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Wiedervereinigungsaufgaben und andere Probleme in Berlin

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Book cover Die regierbare Stadt
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Zusammenfassung

Das Besondere an der Berliner Fallstudie zeigt sich bei dem Versuch, das für die Stadt größte Problem zu ermitteln. Anders als in New York und London steht im Untersuchungszeitraum in Berlin keine Thematik eindeutig an der Spitze der lokalen Agenda. Zur Untersuchungsaufgabe im Berliner Fall gehört folglich die Frage, warum dies so ist. Gab es kein Hauptproblem oder konnte sich keines herauskristallisieren? Weder die Berliner Politik noch die lokalen Medien konzentrierten sich im Untersuchungszeitraum auf ein hervorstechendes Problem als wichtigste stadtpolitische Aufgabe. Mit Blick auf die historischen Verhältnisse lässt sich jedoch argumentieren, dass Berlin in den vergangenen zehn Jahren von der Wiedervereinigung geprägt wurde. Die Bewältigung der Folgen des Mauerfalls muss seit 1990 als wichtigste politische Aufgabe des Berliner Senats betrachtet werden. Ich weise noch einmal darauf hin, dass es mir nicht darum geht, eine absolute, objektive Wirklichkeit festzuhalten. Ich bezweifle, dass dies überhaupt möglich wäre. Mein Ziel besteht an dieser Stelle darin zu skizzieren, wie sich die lokale Problemlage außenstehenden Beobachtern und lokalpolitischen Akteuren dargestellt hat und wie die lokale Politik sich zu dieser perzipierten Problemlage verhalten hat. Gemäß dieser Prämisse fehlte den lokalpolitischen Akteuren in Berlin der erkennbare Fokus auf das zentrale Problem der räumlichen und gesellschaftlichen Integration der beiden Stadthälften. Selbst wenn man alle stadtpolitischen Aufgaben in Berlin nach 1990 als Elemente der Vereinigungspolitik interpretierte, vermisst man die explizite politische Zusammenfassung der städtischen Aufgaben und politischen Strategien unter eine richtungsweisende Zielgröße. Die Vollendung der Wiedervereinigung oder die Integration ganz Berlins hätten sich als eine solche Zielgröße verwenden lassen, die für viele städtische Probleme eine Erklärung geboten hätte, die viele Lasten für die Bevölkerung akzeptabel gemacht hätte und deren Erreichen in vielen Schritten politisch hätte erarbeitet und dokumentiert werden können. Ein solcher strategischer Umgang mit den enormen Umwälzungen, die nach der Wende auf die Stadt zukamen, lässt sich jedoch nicht beobachten. Statt dessen erscheint Berlin als eine Stadt ohne zentrales Problem. Ich will diese Einschätzung im folgenden Abschnitt kurz begründen (6.1) Nun liegt der Einwand nahe, dass durch die Fülle der wiedervereinigungsbedingten Aufgaben die Gefahr negativer Politikergebnisse groß ist und diese Themen daher unter politisch-strategischen Gesichtspunkten riskant sind. Eine öffentlichkeitswirksame Themensetzungspolitik zahlt sich für die politischen Akteure nur aus, wenn die ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückte Aufgabe mit einiger Sicherheit auch sachlich positive Ergebnisse nach sich ziehen wird. Anderenfalls müssen die politischen Akteure mit negativen Sanktionen durch die Bevölkerung rechnen. Ich werde diese Überlegungen im Zusammenhang mit der Agenda-Setting-Diskussion ausführlicher darstellen. Hier will ich nur festhalten, dass es nicht auszuschließen ist, dass die politischen Akteure in Berlin ganz absichtsvoll die Wiedervereinigungsproblematik in die tagespolitische Normalität eingeordnet haben. Diese Vermutung sollte bei der folgenden Betrachtung mitgedacht werden. Wenn allerdings aktive Dethematisierung angenommen werden soll, dann müßte es in anderen Bereichen der Lokalpolitik Hinweise auf aktive Thematisierungsstrategien geben. Will ein politischer Akteur ein bestimmtes Thema von der Agenda fernhalten, ist es für ihn rational, die lokalpolitische Tagesordnung mit einem oder mehreren anderen Themen zu besetzen. Denn die Besetzung der lokalen Agenda mit einem bestimmten Thema bedeutet immer deren Nicht-Besetzung mit einem anderen. Wie sich am Beispiel der Verkehrspolitik zeigen lässt, wäre dazu in Berlin Gelegenheit gewesen (6.2).

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© 2002 Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden

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Nissen, S. (2002). Wiedervereinigungsaufgaben und andere Probleme in Berlin. In: Die regierbare Stadt. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87347-7_6

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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