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Nationalsozialistische Ständestaatstheorien

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Stand und Klasse

Part of the book series: Studien zur Sozialwissenschaft ((SZS,volume 184))

  • 60 Accesses

Zusammenfassung

Wie bereits erwähnt, erlebte die Zeit des unmittelbaren Zerfalls der Weimarer Demokratie und die sich anschließende Phase der nationalsozialistischen Machtübernahme eine beeindruckende Rezeptionsflut an ständestaatlichen Gesellschaftskonzeptionen, die erst wieder verebbte, als sich die faschistischen Herrschaftsapparate immer mehr als verlängerte Arme von großindustriellen Interessenskreisen erweisen sollten. Weil das sattelfest etablierte Kapital einer sozialen Massenbasis vormaligen Ausmaßes dann nicht mehr bedurfte, da durch die Überwachungsorgane eines totalitären Staates ohnehin eine nahezu vollständige Terrorisierung der Bevölkerung gewährleistet war, wurde auch die legitimato-rische Grundlage von korporativer Herrschaftsfundierung hinfällig. Die anfänglich noch in weiten Teilen des Bürgertums vorherrschende Aufbruchstimmung, neuen Formen einer vorgeblich völkischen Vergemeinschaftung zum praktischen Durchbruch verhelfen zu müssen, wich im weiteren einer Ernüchterung über die eigentliche Sinnbestimmung von faschistischer Herrschaft.

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Literatur

  1. Gleichfalls argumentierte Bowen: “The actual political and economic organization of the Third Reich did not even roughly correspond to the specifications laid down by any of the main schools of modern corporatist theory.” (Bowen 1947:12).

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  2. Sontheimer war sich dieser Abgrenzungsproblematik durchaus bewußt, trotzdem definierte er: “Der Ständestaat ist gewissermaßen ein bis ins kleinste ausgeführter Modus des autoritären Staates. Jeder Ständestaat ist auch ein autoritärer Staat, aber nicht umgekehrt. Beim autoritären Staat liegt der Akzent auf der autoritativ bestimmten Staatsführung, beim Ständestaat hingegen auf der soziologischen Gliederung des Volkes innerhalb des Staatsganzen. Es kann autoritär regiert werden, ohne daß das Volk ständisch gegliedert ist.” (Sontheimer 1978: 204).

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  3. Von den nationalsozialistischen Ständestaatstheoretikern seien die wichtigsten hier mit ihren Hauptwerken genannt: Max Frauendorfer “Der ständische Gedanke im Nationalsozialismus” (1933)

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  4. Friedrich Bülow “Der deutsche Ständestaat. Nationalsozialistische Gemeinschaftspolitik und Wirtschaftsorganisation” (1934)

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  5. Heinrich Maria Tiede “Vom Klassenstaat zum Ständestaat” (1933)

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  6. Josef Back “Ständische Gesellschaftsbildung auf sozialistisch-machtpolitischer Grundlage” (1934)

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  7. Paul Jeschke “Das Handwerk an Deutschlands Scheideweg” (1932/33)

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  8. Reinald Dassel “Gegen Parteienstaat für Ständestaat” (1929)

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  9. Christian Vogel “Vom Wesen ständischen Rechtes” (1937).

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  10. Zur gesellschaftlichen Funktion der sozialen Aufwertung: Saldern 1979: 216.

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  11. Gleichfalls läßt sich hier auch der sogenannte “Nationalbolschewismus” auffuhren, dessen bekannntester Vertreter zweifellos Ernst Niekisch war. Sein Hauptwerk “Die Entscheidung” war voll von antibürgerlichen Ressentiments und pseudorevolutionärer Phraseologie (Niekisch 1930); vergleiche hierzu Schüddekopfs Studie über nationalrevolutionäre Minderheiten in der Weimarer Republik (Schüddekopf 1960).

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  12. Über Ernst Jüngers Schrift “Der Arbeiter” heißt es dort, dieser “kann nur als theoretisches Konstrukt begriffen werden, das gesellschaftliche Phänomene in einer metaphorischen Sprache abbildet und nicht auf die begriffliche Analyse der Kausalzusammenhänge, sondern auf den zu Bildern verdichteten Ausdruck seiner gesellschaftlichen Erfahrungen ausgerichtet ist.” (Steil 1984: 102). Es fällt nicht schwer, gleiches auch über Josef Backs Methode zu sagen.

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  13. Dieses gilt allerdings nicht für korporativistische Staatsstudien im Ausland, wie etwa die umfangreiche, in ihrer Art durchaus systematisch angelegte Abhandlung des Deutsch-Schweizers Walter Adolf Jöhr “Die ständische Ordnung. Geschichte, Idee und Neuaufbau”, die, trotz ihrer sympathiebekundenden Nähe zum deutschen Nationalsozialismus und mehr noch zum italienischen Faschismus, sich aber dennoch nicht als eine eigentlich nationalsozialistische Theorie darstellte (Jöhr 1937).

