Zusammenfassung
Im Geiste der Aufklärung fordert Locke die Emanzipation der Vernunft, den Zweifel an allen »auf Treu und Glauben« übernommenen Lehren und eine rationale Denkmethode, die allein durch die »Betrachtung der Dinge selbst« die Vernunft leiten sollte. Auf der empirischen Grundlage von Beobachtung und Erfahrung kann der Mensch eigenständig denken und richtig erkennen lernen:
@@@»Nachdem man erst einige allgemeine Sätze gefunden hatte, die, sobald sie verstanden wurden, nicht anzuzweifeln waren, war es allerdings nur noch ein kurzer und leichter Schritt bis zu der Folgerung, daß jene Sätze angeboren seien. Nachdem dieser Schluß einmal anerkannt war, enthob er die Trägen der Mühe des Forschens und machte allen Fragen der Zweifler bei dem, was einmal als angeboren bezeichnet worden war, ein Ende. Es war für die, die sich als Meister und Lehrer aufspielten, von nicht geringem Vorteil, wenn sie das zum Prinzip aller Prinzipien machten, daß Prinzipien nicht in Zweifel gezogen werden dürfen. Denn war es erst einmal zum Grundsatz erhoben, daß es angeborene Prinzipien gebe, so sahen sich deren Anhänger gezwungen, bestimmte Lehren als angeboren anzuerkennen; damit aber wollte man ihnen den Gebrauch ihrer eigenen Vernunft und Urteilskraft entziehen und sie dazu veranlassen, diese Lehren auf Treu und Glauben anzuerkennen. In dieser Haltung blinder Leichtgläubigkeit ließen sie sich von gewissen Leuten leichter regieren und besser ausnützen, die das Geschick und das Amt hatten, ihnen Prinzipien beizubringen und sie zu lenken. Auch verleiht es einem Menschen keine geringe Macht über den andern, wenn er die Autorität besitzt, Prinzipien zu diktieren und unantastbare Wahrheiten zu lehren oder einem anderen als angeborenes Prinzip aufzuzwingen, was den eigenen Zwecken des Lehrers dienlich sein kann. Hätte man statt dessen untersucht, auf welche Art und Weise die Menschen zur Erkenntnis zahlreicher allgemeiner Wahrheiten gelangen, so würde man gefunden haben, daß sie sich im menschlichen Geiste aus dem gehörig erwogenen Wesen der Dinge selbst ergäben; ferner würde man festgestellt haben, daß sie mit Hilfe derjenigen Fähigkeiten ermittelt wurden, die ihrer Natur nach bei richtiger Anwendung zur Aufnahme und Beurteilung solcher Wahrheiten geeignet sind« (Menschlicher Verstand, I, S. 103 f.).
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Literaturverzeichnis
Nach: Philosophisches Wörterbuch, hrsg. Schischkoff, 16. Aufl., Stuttgart 1961 (Kröner), S. 346.
Vgl. Gide, Charles — Rist, Charles: Geschichte der volkswirtschaftlichen Lehrmeinungen, hrsg. G. Salomon, Jena 1921, S. 1-57.
Nach: Gide — Rist, op. cit. S. 12.
Geschichte der Soziologie, I-IV, Hamburg 1968 (Rowohlt), I, S. 45.
Herrnstadt, Rudolf: Die Entdeckung der Klassen, Berlin-Ost 1965, S. 117 ff.
Nach: Herrnstadt, op. cit., S. 118.
Gide — Rist, op. cit., S. 24.
Op cit. I, S. 47. — Jonas geht auf dieses Klassenmodell nicht ein, so daß man nicht genau wissen kann, weshalb diese physiokratische Theorie für die herrschende Klasse eigentlich so »gefährlich« sein soll.
So z. B. paßt sich auch die Bevölkerungsentwicklung der Marktlage an: »So geschieht es, daß die Nachfrage nach Menschen, gerade wie die nach jeder anderen Ware, notwendig
»Der wahre oder Realpreis eines Dinges, derjenige nämlich, der ein Ding dem, der es sich verschaffen will, wirklich kostet, ist die zu seiner Beschaffung erforderliche Mühe und Beschwerde … die Arbeit ist also der wahre Maßstab des Tauschwertes aller Waren« (nach: Gide — Rist, S. 84).
Willms, Bernard: Planungsideologie und revolutionäre Utopie, Stuttgart 1969, S. 9.
Nach: Kesting, Hanno: Geschichtsphilosophie und Weltbürgerkrieg, Heidelberg 1959, S. 162.
Resting, Hanno, a. a. O., S. 162.
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Kiss, G. (1972). Liberalistisch orientierte Gesellschaftstheorien. In: Einführung in die soziologischen Theorien I. Studienbücher zur Sozialwissenschaft, vol 13. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86536-6_3
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