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Die Kindheitserinnerungen

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Zusammenfassung

Vom Schrecklichen bis zum Wunderbaren, von der ‚ersten Liebe‘ bis zum Tod der Familie erstreckt sich der Spannungsbogen der Kindheitserinnerungen Maltes, in denen als drittes zentrales Thema auch ihr Erzählen selbst noch behandelt wird. Es finden sich in den Aufzeichnungen hinreichend Hinweise, die chronologische Folge der Kindheitserinnerungen, zu denen noch die Aufzeichnungen 8, 9, 15, 20, 23, 56 und in gewisser Weise auch 71 hinzuzuzählen sind, in etwa zu rekonstruieren; doch zeigt gerade diese Rekonstruktion, daß andere denn chronologische Kriterien die Abfolge bestimmen.

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Anmerkungen

  1. Vgl. Seifert, Das epische Werk Rainer Maria Rilkes, Bonn 1969, S.238ff.

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  2. Vgl.R.M.R., Auguste Rodin, in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd. V, S.198f.

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  3. Zur Kerze als Symbol der Subjektschöpfung vgl. Jean Chevalier u. Alain Gheerbrant, Dizionario dei Simboli, Milano 1986, Bd.1, S.183. Vorgezeichnet findet sich in dieser Symbolik ebenfalls das in die umfassende Sphäre der unbewußten Kräfte eindringende Licht des Bewußtseins, so daß sich, wie später in Aufzeichnung 29 beim Hand-Erlebnis deutlich wird, zwei Sphären ergeben: die helle, beleuchtete über dem Tisch und die dunkle unter dem Tisch.

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  4. Dieses Lichtmotiv, das in der Lampe der Heiligen (Aufz.22) und dem Bild der Vollkommenheit und seinem Umkreis in den Aufzeichnungen 12 und 11 vorgezeichnet ist, kehrt sowohl in den Kindheitserinnerungen etwa im hellen Grund des Schreibtisches der Ingeborg in Aufzeichnung 28 und im Wunderbaren der Schneelandschaft der Spitzen in Aufzeichnung 41 wieder, als auch insbesondere im ‚Lichtgrund‘ der Liebe, wie der etwa in Aufzeichnung 69 und 70 gezeichnet wird.

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  5. Zur Namenlosigkeit vgl. sowohl die Aufzeichnungen 15 und 8, in denen der über die konventionelle Zeit Hinausragende oder Sterbende namen- und formlos wird, als auch insbesondere die in Aufzeichnung 14 entwickelte Dynamik der Dichtung, die das Namenloswerden der persönlichen Erfahrungen voraussetzt.

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  6. Der Zusammenhang von Einsamkeit als der inneren Wüste und Kunstschaffen, das in ihr sein Voraussetzung hat, wird sowohl in Aufzeichnung 26, die die Figur Ibsens gestaltet, wiederaufgenommen als auch in den Aufzeichnungen 5053, in denen der moderne Heilige in Anlehnung an den antiken, namentlich den in der hier in Aufzeichnung 24 genannten Thebais lebenden heiligen Antonius, gezeichnet wird.

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  7. Gegenüber Jacob Steiner, der über den Vorwurf eines dilettantischen Verhältnisses Rilkes zur Musik behauptet, Rilke habe nicht die Musik, sondern allenfalls die Dichtung in ihr besungen (Jacob Steiner, Anschauungsformen Rilkes, in: Blätter der Rilke-Gesellschaft 7/8, 1981/82, S. 92.), ist mit Nachdruck auf den Aufsatz von Rüdiger Görner hinzuweisen, der Rilkes Musikbegriff u.a. auf den Nietzsches aus der ‚Geburt der Tragödie‘ bezieht (vgl. S. 51ff); auf diese Beethoven-Aufzeichnung aus den ‚Aufzeichnungen‘ wird allerdings kein Bezug genommen. Rüdiger Görner, „... und Musik überstieg uns...“. Zu Rilkes Deutung der Musik, in: Blätter der Rilke-Gesellschaft 10, 1983, S. 50–68.

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  8. Daß die Wüste im Innern sei wird deutlich in der Aufzeichnung 26.5/783.

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  9. Stahl erblickt in der Formulierung „hingestellt und weggenommen“ zu Recht eine „Isolierungstechnik“, die „den Verzicht auf Ergründung der Ursachen des Elends veraus(setzt) und (...) die Symbolisierung des Elends im Sinne eines Zeitlos-Allgemeinen (ermöglicht)“. August Stahl, Rilke Kommentar. Zu den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, zur erzählerischen Prosa, zu den essayistischen Schriften und zum dramatischen Werk, München 1979, S.184. Dieser ‚zeitlos-allgemeinen‘ Dimension gehört der Vogelfütterer bereits an, so daß er in seiner irdischen Sichtbarkeit als einer erscheint, der sich tendenziell, gleich etwa Bettine in Aufzeichnung 57, zurückerraten muß aus dem ewigen Sein jenseits Dimension wird dann in dem des Todes. Diese Zugehörigkeit zu einer anderen Eindruck eines Glassturzes über ihm ‚sichtbar‘.

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  10. Vgl. dazu unten unseren der Interpretation der Aufzeichnung 44 folgenden Exkurs: Die Aufzeichnungen in der Perspektive eines alchemistischen ‚opus‘.

