Zusammenfassung
Um den Ausgangspunkt “Volksetymologie” in dieser Erörterung angemessen zu markieren, möchte ich zunächst die “klassische” Volksetymologie überhaupt oder doch im deutschen Sprachraum vorstellen. Förstemann, der in seinem 1852er Aufsatz den Begriff “Volksetymologie” erstmalig eingeführt hat, nennt als erstes Beispiel das neuhochdeutsche Wort “Maulwurf”. Dieses leitet sich aus älterem moltwerf ab, das zu molta “Staub” gehört. Dieses Wort molta war damals isoliert, d.h. es kam selten vor, hatte kaum Wortverwandte in der entsprechenden Wortfamilie. So kam es, daß das Volk, das den älteren und noch existierenden Sprachstand nicht mehr genügend kannte, eine Umdeutung zugunsten des stärker präsenten Wortes “Maul” vornahm: aus moltwerf oder moltwurf wurde unser Maulwurf. Das Volksetymologische dar-an ist insbesondere, daß von molt- zu maul- kein lautgesetzlicher Wandel führt und daß auch keine redesprachlichen Laut-angleichungsprozesse diese Änderung erklären können. Im Grunde seit Förstemanns Zeiten hat sich die Einschätzung erhalten, daß das vergleichsweise ungebildete Volk eine falsche Etymologie produziert hat (te). Dies gilt mit der seit Förstemann z.T. vertretenen Beurteilung, daß auch diese “entartung” der älteren Sprache in gewissem Sinne etwas Produktives sei. —
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© 1985 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Rohde, W. (1985). Volksetymologie und Sprachbewußtheit. In: Januschek, F. (eds) Politische Sprachwissenschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87626-3_6
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