Zusammenfassung
Jeden Sonntag zwischen 11:00 und 13:00 Uhr qietscht das „Phrasenschwein“. Mit fünf Mark sind sie dabei, die Gäste des Fußballstammtischs im Deutschen Sportfernsehen (DSF). Für einen „guten Zweck” werden die Sportjournalisten in der zweistündigen Talkrunde für jede Floskel der Güteklasse „Entscheidend is’ auf m Platz“, „Der Pokal hat seine eigenen Gesetze”, „Das Spiel dauert 90 Minuten“, „Der nächste Gegner ist immer der schwerste” oder „Man muss über den Kampf zum Spiel finden“ zur Kasse gebeten. Eine nachahmenswerte Idee, um manch vollmundig vorgetragene, aber doch eigentlich nichtssagende Plattitüde auch als solche zu entlarven. Vor allem auch deshalb, weil die rhetorische Verbalakrobatik durch den Ausbau der Sportberichterstattung ebenfalls enorm zugenommen hat, auch ein Reflex auf die steigende gesellschaftliche, ökonomische und publizistische Relevanz des Sports. Empirische Studien der Kommunikationswissenschaft, der Freizeitforschung und der Sportpublizistik weisen seit Jahren nach, dass sich die Menschen noch intensiver als bisher mit dem aktiven Sporttreiben und dem passiven Sportkonsum beschäftigen werden. „Die Faszination des Sports ist ungebrochen, er bleibt wichtigster Faktor der personalen Kommunikation, wichtigster wirtschaftlicher Faktor der Medien und wichtigste Freizeitbeschäftigung” (Hackforth/Schaffrath 1998: 248). Der Tübinger Sportwissenschaftler Helmut Digel spricht in diesem Kontext sogar von der „Versportlichung der Gesellschaft“ (Digel/ Burk 2001: 16). Und der Landauer Kommunikationspsychologe Uli Gleich stellt die Frage: „Befinden wir uns auf dem Weg in eine Sportgesellschaft?” (Gleich 2000: 511), die man guten Gewissens bejahen und wissenschaftlich belegen kann: „Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft ade, Informations- und Freizeitgesellschaft passé, das Dritte Jahrtausend wird für die Bundesrepublik Deutschland das Zeitalter der Sportgesellschaft” (Hackforth/Schaffrath 1998: 248).
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Literatur
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Schaffrath, M. (2002). „5 Mark ins Phrasenschwein“. In: Tenscher, J., Schicha, C. (eds) Talk auf allen Kanälen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87341-5_12
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