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  11. Der Bedeutungshorizont des Schlafens läßt sich freilich im Umkreis der Aufzeichnungen nicht ganz eindeutig bestimmen. Eine andere Interpretation des ‚Schlafens‘ ergäbe sich ebenfalls aus Aufz. 23, wo die Frage nach dem Schlafen als eine nach innerer Beruhigtkeit und Überwindung des Schreckens zu verstehen wäre: „die Menschen möchten vieles davon [vom Schrecklichen; B.A.K.] vergessen dürfen; ihr Schlaf feilt sanft über solche Furchen im Gehirn, aber Träume drängen ihn ab und ziehen die Zeichnung nach.“ (23.1/776) Finden sich hier Schlaf und Traum in Gegensatz gesetzt, so bedeutet der Schlaf der jungen Abelone eine steigende Traumbewegung (vgl. 44.2/844). Ein vierter Bedeutungshorizont des ‚Schlafens‘ zeichnet sich schließlich im Umkreis der Figuren der Liebe ab, die ihre Arbeit der Liebe tun, während die anderen schlafen, wie z.B. die Heilige im Pantheon: „Die Heilige wacht über der schlafenden Stadt“ (22.1/774), oder Bettine: „Oder ist nicht die Welt überhaupt von dir? denn wie oft hast du sie in Brand gesteckt mit deiner Liebe und hast sie lodern sehen und aufbrennen und hast sie heimlich durch eine andere ersetit, wenn alle schliefen.“ (57.2/897) ‚Nicht schlafen‘ könnte in diesem Fall die Elendsgestalten in Zusammenhang mit den großen Liebenden bringen, deren Sein ja ebenfalls einer anderen, himmlisch-kosmischen Dimension angehört.

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  12. Das Bild vom Glassturz läßt gleich den Gedanken an die Uhr aufkommen; vgl. etwa G.Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Gütersloh 1980/82, Sp.1573: „Glassturz <m> Deckel, Gehäuse aus Glas (für Uhren, Kunstgegenstände)“. Das Motiv von der Uhr als eigenständiger, von aller Umwelt losgelöster Bewegung findet sich nicht nur in Aufzeichnung 14, wo von den vielen Einzelnen die Rede ist, deren „Leben abläuft, mit nichts verknüpft, wie eine Uhr in einem leeren Zimmer“ (14.4.5/727), sondern vor allem auch im Zusammenhang mit der Parallelfigur des blinden Zeitungsverkäufers in Aufzeichnung 59, der in seiner Bewegung einem Zeiger verglichen wird.

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  13. Vgl. Rainer Maria Rilke, Auguste Rodin. Zweiter Teil. Ein Vortrag (1907), in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.V, S.208f. Zum Bezug dieser Vogelfütterergestalt auf Rilkes in den Rodin-Schriften vor allem entworfenen Ding-Konzeption vgl. unsere Ausführungen auf den folgenden Seiten.

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  14. Vgl.Rainer Maria Rilke, Auguste Rodin. Erster Teil (1902), und Auguste Rodin. Zweiter Teil. Ein Vortrag (1907), sowie Aus dem Nachlaß, in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.V, S.135–201 und S.203–246 sowie S.247–280.

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  15. Walter Seifert, Das epische Werk Rainer Maria Rilkes, a.a.O., S. 194. Vgl. auch ebda. S. 177–194 sowie S. 243f.

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  16. „Es gab kleine Figuren da, Tiere besonders, die sich bewegten, streckten oder zusammenzogen, und wenn ein Vogel saß, so wußte man doch, daß es ein Vogel war, ein Himmel wuchs aus ihm heraus und blieb um ihn stehen, eine Weite war zusammengefaltet auf jede seiner Federn gelegt und man konnte sie aufspannen und ganz groß machen.“ In: Rainer Maria Rilke, Auguste Rodin. Erster Teil (1902), in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.V, S.143f. Zum Motiv des Vogels vgl. auch Karl-Heinz Fingerhut, Das Kreatürliche im Werke Rainer Maria Rilkes. Untersuchungen zur Figur des Tieres, Bonn 1970.

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  17. Vgl. Rainer Maria Rilke, Auguste Rodin. Erster Teil (1902), in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.V, S.198.

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  18. „[...] eine Gebärde, die wie eine Fontäne aus dem Steine stieg und wieder in denselben zurückfiel, ihn mit vielen Wellen erfüllend. Nicht die Bewegung war es, die dem Sinne der Skulptur (und das heißt einfach dem Wesen des Dinges) wiederstrebte; es war nur die Bewegung, die nicht zu Ende geht, die nicht von anderen im Gleichgewicht gehalten wird, die hinausweist über die Grenzen des Dinges. [...] Wie groß auch die Bewegung eines Bildwerkes sein mag, sie muß, und sei es aus unendlichen Weiten, sei es aus der Tiefe des Himmels, sie muß zu ihm zurückkehren, der große Kreis muß sich schließen, der Kreis der Einsamkeit, in der ein Kunst-Ding seine Tage verbringt.“ In: Rainer Maria Rilke, Auguste Rodin. Erster Teil (1902), in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.V, S.158.

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  19. Ähnlich die Geste des Verlorenen Sohns von Rodin: „So ist jener schmale Jüngling, der kniet und seine Arme empor wirft und zurück in einer Geste der Anrufung ohne Grenzen. Rodin hat diese Figur Der verlorene Sohn genannt, aber sie hat, man weiß nicht woher, auf einaml den Namen: Prière. Und sie wächst auch über diesen hinaus. Das ist nicht ein Sohn, der vor dem Vater kniet. Diese Gebärde macht einen Gott notwendig, und in dem, der sie tut, sind alle, die ihn brauchen. Diesem Stein gehören alle Weiten; er ist allein auf der Welt.“ In: Rainer Maria Rilke, Auguste Rodin. Erster Teil (1902), in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.V, S.194f.

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  20. Auf diese Weise ein himmlisches Wesen anlockend und einholend, wird das Kunstwerk zugleich zum autonomen Bollwerk gegen die andrängende Gesellschaft und ihre Konvention; diesen Eindruck empfängt Rilke auch von den Skulpturen Rodins: „RODIN: Das macht seine Plastik so isoliert, so sehr zum Kunstwerk, welches wie eine Festung ist: sich selbst beschützend, wehrhaft, unzugänglich, nur solchen, die Flügel fühlen, durch ein Wunder erreichbar: daß sie sich befreit hat von der Abhängigkeit von Umgebung und Hintergrund [...].“ In: Rainer Maria Rilke, Auguste Rodin. Aus dem Nachlaß, in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.V, S.249.

