Soziale Ungleichheit und Wohlfahrtsstaat: Einstellungswandel in Ost- und Westdeutschland

Zusammenfassung

In den letzten Jahrzehnten hat sich Deutschland unter dem Gesichtspunkt der sozialen Ungleichheit stark verändert. Das wichtigste Ereignis in diesem Sinne war die Vereinigung beider deutscher Staaten. Mit der DDR ist ein sozialistisches Gesellschaftssystem verschwunden, das durch ein relativ geringes Ausmaß an sozialer Ungleichheit und eine umfassende Daseinsvorsorge durch den Staat gekennzeichnet war. Daher ist es insbesondere interessant, wie die Menschen in Ostdeutschland das für sie neue — im wesentlichen das alte westdeutsche — System wahrnehmen, wie sie es bewerten und welche Forderungen sie an den Staat stellen. Davon dürfte es auch in starkem Maße abhängen, ob eine rasche Integration des ostdeutschen Bevölkerungsteils in das vereinte Deutschland gelingt. Wie Haller et al. (1995) jedoch anhand internationaler Vergleiche zeigen, ist dazu kein vollständiger normativer Konsens erforderlich. Sie gehen vielmehr davon aus, daß “es sehr unterschiedliche Grade der normativ-wertmäßigen Integration von Gesellschaften gibt — Grade, die auch durch die sozialstrukturelle Zersplitterung einer Gesellschaft mitbestimmt sind” (223).