Zusammenfassung
Neuere Ansätze der deliberativen Demokratie postulieren eine zunehmende Arbeitsteilung und Spezialisierung in den Kommunikationen und den Rollen der öffentlichen Meinungsbildung in modernen westlichen Demokratien (Page et al. 1987; Page 1996a). Zu den Spezialisten der Vermittlung politischer Probleme gehören neben den politischen Experten auch die Medien. Ihre Aufgabe ist es nicht nur, die bestmöglichen Informationen zu sammeln, zu filtern und zu verbreiten, sondern auch die Prozesse der Politikformulierung und Entscheidungsfindung kritisch zu begleiten (Page 1996a, S. 6). Die Rolle der Medien beschränkt sich in diesem Diskurs nicht nur auf eine quasi „neutrale“ Vermittlungsleistung. Sie interpretieren und bewerten die Ereignisse, Sachverhalte und Meinungen, die sie transportieren. Meinungsäußerungen der Medien sind häufig Gegenstand von öffentlicher Kritik, und Medienmeinung als solche wird oft eher undifferenziert als problematischer „Bias“ denn als legitime Meinungsäußerung betrachtet. Aus der Perspektive von Ansätzen zur deliberativen Demokratie sind Medien aber autonome Akteure der politischen Kommunikation, sofern sie als Sprecher mit eigener Stimme und offenem Visier auftreten und bei Nutzung ihrer normativ zugewiesenen Kontroll- und Kritikfunktionen die politische Meinungsbildung der Bevölkerung und des politischen Systems explizit zu beeinflussen versuchen. Das Problem ist ein verdeckter Bias in der Berichterstattung, der durch Konfundierung von Nachricht und Parteinahme entsteht, nicht die Parteinahme an und für sich.
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Eilders, C., Neidhardt, F., Pfetsch, B. (1997). Pressekommentare und öffentliche Meinung. In: Schatz, H., Jarren, O., Knaup, B. (eds) Machtkonzentration in der Multimediagesellschaft?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87303-3_11
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