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  21. Vgl. Rainer Maria Rilke, Auguste Rodin. Zweiter Teil. Ein Vortrag (1907), in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.V, S.208f, sowie R.M.R., Puppen, in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.VI, S. 1063.

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  22. Sterben als Rückzug nach innen findet sich auch deutlich im Tod der Mutter (Aufz. 33.4/811) und in dem der Großmutter Brigge (Aufz. 366–7/823) ins Bild gefaßt.

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  23. Vgl. Rilkes Rezeption der Geste des Verlorenen Sohnes von Rodin, oben Anm. 19.

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  24. Auch Stahl stellt diese Aufzeichnung in den Zusammenhang der Aufzeichnungen 64 und 65. Er weist auch darauf hin, daß diese drei Aufzeichnungen zusammen abgedruckt wurden in: Die Schaubühne. Wochenschrift für die gesamten Interessen des Theaters. Berlin, VI. Jg., Nr.22/23, 2.Juni 1910. Vgl. August Stahl, Rilke Kommentar. Zu den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, a.a.O., S.184f.

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  25. ad 1.: die Fiebererfahrungen liegen vor dem ersten ‚eigenen Erlebnis‘, dem Hand-Erlebnis (vgl. 30.1/797). ad 2.: das Identitätsspiel folgt dem Fieber und liegt so weit zurück, daß Malte es als Erinnerung einer Erinnerung an die früheste Kindheit erzählt (vgl. 31/798f); zugleich aber gilt das Handerlebnis zunächst als das erste eigene (vgl. 29.5/796f u. 31.1/797) und Malte beschreibt sich ausdrücklich als noch sehr klein (vgl. 29.2/793). ad 3.: Die Ingeborg-Erzählung durch die Mutter liegt nach dem Handerlebnis, da Malte sich ja durch diese Erzählung angereizt fühlt, von diesem Erlebnis zu erzählen (vgl. 29.1/792); durch die Erwähnung von Ingeborgs Sekretär in Aufz. 41 (vg1.41.1/834) wird eine direkte Verbindung zu Aufz. 28 (vgl. 28.46/788f) hergestellt, während es in Aufz. 27 wie in Aufz. 42 von der Mutter heißt, das sie eigentlich schon nirgends mehr hingegangen sei (vgl. 27.2/786 u. 42.2/836). ad 4.: Die Spiegel-Episode zeigt ein wesentlich kindlicheres Verhalten Maltes als etwa die Galerie-Episode, wie sich aus der Beschreibung der Geburtstage, wie sie in Aufzeichnung 43 wiederkehrt, und seinem Verhalten den Dienern gegenüber schließen läßt; Malte flüchtet zwar nicht zur Mutter, so daß diese Episode auch nach dem Tod der Mutter liegen könnte, andererseits kommt in ihr das schon anläßlich der Hand-Episode erwähnte Kindermädchen vor, für das Malte als ein 12 bis 13 jähriger Junge, der er zur Zeit der Gespenstererscheinung und der Galerie-Episode ist, zu alt erscheint; es gibt aber keine eindeutigen Hinweise zur Datierung. ad 5.,6. u. 7.: diese Abfolge wurde in Aufzeichnung 36 angegeben: Großmutter Brigge stirbt im Frühling des auf den Tod der Mutter folgenden Jahres und gleich darauf der Kammerherr (vg1.36.5–8/822f). ad 8.: Die Abelone Aufzeichnung setzt vor der Christine-und Galerie-Episode ein, die jahrelang nach dem Tod der Mutter statthaben, wie es in Aufz. 15 heißt (vgl. 15.1/729, während Malte Abelone ein Jahr nach dem Tod der Mutter bemerkt (vgl. 37.1/824); Maltes Verhältnis zu Abelone entwickelt sich dann aber eigentlich erst später voll, als er zur Adelsakademie geht und also schon etwa 15–17 Jahre alt sein dürfte (vg1.37.5/825f). ad 9. u. 10.: Die Christine-Episode, die ausdrücklich in die gleiche Zeit des Aufenthaltes auf Urnekloster fällt wie die Galerie-Episode, findet mehrere Jahre nach dem Tod der Mutter statt, da sich Vater und Großvater mütterlicherseits, wie es in Aufzeichnung 15 heißt, „jahrelang, seit dem Tod meiner Mutter nicht gesehen haben“ (15.1/729), und auch Malte zu Beginn der Aufzeichnung 34 eine Distanz von mehreren Jahren zum Tod der Mutter veranschlagt (vg1.34.1/812). ad 11.: Der Tod Eriks dürfte zeitlich kurz nach Maltes Aufenthalt auf Urnekloster fallen, da er in Aufzeichnung 15 behauptet, diesen Ort nach dem Aufenthalt, bei dem sich die Gespenstererscheinung zuträgt, nie wieder besucht zu haben (vg1.15.1/729); wenn nun Mathilde Brahe den Namen des Malers, der Erik malt, unablässig erwähnt hat (vg1.35.1/818), so muß das während dieses Aufenthaltes gewesen sein; Erik stirbt dann, bevor das Bild vollendet wird. Widersprüchlich bleibt freilich, daß Malte am Ende der Aufzeichnung 35 Eriks Bild in der Galerie auf Urnekloster beschreibt (vg1.35.3/818), während er in Aufz. 15 behauptet, das Haus nach der Christine-Episode nie mehr gesehen zu haben. ad 12.: als Rahmenerzählung setzt diese Aufzeichnung in der Jugendzeit Maltes zur Zeit der Abelone-Episode der Aufzeichnung 37, aber noch ein Jahr vor deren Höhepunkt in der Vorbereitungsphase der Liebe ein, „als Abelone mir von Mamans Jugend sprach“ (vgl. 44.1/844 u. 37.3/825). ad 13.: Die Abelone-Episode setzt zwar ein Jahr nach dem Tod der Mutter und also vor der Christine-und Galerie-Episode ein (vgl. oben, ad 8.) entwickelt sich aber hauptsächlich zur Zeit des Besuchs der Adelsakademie in Sorö, als Malte schon größer sein dürfte als die „12 oder höchstens 13 Jahre“, die er für die Zeit der Christine-Episode in Aufzeichnung 15 (vgl. 15.1/729) angibt, in der er hernach zudem von seiner Tante Mathilde getröstet werden muß (vg1.15.13/738f). ad 14. Die Aufzeichnung über das Lesenlernen, die gleichwohl einen langen Raum der Kindheit umfaßt, fällt zeitlich aber in ihrem Hauptteil in den in Aufz. 37 erzählten Sommer mit Abelone nach dem Jahr auf der Adelsakademie. ad 15. Zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters ist Malte bereits über das Jugendalter hinaus, da er schon im Ausland wohnt und Ulsgaard nicht mehr im Besitz der Familie ist. Hier und in den Aufzeichnungen 47., 49, 50 und 69 reichen Maltes Erinnerungen an die Pariser Gegenwart heran.