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  14. Sehr aufschlußreich zu diesem Thema ist die Studie von Wolfgang Fritz Haug “Die Faschisierung des bürgerlichen Subjekts. Die Ideologie der gesunden Normalität und die Ausrottungspolitiken im deutschen Faschismus” (Haug 1986). Darin zeigte der Autor, wie selbst in den rassistischen Diskursen einschneidende “Normalisierungspraxen” über Zwänge und Verhaltensanmaßungen wirksam werden. Fraglich allerdings bleibt, wie sich in den tendenziell verselbständigten “Normalisierungspraxen” die jeweilige ökonomische Eigendynamik niederschlagen soll. Zur gleichen Problematik ist vom selben Autor erschienen: “Elemente einer Theorie des Ideologischen” (Haug 1993).

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  15. Dazu Adorno: “Urteilslos, ungedacht soll das Wort seine Bedeutung unter sich lassen. Dadurch soll die Wirklichkeit jenes Mehr gestiftet sein, wie zum Hohn auf die mystische Sprachspekulation, an die zu erinnern der Jargon grundlos stolz auf seine Schlichtheit, sich hütet.” (Adorno 1964).

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  16. Gleichfalls Heide Gerstenberger: “An die Stelle der geforderten sozialen Gleichheit wurde die emotionale Gleichheit aller Volksgenossen gesetzt, welche die rationale Beurteilung der Ursachen und Wirkungen realer gesellschaftlicher Marktverhältnisse verhindern sollte.” (Gerstenberger 1969: 149).

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  17. “Der Klassenkampfgedanke führte den Menschen aber deshalb an die Materie heran und nicht über sie hinaus, weil seine Urheber verlernt hatten an Wunder zu glauben, die der Idee verwandt sind.” (Tiede 1933: 10).

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  18. Die “Heroisierung des Menschen” (Marcuse 1969: I 17) wird hier gleichsam ins Soziologische gekippt; sie erscheint als Apologetik des abstrakten Arbeiters, nicht aber als eine des konkretgewordenen Produzenten. Marcuse sprach in diesem Zusammenhang vom “heroischen Pauperismus” (Marcuse 1969:129).

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  19. Vergleiche hierzu “Produktionsästhetik im Faschismus. Das Amt “Schönheit der Arbeit” von 1933 bis 1939” von Chup Friemert sowie das Kapitel “Schönheit der Arbeit” statt Klassenkampf in “Der schöne Schein des Dritten Reiches. Faszination und Gewalt des Faschismus” von Peter Reichel (Friemert 1980; Reichel 1993: 235f).

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  20. Über die Publizistik des “Tat”-Kreises bemerkte Klaus Fritzsche treffend in seiner beachtenswerten Studie: Hier “wucherte allerdings das ideologische Gestrüpp aus vorbewußten bürgerlichen Optionen, logischer Unklarheit, partieller Erkenntnis und planvollen Interessenpositionen derart wildwüchsig ineinander, daß sie übergangslos bald schlicht borniert, bald hilflos, bald einsichtsvoll und kritisch, bald durchaus hintergründig erschien” (Fritzsche 1976: 103). Gleiches kann auch über die nationalsozialistischen Korporativisten konstatiert werden, deren bürgerliche Gesellschaftskritik ebenfalls einem ideologischen Wildwuchs gehorchte.

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  21. Dem Rassismus maß Haug eine “Doppelfunktion” zu: “Vereinheitlichung dieses Blocks und seine Konstitution auf eine Weise, die das Führungs-Unterstellungsprinzip zentral verankert” (Haug 1993: 223).

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  22. In gleicher Weise militaristisch gebürdete sich Boehm 1932.

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  23. Über die Finanzierung der Aufrüstung mit Mefo-Wechseln informieren Barkai 1988: 156f; James 1988: 357f; Jaeger 1988: 190f.

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  24. Beispielhaft hierzu Heinrich Maria Tiede: “das große und vorbildliche Gesetz der Arbeit und des Einbaues der Berufsstände in den Staat” (Tiede 1933: 41; in gleichem Sinne Ermarth 1932).

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  25. Mayer-Tasch bezeichnete denn auch den “deutschen Ständestaat” im Nationalsozialismus als eine “bloße Farce” (Mayer-Tasch 1971: 229).

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  26. Völlig zu Recht charakterisierte Jürgen Meinck die Einstellung der offiziellen Führungsspitze in der nationalsozialistischen Partei zu der anstehenden Ständefrage als eine “verschwommene Haltung”, wodurch sich diese sowohl die strategische Handlungskompetenz beließ, wie auch deren Integrationsfahigkeit besonders gegenüber kleinbürgerlich-proletarischen Gruppen erhöhte (Meinck 1978: 82).

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  27. Bezeichnend sprach Frauendorfer in diesem Kontext von “organischer Staatsvereinfachung” (Frauendorfer 1933: 29).

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  28. Vergleiche Frauendorfers schematische Darstellung der ständischen Organisation (Frauendorfer 1933:41)

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  29. Wie Hans Manfred Bock es beschrieb, hatten die organisatorischen Desintegrationserscheinungen im linksradikalen Lager schon frühzeitig eine massenwirksame Opposition in der Weimarer Republik verhindert (Bock 1993: 319f).

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Meyer, T. (1997). Nationalsozialistische Ständestaatstheorien. In: Stand und Klasse. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 184. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86882-4_18

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-86882-4_18

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-13031-6

  • Online ISBN: 978-3-322-86882-4

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