag also damit auch wesentlich höher als im münsterländischen Adel zur gleichen Zeit, ein Sachverhalt, der die Leistung der Familienordnung dieses Adels noch einmal deutlich macht; vgl. Forster, R., The Nobility of Toulouse in the Eighteenth Century, Baltimore 1960, S. 132; siehe auch das Beispiel einer Erbauseinandersetzung S. 143 ff., die zu einer nahe an 50% des Gesamtwertes reichenden Belastung des Familienbesitzes führte.

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Kocka, J., Ditt, K., Mooser, J., Reif, H., Schüren, R. (1980). Adelsfamilie und soziale Plazierung im Münsterland 1770–1914. In: Familie und soziale Plazierung. Forschungsbericht des Landes Nordrhein-Westfalen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87746-8_2

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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