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  26. Vgl. 27.2/786; 28.4/788: Hand wie elfenbeinernes Kruzifix; 28.8/791.

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  27. Der Terminus ‚Gesicht‘ ist in doppelter Bedeutung gebraucht: das ‚Antlitz‘ ist hinter den Händen verborgen, das Sehen geht nach innen, wie bei der Armenfigur der ‚Frau ohne Gesicht‘ in Aufzeichnung 5; darüber hinaus scheint das nach innen gehende Gesicht, der ‚Blick‘, der das Unsichtbare ‚sieht‘, nach außen durch: die ‚Oberfläche‘ der erzählenden Mutter wird transparent auf das Unsichtbare hin.

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  28. Rilkes Verdeutlichung seiner Asthetik an den russischen Ikonen verbindet beide Momente: die Oberfläche der Wandbilder bieten die sichtbare Wirklichkeitsgestalt, durch die hindurch die Betrachter ihre eigenen Vorstellungen und Einbildungen der Madonna projizieren, so daß sich hinter der Ikonenwand die ungestaltete unsichtbare Vielfalt der Einbildungen findet, deren sichtbarer Ausdruck die gemalten Ikonen, Verweise auf dies Unsichtbare, ihr Umriß nur, sind. Vgl. R.M.R, Russische Kunst, in: R.M.R, Sämtliche Werke, a.a.O., Bd. V, S.493ff.

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  29. Vgl. dazu unten unsere Interpretation der Aufzeichnungen 39 und 64.

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  30. Vgl. Seifert, Das epische Werk Rainer Maria Rilkes, a.a.O., S.251.

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  31. Namenlosigkeit kennzeichnet das Verhältnis der Teilhabe zum Unfaßbaren: man denke etwa an den Großvater Brahe in Aufzeichnung 15, aber dann auch an die Namenlosigkeit der Erinnerungen in Aufzeichnung 14, die in den Abgrund des Vergessens gelangen, um namenlos aus ihnen wieder aufzutauchen und Vers zu werden.

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  32. Vgl. dazu unten die Interpretation der Spiegelthematik der Aufzeichnungen 32 und 34 sowie den Aufsatz von Lorna Martens, Mirrors and Mirroring: „Fort/da“ Devices in Texts by Rilke, Hofmannsthal, and Kafka, in: Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 58, 1984, S.139–155.

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  33. Vgl. R.M.R., Sonette an Orpheus, Zweiter Teil, I, in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.1, S.751.

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  34. In diesem Erraten ist ein Hinweis auf hier in der Kindheit noch und in den Aufzeichnungen 68 und 69 vielleicht als wieder möglich konzipierte Formen der Gemeinsamkeit zu sehen. Vgl. zur Thematik der Gemeinsamkeit auch die Aufzeichnungen 39 und 64.

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  35. In Aufzeichnung 28.3 hatte die Mutter Malte geraten, daß er sich immer etwas wünschen solle.

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  36. Es dürfte sich eher um den androgynen Ganzheitscharakter als einfach um Bisexualität handeln, kommen doch später auch der Liebeskonzeption androgyne, auf autonome Ganzheit zielende Züge zu; vgl. etwa die Stimme Abelones in Aufz.38, der Zuhörer Beethovens in Aufz. 24, die „Jünglingin“ Clémence de Bourges in Aufz. 67. Gegenüber der Bisexualität in denunziativer Absicht schlicht auf Rilkes Bisexualität zurückführenden Studie Simenauers (vgl. Siemenauer, Rainer Maria Rilke, a.a.O., S. 632ff.) arbeitet Stephens die Bedeutung hermaphroditische Motive bei Rilke heraus: Anthony Stephens, Zur Funktion sexueller Metaphorik in der Dichtung Rilkes, in: Zu Rainer Maria Rilke, hrsg. v. Egon Schwarz, Stuttgart 1983, S.69–88.

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  37. Zur narzißtischen Konzeption des Geburtstages vgl. auch Byong-Ock Kim, Die Kindheit-Asthetik des frühen Rilke, in: Blätter der Rilke-Gesellschaft 7/8, 1980/81, S. 21–25.

