Zusammenfassung
Im 2. Buch des 2. Bandes des Hyperion berichtet der Titelheld von einer Zwischenstation auf seiner Reise nach Deutschland:
»Und nun sage mir, wo ist noch eine Zuflucht? — Gestern war ich auf dem Aetna droben. Da fiel der große Sicilianer mir ein, der einst des Stundenzählens satt, vertraut mit der Seele der Welt, in seiner kühnen Lebenslust sich da hinabwarf in die herrlichen Flammen, denn der kalte Dichter hätte müssen am Feuer sich wärmen, sagt’ ein Spötter ihm nach.« (II, 109)
Zumeist wird diese Reminiszenz als Beleg dafür gelesen, daß sich Hölderlin während der Fertigstellung des 2. Bandes des Hyperion gedanklich bereits mit einem anderen Werk beschäftigt, seinem Trauerspiel Der Tod des Empedokles. In diesem Kontext gilt die Hyperion-Passage als eine wichtige Quelle, die Aufschluß gibt über die Motive und die Intentionen, die Hölderlin mit dem dramatischen Werk verbindet. So sei hier die ursprüngliche Faszination durch die Legende vom Ätnatod greifbar1, die als »Keimzelle« für Hölderlins dramatisches Projekt angesehen wird.2 Zum anderen verdeutliche der Text Hölderlins Haltung gegenüber der Überlieferung; im Unterschied zu dem »Spötter« Horaz nehme er die Todeslegende ernst.3 Die grundlegende Intention der dramatischen Dichtung hat man aus diesen beiden Aspekten verstanden: wenn Hölderlin ein Trauerspiel schreibe, dann um die Legende so zu dramatisieren, daß Empedokles’ Tod im Ätna einen neuen, einen tragischen Sinn erhalte.4 Als frühes Dokument wurde diese Passage so zum Angelpunkt für das Verständnis des gesamten Trauerspiels; ihr entnahm man den interpretatorischen Leitfaden für die drei Entwürfe, die Frage nach der Begründung des Todes. Ist Hyperions Erinnerung an Empedokles also vor allem eine Erklärung in eigener Sache? Formuliert Hölderlins Romanheld hier die verbindliche Lesart von Hölderlins tragischem Helden? Ein Querverweis ist diese Passage, allerdings in einem anderen Sinn.
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Literatur
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Birkenhauer, T. (1998). Hyperion auf dem Ätna — »[…] oder wie du es sonst noch heißen magst« Modalitäten indirekten Sprechens. In: Bay, H. (eds) Hyperion — terra incognita. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87304-0_9
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