Zusammenfassung
Mit diesem Kapitel beginnt der inhaltliche Teil unserer Arbeit. In den vorausgegangenen beiden Kapitel wurde gezeigt, was unterschiedliche Parsermodelle zum Umgang mit syntaktischer Ambiguität zu sagen haben. Ab jetzt soll es nicht mehr um syntaktische Ambiguität im allgemeinen gehen, sondern um die speziellere Frage, wie das Deutsche mit all seinen Ambiguitäten verarbeitet wird. In diesem und dem nächsten Kapitel versuchen wir zu zeigen, daß Deutsch seriell verarbeitet wird. Da wir uns primär mit Verbend-Sätzen beschäftigen werden, heißt dies neben anderem das Folgende:
-
(1)
Der Parser berechnet für jeden gegebenen Input zu jedem Zeitpunkt nur eine einzige syntaktische Struktur.
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(2)
Der Parser fügt die Projektion des Verbes, d.h. die VP, in den CPPM ein, bevor er das Verb am Satzende verarbeitet hat.
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References
Die Situation hat sich allerdings schon erheblich gebessert. Vgl. z.B. für Italienisch DeVincenzi (1991); für Japanisch Inoue & Fodor (1995); für Holländisch Frazier (1993); für Deutsch die Literaturangaben in der Einleitung, Fußnote 6. In Bayer (1994) findet sich eine Sammlung von Aufsätzen, in denen die Verarbeitung von anderen Sprachen als dem Englischen diskutiert wird.
Es ist offensichtlich, daß dieses Problem nicht dadurch gelöst werden kann, daß man das Postulat der deklarativen Transparenz aufgibt. Würde man dies tun, befände man sich in einer noch viel ungünstigeren Lage. Sollte der Parser andere Strukturen berechnen als die, die in der Kompetenzgrammatik spezifiziert sind, dann wäre es völlig unklar, was er berechnet, und man würde Unsicherheit gegen Unwissenheit eintauschen.
Dabei machen wir die problematische Annahme, daß das Auxiliar im Deutschen wie sein englisches Gegenstück in I0 basisgeneriert wird. Da die Strukturen in (13) nur illustrativen Charakter haben, und I und IP später noch diskutiert werden, ist diese Annahme harmlos.
An Stellen, wo die Unterscheidung zwischen DP und NP im traditionellen Sinn keine Rolle spielt, werden wir auch weiterhin den Terminus “NP” verwenden.
Wie (i) zeigt, gibt es in sehr eingeschränkter Form auch im Englischen VP-interne Subjekte auf der S-Struktur. (i) There arrived a man
Eine Alternative zu diesem Vorschlag ist, daß VP und IP eine gemeinsame Projektion bilden, eine sog. MATCHING PROJECTION; vgl. Haider (1988).
Diese Sätze, die ambig sind, sind hier und im folgenden entsprechend ihrer dominanten Lesart zu verstehen, nach der das Subjekt dem direkten Objekt vorausgeht.
Ein realistische syntaktische Behandlung der FHG wird erheblich komplizierter ausfallen (vgl. Rochemont, 1986; Bayer, 1996).
Genau genommen trägt die betonte Silbe von Maria den Satzakzent, denn der Satzakzent wird jeweils auf der Silbe realisiert, auf die der Wortakzent fällt (vgl. Hogg & McCully, 1987). Dies spielt aber im folgenden keine Rolle.
Es gibt auch im Englischen Gegenbeispiele zur NSR. Beispielsweise wird in bestimmten Sätzen das Subjekt betont, wie etwa in The SUN is shining. Vgl. Selkirk (1984) und Rochemont (1986).
Wie in Kapitel 8 diskutiert wird, ergeben sich bei Einbeziehung von Pronomen vermutlich Ausnahmen zu dieser Hypothese.
Die thematischen Rolle “Thema” wird hier so verstanden wie in Jackendoff (1972, 1983). Dort ist das Thema dasjenige Argument eines Bewegungsverbes, das sich bewegt bzw. das bewegt wird. D.h., in Fritz wirft den Ball ist der Ball das Thema.
Dies ist die Debatte um die sog. Konfigurationalität des Deutschen. Einschlägige Literatur zu diesem Thema ist Haider (1982), Fanselow (1987), Webelhuth (1984/85) und dort Verzeichnetes.
Dies gilt nur unter einer engen Auffassung von thematischen Rollen, nach der es nur thematische Rollen wie Agens, Patiens Thema u.ä. gibt. Unter einer weiteren Auffassung von thematischen Rollen, nach der es auch sog. referentielle Rollen gibt, beispielsweise eine “Ereignis”-Rolle für Verben, könnten funktionale Kategorien für genau diese referentiellen Theta-Rollen bedeutend sein. I0 z.B. wäre für die Ereignis-Rolle des Verbes relevant, weil Tempusmerkmale in I ein Ereignis temporal lokalisieren (vgl. Higginbotham, 1985).
Wäre (110b) grammatisch, würde es dasselbe bedeuten wie (i). Der Vergleich von (110b) mit (i) belegt noch einmal, wie die Relation zwischen Quantor und gebundenem Prononem auf der C-Commando-Relation beruht. (i) … daß ich jeden Sonntag einen Mann treffe, der nicht weiß, wie er ihn überstehen soll.
Die Zahl hinter diesem und den folgenden Beispielen bezieht sich auf Johnson (1991), dem diese Beispiele entnommen wurden, und auf den sich die Diskussion in diesem Abschnitt z.T. stützt.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß ein Satzanfang wie daß du sich nicht unbedingt der Anfang eines ungrammatischen Satzes sein muß (vgl. (i)), sondern auch wie in (ii) auf grammatisch legitime Weise fortgeführt werden kann. Intuitiv scheint aber (ii) mit erheblichen Irritationen verbunden zu sein, was darauf hinweist, daß man zunächst annimmt, das Reflexivum sich beziehe sich auf das Pronomen du, was syntaktisch nicht erlaubt ist. (i) * … daß du sich zu erschießen versucht hast, (ii) … daß du sich zu erschießen wohl niemandem raten würdest.
Wie oben gezeigt wurde, ist eine Konsequenz davon, daß Reflexivpronomen nicht gebunden werden können, solange das Verb nicht verarbeitet worden ist. Dies aber ist ein klarer Verstoß gegen die Bindungstheorie.
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Bader, M. (1996). VO und OV, Parser und Grammatik. In: Sprachverstehen. Psycholinguistische Studien. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86494-9_4
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-12873-3
Online ISBN: 978-3-322-86494-9
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