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  38. Es erscheint uns daher nicht überzeugend, das sich dann im Giebelzimmer vollziehende Spiel mit den Identitäten als Einübung in die gesellschaftliche Konvention zu interpretieren; mit dem Eintreten in das Alleinsein im Giebelzimmer und dem Spielbeginn ist die Grenze zur Konvention bereits überschritten, wie ja auch das Spiel der Vertauschung der Geschlechteridentität in der vorangehenden Aufzeichnung beweist. Eine Einübung in gesellschaftliche Konvention hätte Malte eher an den Uniformen seines Vaters ausprobieren können.

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  39. Diesen Ausdruck gebraucht Rilke im Zusammenhang des Spiegels, in dem in Aufzeichnung 38 die Jungfrau dem Einhorn sein Bild zeigt. Vgl. unten unsere Interpretation der Aufzeichnung 38.

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  40. Unter diesem Gesichtspunkt ist man dann freilich auch versucht, den Verlauf der Paris-Erlebnisse neu zu interpretieren: zur Vollkommenheit der 12. Aufzeichnung bilden die 11. und 13. die seitliche Rundung des Höhepunkts einer aus der Negativität der Paris-Erlebnisse sich erhebenden Hyperbel, deren tragende Kräfte Malte erst in Aufzeichnung 22 erleuchtet einsieht, da ihm in der liebenden Bejahung alles Seienden, auch noch des Entsetzlichsten und Widerwärtigsten, zugleich die Erkenntnis aufgeht, daß das Entsetzliche und das Wunderbare der Liebe nicht geschieden sind, sondern als den extremen Pol der Subjektivität eine einzige, alles umfassende Dimension bilden.

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  41. Vgl. zum Motiv des weißen Blatts oder der weißen Fläche auch die Aufzeichnungen 21, 23, 31, 41 und 42 sowie insbesondere unsere Interpretation dieses Motivs im Rahmen der alchemistischer Elemente dem der Aufzeichnung 44 folgenden Exkurs Ober: Die Aufzeichnungen in der Perspektive des alchemistischen ‚opus‘.

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  42. Die Aufzeichnungen sind ein solcher Spiegel, in dessen fragmentierende und neu zusammensetzende, eigengesetzliche Wirklichkeit Maltes Leben durch sein Schreiben eingeht.

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  43. vgl. zu dieser Spiegelfunktion aber auch Lorna Martens, Mirror an Mirroring, a.a.O.

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  44. Vgl. Seifert, Das epische Werk Rainer Maria Rilkes, a.a.O., S.253f.

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  45. Vgl. Friedrich Nietzsche, Die Geburt der Tragödie, in: F.N., Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, hrsg. v. G.Colli u. M.Montinari, Berlin/New York u. München 1980, Bd.1, S.25ff.

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  46. Vgl. Aufz. 32.4/805 und 5.2/711.

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  47. Das Motiv der ihren Deckel verlierenden Dose wird dann später in den Aufzeichnungen 50–53 wieder aufgenommen. Der Zerfall der Ganzheit hat auch dort katastrophale Folgen, die freilich durchgestanden werden müssen, um durch die Erfahrung dieser Negativität in der Leistung der Kunst die unfaßbare Positivität, Gott vielleicht, zu erahnen.

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  48. Veronika Merz ist darin zuzustimmen, daß die grundlegende Problematik des Werkes durchaus einen religiösen Charakter annimmt (V.M., Die Gottesidee in Rilkes „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, in: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 26, 1982, S. 269–295). Es ist jedoch, will man diese Religösität im Vergleich zum Christentum erkunden, u.a. zu fragen: ob sich gewisse Elemente dieser Religösität, wie die Negativität der orpheischen Asthetik und die starke Diesseitsbezogenheit, die auch die schrecklichsten Seiten noch bejahen will, und die unerreichbare Ferne Gottes, also die Ablehnung absoluter Aufgehobenheit in Gott, seine Umfunktionierung vom Ziel zu einem Weg, nicht auf eine Religiosität ohne Gott zubewegen (ohne sie zu erreichen), wie sie Nietzsche etwa entworfen hat; ob damit nicht die Metaphysik in den Raum der Literatur und in gewisser Weise des Privaten eingeschrieben wird.

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  49. Der Satz: „Als indessen bald darauf mein Interesse umschlug und infolge gewisser Begebenheiten ganz auf Christine Brahe Überging [...]“ (34.3/813), stellt eindeutig einen Bezug zu der bereits in Aufzeichnung 15 erinnerten Gespensterepisode her.

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  50. Vgl. Siegmund Freuds Beobachtung des Kinderspiels in: Siegmund Freud, Jenseits des Lustprinzips, in: S.F., Gesammelte Werke, hrsg. von Anna Freud, E.Bibring, W.Hoffer, E.Krist, 0.Isakower, Londoner Ausgabe, 1976, Bd.XIII, S.11f.

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  51. Vgl. oben S. 140.

