Zusammenfassung
Als im Gefolge der Französischen Revolution die gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten des Ancien Regimes offen zu Tage traten und nach einer gewaltsamen Lösung drängten, gab es für den noch jungen deutschen Konservativismus grundsätzlich mehrere Möglichkeiten, dieser existentiellen Herausforderung auf theoretischem wie praktischem Gebiet begegnen zu können. Einen Weg davon hatte, wie wir im nächsten Kapitel eingehender besprechen wollen, Adam Müller vorgezeichnet. Dieser führte über eine romantische Glorifizierung der traditiona-len Klassengesellschaft, die ihre Legitimität aus ästhetisierenden Begriffskategorien einer spekulativ-idealistischen Philosophie bezogen hatte, direkt zu einer Apologetik einer als verloren geglaubten Vergangenheit, die einer deformierten Gegenwart gegenübergestellt wurde. Auf der anderen Seite hatten allerdings einige Reformkonservative eine berechtigte Kritik an gewissen Degenerationserscheinungen des alten Feudalsystems durchaus nachvollziehen können, auch wenn sie die revolutionäre Entwicklung selbst grundlegend ablehnten. Ihrer Meinung nach hätte eine Politik der kleinen Schritte, die schon im Vorfeld der revolutionären Ereignisse hätte Fuß fassen müssen, weitaus Schlimmeres verhindern können. Ablehnung der Revolution und Kritik am unnachgiebigen Verhalten der französischen Generalstände gingen hier Hand in Hand.
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Literatur
Hans-Jürgen Puhle nannte die Rehbergsche Gesellschaftsphilosophie “die konsequente Weiterentwicklung des altständischen Konservatismus Möserscher Prägung in einer Zeit des Umbruchs und der Bedrohung” (Puhle in: Fetscher, Münkler (Hrsg.) 1986: IV). Ähnlich urteilen über den Einfluß Mösers auch Epstein und Eder (Epstein 1973: 645; Eder 1991: 240). Vergleiche dazu auch Rehberg selbst (Rehberg 1828f: II 24).
Wie wenig die welthistorische Bedeutung der Französischen Revolution Rehberg bewußt geworden war, bezeugte seine Schriftensammlung “Untersuchungen über die Französische Revolution nebst kritischen Nachrichten von den merkwürdigsten Schriften, welche darüber in Frankreich erschienen” (Rehberg 1793: II 369).
Jörn Garber bezeichnete Rehbergs Revolutionskritik paradigmatisch als einen “evolutionären Historismus” (Garber 1979:VIII 65f); vergleiche auch Epstein 1973: 637f.
Über die Struktur des Hannoverschen Ständestaats am Ende des 18. Jahrhunderts findet sich näheres bei Ursula Vogel (Vogel 1972: 142f).
Dieter Henrich klassifizierte Rehbergs Gesellschaftstheorie als “eine politisch-soziologische Staatswissenschaft in pragmatischer Absicht”, die im Sinne einer “Theorie aus Erfahrung” durchaus die Widersprüche zwischen einem kritischen Vernunftsrecht und den tatsächlichen Unzulänglichkeiten des Gesellschaftlichen scheitern sah (Henrich, 1967:21 f).
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Meyer, T. (1997). Die rationale Rechtfertigung des Ständestaates: Rehbergs Konzessionen an eine vernunftrechtliche Aufklärung. In: Stand und Klasse. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 184. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86882-4_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-86882-4_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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