Zusammenfassung
Die in den vorangegangenen Abschnitten dargestellten Ansätze zur Erfassung von Irreführung bzw. Täuschung lassen sich unter anderem danach unterteilen, ob bei der Feststellung einer Irreführung der Inhalt (Content) der in Frage stehenden Information im Mittelpunkt steht oder die Wirkung der Information beim Empfänger. Zur erstgenannten Gruppe gehören die Ansätze von Haef ner, der FTC, der FDA und weitgehend der Ansatz der AGV. Empfängerorientiert hingegen sind die Konzepte des UWG, von Gardner (teilweise) sowie Jacoby / Small. Aus folgenden Gründen erscheint es uns sinnvoll, die Feststellung einer Irreführung anhand der Wirkung der Information beim Empfänger vorzunehmen:
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(1)
Irreführung ist ein mögliches Phänomen sämtlicher Kommunikationsprozesse. In Kommunikationsprozessen sendet ein Kommunikator (Sender) eine Information mit Hilfe eines Mediums an einen Rezipienten (Empfänger). Insbesondere Prozesse der beeinflussenden Kommunikation (wie z. B. werbliche Kommunikationsprozesse) sind immer auf den Empfänger hin orientiert, sie sollen bei diesem eine bestimmte Wirkung hervorrufen. Daher erscheint es uns zweckmäßig, nicht am Sender der Information oder der Information selbst anzuknüpfen, sondern an ihrer Wirkung beim Empfänger. Eine Substitution der Wirkungsanalyse durch eine Inhaltsanalyse und damit ein Anknüpfen am Informationsinhalt ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Sie setzt jedoch voraus, daß allgemeingültige, empirisch bestätigte Hypothesen über die Wirkungsweise bestimmter Stimuli vorliegen, die in gewisser Weise die Brücke schlagen zwischen den Informationsinhalten und ihren Wirkungen beim Empfänger. Da solche Hypothesen im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorliegen, kann — wenn überhaupt — nur die Wirkungsanalyse zuverlässige Aussagen liefern.
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(2)
Darüber hinaus legt auch die Absicht, die hinter der gesamten Diskussion um Existenz, Nachweis und Behandlung irreführender Werbepraktiken steht, eine Empfängerorientierung nahe. Denn Ziel der Beschäftigung mit dem Problemkomplex „Irreführende Werbung“ ist es, die Rezipienten der beeinflussenden Kommunikation (bei Absatz-Werbung: Konsumenten, gewerbliche Abnehmer, aber auch die Mitwettbewerber)vor bestimmten Beeinflussungsstrategien und ihren Konsequenzen zu schützen. Wo es also letztlich um den Schutz des Informationsempfängers geht, ist eine Orientierung an der Information selbst oder ihrem Sender wenig zweckmäßig.
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© 1976 Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden
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Raffée, H., Gosslar, H., Hiss, W., Kandler, C., Welzel, H. (1976). Eigener Ansatz zur begrifflichen Klärung des Konstrukts Irreführung und seiner Operationalisierung. In: Irreführende Werbung. Gabler Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87474-0_3
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