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  52. Es fällt schwer, den hier in Aufzeichnung 37 dargestellten Prozeß der Herausbildung der ersten Liebe Maltes zu datieren. Daß sich die erste große Liebe im Alter von zehn oder elf Jahren etwa herausbildet, wie Stahl und Kim mit der biographischen Parallelisierung von Rilkes Besuch der Militärschule in St. Pölten und Maltes Besuch der Adelsakademie zu Sorö suggerieren, darf als unwahrscheinlich angenommen werden (vgl.Stahl, Rilke Kommentar. Zu den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, a.a.O., S.195; Byong-Ock Kim, Rilkes Militärschulerlebnis und das Problem des Verlorenen Sohnes, Bonn 1973, S. 185ff). Zur Zeit der Christine-und Galerieepisode (Aufz. 15 und 34) ist Malte freilich etwa 12–13 Jahre alt und zu diesem Zeitpunkt ist die Mutter bereits jahrelang tot (vg1.15.1/729). In keiner der beiden Entwicklungsstränge, jener der ‚anderen Wirklichkeit‘ oder jener der ‚Liebe‘, wird auf den anderen Bezug genommen, mit Ausnahme der Angabe, daß Malte Abelone ein Jahr nach dem Tode der Mutter zuerst bemerkt habe. Wenn die Themen des Schreckens und der Liebe schon in Aufzeichnung 22 und 23 ihre enge Zusammengehörigkeit beweisen, ist es auffällig, daß Malte etwa zwischen Christine-/Galerie- und Abelone-Episode keinerlei Verbindung herstellt. Das würde auf eine klare zeitliche Trennung deuten. Das Jahr nach dem Tod der Mutter ist freilich auch das Jahr des Todes von Großvater Brigge. Zieht man hinzu, daß Malte die Lektüre der Klassiker im Liebessommer mit Abelone in Aufzeichnung 56 für verfrüht hält angesichts seines Alters, so dürfte er 1516 Jahre noch nicht überschritten haben. Mit etwa 13–15 Jahren dürfte daher diese Episode zeitlich etwa angesetzt werden. - Es ist klar, daß hier die Erlebniswelten des Schreckens und der Liebe deutlich getrennt werden sollen. Malte beschreibt in wenigen Absätzen vielmehr einen Prozeß, der sich, versucht man den chronologischen Hintergrund zu rekonstruieren, über eine Reihe von Jahren erstreckt haben dürfte. Es ist, als schäle sich die Liebe aus einer Reihe von Schichten heraus: erst aus der Konvention und dem Unsympathischen in Abelone, dann die Sphäre des unfertigen Innern, in der der Liebe Bett bereitet wird, dann die Transparenz auf die Mutter hin, dann das Leiden der Erfahrungen auf Sorb, die Malte fur die Liebe vorbereiten, als bis der Wechsel, das Eintreten der großen Liebe in ihrer Unvergänglichkeit durch den Wechsel der Erzählung von Abelone in der dritten Person und durch den Zeitsprung von der Vergangenheit in die Gegenwart des Dialogs mit Abelone angezeigt wird.

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  53. So wird in Aufzeichnung 39 den Männern, die ihren Anteil an der Liebe nicht geleistet haben, „Zerstreutheit“ vorgeworfen (vgl. 39.5/832).

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  54. Vgl. dazu oben Anm. 36.

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  55. In der Kritik der fachlich-spezialistischen Sicht dieser Teppiche, wie sie in der folgenden Aufzeichnung anklingt, mag die gelehrte Interpretation der Wandteppiche geradezu abgelehnt und als inadäquat gewertet sein: „Die jungen Leute halten sich kaum auf, es sei denn, daß das irgenwie in ihr Fach gehört, diese Dinge einmal gesehen zu haben, auf die oder jene bestimmte Eigenschaft hin.“ (39.1/830) Der gelehrten Sicht fehlt das einigende, produktive Prinzip, das Malte für sie in der Interpretation als Bilder der Liebe gefunden hat.

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  56. Das meint durchaus die Interpretation der Teppiche auf die Liebeskonzeption im Malte, wie auch Dédéyan sie vornimmt, greift wesentlich weiter als der unmittelbare Bezug auf die Abelone-Figur vor allem. Vgl. Charles Dédéyan, Rilke et la France. Tome IV, Paris 1963, S.319–336.

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  57. Von hierher ist es dann nur noch ein Schritt, um die Insel als ‚hortus conclusus‘ der Kunst zu verstehen, wie J. Ryan, Horti Conclusi: Metaphern des Mittelalters bei Rilke, in: Das Weiterleben des Mittelalters in der deutschen Literatur, hrsg. von James F. Poag und Gerhild Scholz-Williams, Königstein/Ts. 1983, S.163.

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  58. Nach von Dédéyan zitierten Henri Martin sind die Züge der dargestellten Dame auf allen Bildern verschieden. Vgl. Dédéyan, Rilke et la France, Tome IV, a.a.O., S. 323. Dieser Hinweis auch bei Stahl, Rilke Kommentar. Zu den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, a.a.O., S.196.

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  59. Beide Tiere stellen im Rahmen der Alchemie bei der „chymischen Hochzeit“ Symbole des Mercurius dar. Vgl. Carl Gustav Jung, Psychologie und Alchemie, in: C.G.J., Gesammelte Werke Bd. 12, Olten und Freiburg i.Br. 1972, S.527; zum Einhornmotiv als Paradigma der Alchemie vgl. ebda. S. 495–537. Vgl. auch unseren Exkurs unten im Anschluß an die Interpretation der Aufzeichnung 44 über: Die Aufzeichnungen in der Perspektive eines alchemistischen ‚opus‘.

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  60. Vgl. Lurker 1988, S. 475; Jean Chevalier u. Alain Gheerbrant, Dizionario dei Simboli, Milano 1986, Bd.2, S.44f.

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  61. Zur alchemistischen Bedeutung des Mondes als Symbol des ‚albedo‘-Zustandes, der zum ‚rubedo‘ gesteigert wird, vgl. unseren Exkurs unten im Anschluß an die Interpretation der Aufzeichnung 44 über: Die Aufzeichnungen in der Perspektive eines alchemistischen ‚opus‘.

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  62. Vgl. Stahl, Rilke Kommentar. Zu den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, a.a.O., S.196, u. Dédéyan, Rilke et la France, Tome IV, a.a.O., S.

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  63. Zum berühmten ‚Falkenlied‘ des Kürenbergers und zum Falkenmotiv in der Dichtung des Mittelalters vgl. u.a. Hermann Schneider, Heldendichtung - Geistlichendichtung - Ritterdichtung, Heidelberg 1943, S.430ff; Herbert Walz, Die deutsche Literatur im Mittelalter, München 1976, S.311; Karl Bertau, Deutsche Literatur im europäischen Mittelalter, Bd.1, München 1972, S.366f; Peter Wapnewski, Deutsche Literatur des Mittelalters, Göttingen 1980, S.81; W.Frey, W. Raitz u.a., Einführung in die deutsche Literatur des 12.-16. Jahrhunderts. Bd.1: Adel und Hof, Opladen 1979, S.88ff.

