Zusammenfassung
In langfristigen Zulieferbeziehungen zwischen Unternehmen ist ein kooperatives, von gegenseitigem Vertrauen geprägtes Verhalten der Parteien von besonderer Bedeutung. Dies liegt insbesondere an der Notwendigkeit spezifischer Investitionen, die Zulieferer und/oder Abnehmer zu Beginn einer Lieferbeziehung durchzuführen haben. Spezifische Investitionen können vielerlei Formen annehmen: In der Automobilindustrie zum Beispiel wird von Zulieferern häufig verlangt, eine Fertigungsstätte in unmittelbarer Nähe zum Automobilproduzenten zu errichten. Ebenfalls aus der Automobilindustrie sind Bestrebungen bekannt, spezielle Forschungs- und Entwicklungsaufgaben zu Zulieferern zu verlagern. Die Anschaffung von Spezialmaschinen oder die Installation einer Schnittstelle zur Datenverarbeitung des jeweiligen Partners stellt ebenfalls eine spezifische Investition dar. Andere Beispiele für spezifische Investitionen sind der Bau von Pipelines im Öl- bzw. Erdgasgeschäft oder die Errichtung von Kraftwerken in unmittelbarer Nähe zu Kohlevorkommen. Investitionen der oben beschriebenen Art machen die investierende Partei von der jeweils anderen Partei in besonderer Weise abhängig, weil die Investition für Lieferbeziehungen mit dritten Parteien keinen Wert hat. Dies könnte eine Vertragspartei ausnutzen, indem sie versucht, sich durch Neuverhandlungen die ex-ante geplanten Erträge der spezifischen Investition anzueignen. Antizipation derartigen Verhaltens führt dazu, daß spezifische Investitionen entweder gar nicht oder nur in ineffizient geringem Maße durchgeführt werden, wodurch sich beide Parteien ex ante schlechter stellen. Diese Problematik wird in der ökonomischen Literatur als „Holdup-Problem“ bezeichnet (vgl. Klein/Crawford/Alchian 1978; Williamson 1985). Um dem Holdup-Problem entgegenzuwirken, müssen Mechanismen installiert werden, die ex post kooperatives Verhalten garantieren und bei einer investierenden Partei das zu spezifischen Investitionen notwendige Vertrauen entstehen lassen. Mechanismen dieser Art werden in diesem Beitrag insbesondere unter Kostengesichtspunkten diskutiert. Die Kernaussagen des Aufsatzes werden anhand eines zweistufigen Modells abgeleitet, das die Lieferbeziehung zwischen einem Zulieferer und einem Abnehmer abbildet. Es kann kurz wie folgt skizziert werden: Die erste Stufe besteht aus der Investitionsentscheidung des Zulieferers. Bevor dieser investiert, schließen Abnehmer und Zulieferer einen Vertrag, der Regelungen bezüglich Menge und Preis der zu liefernden Produkte und andere Klauseln enthalten kann. Der Vertrag sollte jedoch nur solche Klauseln enthalten, die auch von einer dritten Partei zu verifizieren sind, weil ansonsten die Durchsetzbarkeit des Vertrages im Streitfall nicht gegeben ist. Diese Restriktion betrifft im Modell zum einen Klauseln, die auf bestimmte Umweltbedingungen nach Durchführung der Investitionen abzielen, zum anderen Klauseln, die ein bestimmtes Investitionsniveau vorschreiben. Sowohl die Umweltbedingungen, die zu Beginn der zweiten Stufe Zulieferer und Abnehmer bekannt werden, als auch der Umfang der spezifischen Investitionen sollen im folgenden annahmegemäß für ein Gericht, einen Notar oder einen Schlichter nicht beobachtbar sein. Dadurch handelt es sich bei dem Vertrag der ersten Stufe um einen unvollständigen Vertrag, dessen Anreizwirkungen Gegenstand einiger Arbeiten aus der jüngeren Literatur sind (vgl. z.B. Hart/Moore 1988; Aghion/Dewatripont/Rey 1994; Nöldecke/Schmidt 1995; Edlin/Reichelstein 1996).
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Literatur
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© 1999 Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden
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Wielenberg, S. (1999). Die Absicherung von Kooperationen in Zulieferbeziehungen. In: Engelhard, J., Sinz, E.J. (eds) Kooperation im Wettbewerb. Gabler Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86918-0_12
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-86918-0_12
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