Zusammenfassung
Nach allem, was wir wissen, entstand das Käthchen von Heilbronn während Kleists Dresdner Aufenthalt (Ende August 1807 — Ende April 1809). Im Herbst 1807 hat er an dem Schauspiel gearbeitet, es bis Anfang Juni 1808 in einer ersten Fassung abgeschlossen, aus der zwei Fragmente im Phöbus veröffentlicht wurden, und das Stück später, bis zur Buchausgabe des Jahres 1810, noch einmal oder mehrfach umgearbeitet.1 Während jener Dresdner Zeit vollzog sich etwas grundlegend Neuartiges in Kleists dichterischer Entwicklung: er versuchte, sich als freier Schriftsteller zu etablieren. Zusammen mit Rühle von Lilienstern, Adam Müller und Ernst von Pfuel wollte er ein Privileg für eine Buchhandlung erwerben, um seine Werke im Selbstverlag herauszugeben. An seine Schwester Ulrike schrieb er, er wolle »den Gewinn« aus seiner Tätigkeit nicht länger »andern überlassen«, er wolle nunmehr »nach dem Vorbild der Fugger und Medicis« in das Geschäft einsteigen (II, 790). Diese signifikante Berufung auf die spätmittelalterlichen Handelskapitalisten ist sehr aufschlußreich für die Situation und das Selbstverständnis Kleists, der die bürgerlich-kapitalistischen Bedingungen der »freien« Schriftstellerei reflektiert und in ihnen Fuß zu fassen sucht. In diesem Sinn versteht er sich auch als »Geschäftsmann« (II, 798), ebenso, wie er später vom »Geschäft des Dichtens« spricht (II, 829).
Dieser Beitrag geht zurück auf Abschnitt II der Darstellung »Beerben oder Enterben? Probleme einer gegenwärtigen Aneignung von Kleists Käthchen von Heilbronn« (vgl. die bibliographischen Angaben in den Drucknachweisen). Aneignungs- und Rezeptionsfragen wurden mit Quellen dokumentiert und erörtert in Grathoff 1977 und Grathoff 1979, deshalb konnte auf die Wiedergabe der einschlägigen Teile bei diesem Nachdruck verzichtet werden.
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Grathoff, D. (2000). Schönheit und Häßlichkeit als ästhetisches Problem im Käthchen von Heilbronn. In: Kleist: Geschichte, Politik, Sprache. Kulturwissenschaftliche Studien zur deutschen Literatur. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87360-6_10
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