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  64. Vgl. Wörterbuch der Symbolik, hrsg. v. Manfred Lurker, Stuttgart 1988, S.501, Stichwort ‚Narr‘.

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  65. „In Blatt und Frucht der Nelke erkannte man die Nägel der Kreuzigung Christi, so daß sie von daher zum Symbol der Passion wurde. Häufig sind Darstellungen der Nelke (meist Karthäusernelke) auf Madonnenbildern.“ In: Gerd Heinz Mohr, Lexikon der Symbole. Bilder und Zeichen der christlichen Kunst, Düsseldorf/Köln 1981, S.221. Daß die Nägel der Nelke die blutigen Nägel des Kreuzes Christi bedeuteten, wird vom Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens hingegen der Kunstsage zugeschrieben. Außerdem aber sollen böhmischer - und Rilke also möglicherweise bekannter - Sage nach wilde Nelken den Tränen Marias entsprossen sein, vgl. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, hrsg. von Hanns Bächtold Stäubli, Berlin u. Leipzig 1934/35, Bd. VI, S.1002f.

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  66. Vgl. Ryan, Horti conclusi, a.a.O., S. 163.

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  67. Hierher gehört der oben schon anläßlich der Spiegelsymbolik auf den Seiten 161, 163 171, 176, Rilke geliehene Ausdruck, der das in den Sonetten an Orpheus (R.M.R., Sämtliche Werke Bd.I, S. 772) wiederaufgenommene Bild so kommentiert: „Das Einhorn hat alte, im Mittelalter immerfort gefeierte Bedetuutngen der Jungfräulichkeit: daher ist behauptet, es, das Nicht-Seiende für den Profanen, sei, sobald es erschiene, in dem ‚Silber-Spiegel‘, den ihm die Jungrau vorhält (siehe: Tapisserien des XV.Jahrhunders) und ‚in ihr‘, als in einem zweiten ebenso reinen, ebenso heimlichen Spiegel.“ Zitiert nach August Stahl, Rilke Kommentar. Zu den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, a.a.O., S.196.

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  68. Vgl. den Zusammenhang dann mit dem nächsten Bild und Anm.69.

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  69. Ein ähnlich paradoxer Zusammenhang, der dann auch die Hervorhebung des für seine Vermehrungstätigkeit sprichwörtlich bekannten Kaninchens auf dem vorangehenden Bild verständlicher werden läßt und unsere Interpretation stützt, findet sich in der folgenden Aufzeichnung 39, wo es von den großen Liebenden heißt: „Gebärende, die nie gebären wollten, und wenn sie endlich starben nach der achten Geburt, so hatten sie die Gesten und das Leichte von Mädchen, die sich auf die Liebe freuen.“ (39.5/833) Im Zusammenhang ihrer Untersuchung der Spiegelsymbolik hat Lorna Martens für das ‚Spiegelgedicht‘ Orpheus II,3 ein ähnliches Paradoxon ausgemacht und als illogische Spannung interpretiert, wo eine sexuelle Vereinigung, die immer schon in der Vergangenheit stattgefunden hat, als zukünftiges Ereignis genommen wird, das die Schönheit zerstört: „wird bleiben [...] bis eindrang“ (R.M.R., Die Sonette an Orpheus, Zweiter Teil, III, in: R.M.R., Sämtliche Werke, a.a.O., Bd.1, S.752). Lorna Martens, Mirror and mirroring, a.a.O., S. 144f.

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  70. Carl Gustav Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.499. Zugleich kehrt natürlich auch die Konzeption androgyner Vollkommenheit in diesem Bild wieder; vgl. dazu oben die Androgynität der Stimme Abelones in Aufzeichnung 37 sowie unsere Anmerkung 36 zur Androgynität in Aufzeichnung 31.

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  71. Vgl. Judith Ryan, Horti conclusi, a.a.O.

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  72. Der Unterschied betrifft allenfalls die Zeitlichkeit. Den Dingen ist eine andere, meist längere, aber keineswegs unbedingt ewige Zeitlichkeit beschieden, da auch sie zerstört werden können. Vgl. beispielsweise das Schicksal der Dinge im Sterbezimmer der Mutter des Kammerherrn Brigge in Aufzeichnung 8.3–6/715ff.

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  73. Vgl. Stahl Rilke Kommentar. Zu den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, a.a.O., S.197.

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  74. Den Terminus „subtile Wirklichkeit“ übernehmen wir von Carl Gustav Jung. Er soll im Rahmen der wesentlich als Projektionserlebnis des Artifex interpretierten Alchemie jene ‚Wirklichkeit‘ darstellen, in der Materielles und Geistiges, Physisches, Metaphysisches und Psychisches eine untrennbare Einheit bilden, die nur noch symbolisch darstellbar ist, bzw. der die ‚alltägliche‘, ‚sichtbare‘ ‚Wirklichkeit‘ zum Symbol der „jenes Zwischenreich subtiler Wirklichkeit“ wird. Vgl. Carl Gustav Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 328.

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  75. Die in diesem Satz benutzten Worte ‚Einbildung‘ und ‚Erzählen‘ sind, typisch für die Aufzeichnungen, hier in ihrem landläufigen Gebrauch benutzt, von dem ihr anderwärts eigener, eminenter Sinn, der sich hinter dem landläufigen auf diese Weise verbirgt, scharf zu unterscheiden ist.

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  76. Zum Lichtmotiv und zur Lichtmystik vgl. u.a.auch die Aufzeichnungen 11, 12, 22, 56, 69, 70.

