Zusammenfassung
Georg Simmeis Arbeiten zur Soziologie der Emotionen sind zumeist ‘analytische Deskriptionen’ (Nedelmann) geblieben. Die Gegenwartssoziologie kann allerdings vom Innovationspotenzial seiner Perspektive gewiss auf verschiedenen Gebieten profitieren (vgl. Nedelmann 1983, 1984; Gerhards 1988). Simmel zeigt, dass Gefühle zur Bestandssicherung des Sozialen beitragen und dass die affektive Dimension das soziale Band festigt. Im Rahmen seiner differenzierungstheoretischen Arbeiten zu Modernisierung und Individualisierung hebt Simmel zunächst einmal darauf ab, dass emotionales Handeln in der modernen Gesellschaft nicht einfach zurückgeht, sondern dass es sich teilsystemisch gliedert und bereichsspezifisch eine integrative Funktion übernimmt (Simmel 1890a, 1890b, 1900, 1908, 1917). Hierbei unterscheidet Simmel nach primären und sekundären Gefühlen. Während die ersteren Wechselwirkungen erzeugen, sind die letzteren Resultate von Wechselwirkungsprozessen. Den primären Gefühlen kommt in diesem Zusammenhang die Funktion einer grundlegenden Konstruktionsform zu, die Unterscheidungspotenziale zur Erzeugung sozialer Wirklichkeit enthält und insofern regulativ ist. Im Rahmen seiner geldtheoretischen Untersuchungen fasst Simmel Geld und Intellekt als funktional äquivalente Konstruktionsformen für Gefühle.1
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Wobbe, T., Trüller, D. (1999). Georg Simmels Soziologie emotionaler Vergemeinschaftungen. Zu Gruppenbildungen in der rechten Skinheadszene. In: Klein, A., Nullmeier, F. (eds) Masse — Macht — Emotionen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87317-0_8
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