Zusammenfassung
In seinem Gastvortrag auf dem Kongreß der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft in Potsdam 1994 entwickelte Charles S. Maier zwei theoretische Möglichkeiten für Sozialwissenschaftler. Entweder Sozialwissenschaftler untersuchten die linearen Prozesse und könnten auf diese Weise in begrenztem Maße Prognosen stellen. Die Wahl dieser Möglichkeit bedeute jedoch, daß Diskontinuitäten nicht in den Blick gerieten. „Die Sozialwissenschaften haben in den letzten Jahrzehnten eine Welt von linearem Wandel vorausgesetzt; nichtlineare Transformation mußte anderen, vielleicht erzählerischen Erfassungsmöglichkeiten überlassen werden. Uns ist es lieber, eine Welt von Differentialgleichungen zu bewohnen, d. h. wir haben kontinuierliche Funktionen als Prämisse postuliert @@@ In diesem Sinne waren wir nicht darauf vorbereitet, uns einen bevorstehenden nichtlinearen Wandel vorzustellen“ (Maier 1995: 322f.). Wenn sich die Sozialwissenschaftler hingegen für die zweite Möglichkeit entschieden und von der „Offenheit der Geschichte“ ausgingen, dann werde zwar ein besseres Verständnis der nichtlinearen Prozesse erreicht, diesmal jedoch um den Preis der Prognosefähigkeit. Inwieweit die Katastrophen- und Chaostheorien einen Ausweg böten, läßt Charles S. Maier offen. Bisher dienten diese Theorien in den Sozialwissenschaften ohnehin nur als Metapher, und die neuen Ansätze würden oft mißverstanden und von „gewissen Schwärmern“ kolportiert (Maier 1995: 324).
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Landfried, C. (1996). Chaostheorie: Die neuen Sichtweisen von Kausalität, Komplexität und Stabilität. In: von Beyme, K., Offe, C. (eds) Politische Theorien in der Ära der Transformation. Politische Vierteljahresschrift, vol 26. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86620-2_11
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