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  77. Vg. E. Benz, Swedenborg und Lavater. Ober die religiösen Grundlagen der Physiognomik, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte (Gotha/Stuttgart) 1938, S. 153–216.

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  78. Vgl. Wörterbuch der Symbolik, hrsg. v. Manfred Lurker, Stuttgart 1988, S. 472ff.

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  79. In der Alchemie besitzt der Diamant die Bedeutung des Ecksteins, der - übereinstimmend mit unserer Interpretation - nach Angelus Silesius gelassen werden muß, um über ihn hinaus zum Goldstein zu kommen. Vgl. Jean Chevalier u. Alain Gheerbrant, Dizionario dei Simboli, Milano 1986, Bd.1, S.379, u. Bd.2, S. 216.

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  80. S. die vorangehende Anmerkung.

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  81. Vgl. dazu unsere Interpretation der Auffelchnungen 39 und 64.

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  82. Vgl.: „Der Graf, bebend, stand und machte eine Bewegung, als stellte er etwas in den Raum hinein, was blieb./In diesem Moment gewahrte er Abelone./‚Siehst du ihn?‘ herrschte er sie an. Und plötzlich ergriff er den einen silbernen Armleuchter und leuchtete ihr blendend ins Gesicht./Abelone erinnerte sich, daß sie ihn gesehen habe.“ (44.16/850)

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  83. Vgl. Carl Gustav Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O.; sowie Carl Gustav Jung, Studien aber alchemistische Vorstellungen, in: C.G.Jung, Gesammelte Werke, 13. Band, hrsg. von L.Jung-Merker u. E. Rüf, Olten und Freiburg 1978. - Brauchbare Hinweise zur Symbolik der Alchemie geben auch: Julius Evola, La tradizione ermetica, Bari 1931; Jean Chevalier und Alain Gheerbrant, Dizionario dei Simboli, Milano 1986 (Original französisch unter dem Titel: Dictionnaire des Symboles, Paris 1969); Wörterbuch der Symbolik, hrsg. v. Manfred Lurker, Stuttgart, 1988.

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  84. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., 5.328.

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  85. Vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 352ff.

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  86. Vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.279.

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  87. Vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 282ff.

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  88. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 282.

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  89. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 328.

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  90. Vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.512.

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  91. Vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.313f.

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  92. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 388.

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  93. Vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 389.

    Google Scholar 

  94. Vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 384.

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  95. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 323.

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  96. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 320.

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  97. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 323f.

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  98. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 323f.

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  99. B.Haage verneint „mehr als eine streckenweise Parallelität“ zwischen Mystik und Alchemie mit dem Hinweis, daß es der Alchemie um Naturbeherrschung mittels göttlicher Erleuchtung gehe, „während der Mystiker in dieser Welt ohne die Welt das Einswerden mit Gott ersehnt oder auch wirklich erlebt“. In: B. Haage, Stichwort Alchemie, in: Peter Dinzelbacher (Hrsg.), Wörterbuch der Mystik, Stuttgart 1989, S.10. Haage wäre einerseits mit Jung entgegenzuhalten, daß die Naturbeherrschung seitens der Alchemie nie ‚real‘ erreicht worden ist, es also um anderes, im Grunde um das Projektionserlebnis des eigenen Unbewußten ging; darüberhinaus bleibt die Frage offen, inwieweit das ‚opus‘ der Alchemie nicht nur in der Entsprechung von Physischem und Psychischem die Person des Alchemisten miteinbezieht, sondern auch am Ende zu einer Einheit führt, in deren Vollendungs-und Ewigkeitsdimension alle Gegensätze versöhnt und also auch die Subjektivität des Alchemisten aufgehoben wäre. Der Mystik gegenüber wäre andererseits zu unterstreichen, daß im Zugehen auf Gott zwar Ichheit und Welt verlassen wird, damit aber die Welt in ihrer Negativität, im Prozeß ihres Verlustes eben Ausdruck der Annäherung an Gott werden kann. Gerade weil die ‚unio‘ mit Gott schon in dieser Welt erreicht werden soll, ist „diese Welt“ zumindest in ihrer Negativität, aber auch etwa im Sprachmaterial, das zum Ausdruck der Annäherung der ‚unio‘ oder zuweilen gar zum Ort ihres Erlebens wird, gegenwärtig.

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  100. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.323.

    Google Scholar 

  101. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.324.

    Google Scholar 

  102. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.327.

    Google Scholar 

  103. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.328.

    Google Scholar 

  104. Vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.42.

    Google Scholar 

  105. Vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.279.

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  106. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S.285.

    Google Scholar 

  107. Zur Androgynie vgl. auch Aufz. 31, 37, 38, 57, 67, 68, 69.

    Google Scholar 

  108. Zum Einhornmotiv vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 495ff; zu dem auch von Malte beschriebenen Wandteppich vgl. S. 527f.

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  109. Das Prinzip der Widerständigkeit, das ja auch Malte bei seinem Untergang in Paris kennzeichnet, wird vor allem in den Aufzeichnungen 53 und 60 hervorgehoben.

    Google Scholar 

  110. Vgl. Jung, Psychologie und Alchemie, a.a.O., S. 497f.

    Google Scholar 

  111. Vgl. dazu unsere Interpretation der Aufzeichnungen 50–53.

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  112. Vgl. dazu unsere obige Interpretation der Aufzeichnung 44.

    Google Scholar 

  113. Vgl. dazu Aufzeichnung 64.

    Google Scholar 

  114. Vgl. 45.6/853; 45.7/853; 45.12/855.

    Google Scholar 

  115. Zur Abschrift als Aneignung bei Malte vgl. Aufz. 18.7, S.756.

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  116. Vgl. beispielsweise Herders Konversationlexikon, Freiburg i.Br. 1905.

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Kruse, B.A. (1994). Die Kindheitserinnerungen. In: Auf dem Extremen Pol der Subjektivität. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87381-1_6

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