Zusammenfassung
Ein beeindruckendes Plädoyer für ein intersubjektivistisch begründetes Konzept “gegenseitigen Anerkennens” vor dem Hintergrund einer feministischen Kritik instrumenteller (= männlicher) Rationalität hat Jessica Benjamin vorgelegt.1 Benjamins Entwurf einer Anerkennungstheorie stützt sich sowohl auf empirische Befunde über die frühkindliche Entwicklung der Beziehungskonstellation zwischen Kindern, ihren Müttern und Vätern, wie auf eine Revision der klassisch freundianischen Prämissen der psychoanalytischen Theorie durch die feministische Kritik. Sie sucht nachzuweisen, wie aus einem mißlingenden präödipalen Differenzierungsprozeß und die Idealisierung des Vaters in der Ablösung des Kindes von der Mutter ein (mögliches) Gleichgewicht zwischen Selbständigkeit und Abhängigkeit, zwischen Selbstbehauptung und Anerkennung zerstört wird und ein Kreislauf negativer Anerkennung entsteht, aus dem sich — durch eine polare Geschlechterdifferenzierung und die Verdinglichung der Frau zum Objekt — basale gesellschaftliche Dualismen und Herrschaftsformen erklären. Herrschaft und Unterwerfung werden als spezifische soziale Formen eines grundlegenden gesellschaftskonstitutiven Gehaltes, dem gegenseitigen Anerkennens, Herrschaft als Verformung des Wunsches nach Anerkennung dechiffriert. Darin knüpft Benjamins feministische Kritik sozialisationstheoretisch an den Marxschen ökonomiekritischen Ansatz einer Form- und Fetischtheorie der Konstitution sozialer Formen als fetischisierter und verdinglichter sozialer Gehalte und gesellschaftlicher Spaltungs- und Polarisierungsprozesse an.
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© 1999 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen/Wiesbaden
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Brentel, H. (1999). Gegenseitiges Anerkennen als Vision jenseits polarisierter Welten bei Jessica Benjamin. In: Soziale Rationalität. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87324-8_20
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-87324-8_20
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13362-1
Online ISBN: 978-3-322-87324-8
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