Zusammenfassung
Für den Sozialforscher, der sich mit dem Studium der Prozesse öffentlicher Meinung befaßt, war die deutsche Bundestagswahl 1980 ein Glücksfall. Verschiedene Umstände trugen dazu bei, eher unwahrscheinliche Situationen beobachten zu können. So war es eher unwahrscheinlich, daß eine Partei als Spitzenkandidaten einen Mann aufstellt, der seit fast 20 Jahren — mit einer kurzen, etwa zweieinhalbjährigen, allerdings bemerkenswerten Unterbrechung — zu den unpopulärsten Politikern der Bundesrepublik gehört, ein Mann, von dem über lange Jahre hinweg mehr als die Hälfte der Wählerschaft erklärt, sie habe keine gute Meinung über ihn. Und eher unwahrscheinlich war, daß der Partei- und Fraktionsvorsitzende, gegen dessen Willen diese Nomination stattfand, sich daraufhin nicht zurückzog, sondern im Wahlkampf kämpfte, als sei er selbst der Spitzenkandidat. Sowohl im ersten Fall — Aufstellung eines unpopulären Spitzenkandidaten — als auch im zweiten Fall — vollständige Identifikation mit einer gegen das eigene Interesse getroffenen Mehrheitsentscheidung —, wurden Erkenntnisse der empirischen Sozialpsychologie in praktische politische Strategie übersetzt. Welche Reaktionen sich daraus ergaben, wird im folgenden dargestellt.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Siehe Elisabeth Noelle-Neumann, Umfrageforschung und politische Entscheidung. Eine Fallstudie: Deutsche Bundestagswahl 1976, in: Elisabeth Noelle-Neumann, Wahlentscheidung in der Fernsehdemokratie, Freiburg/Würzburg: Ploetz 1980, S. 116–143,
Siehe Elisabeth Noelle-Neumann, Umfrageforschung und politische Entscheidung. Eine Fallstudie: Deutsche Bundestagswahl 1976, in: Elisabeth Noelle-Neumann, Wahlentscheidung in der Fernsehdemokratie, Freiburg/Würzburg: Ploetz 1980, hier bes. S. 142.
Siehe Elisabeth Noelle-Neumann (Hrsg.), The Germans. Public Opinion Polls, 1967–1980, Westport, Conn./London: Greenwood Press, 1981, S. 215. Veröffentlichung bevorstehend in: Allensbacher Jahrbuch der Demoskopie 1977–1983, München: Saur.
Fritz Ullrich Fack, Wenn Strauß gegen Schmidt anträte — das Rennen wäre bereits entschieden. Ergebnisse einer neueren Umfrage, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 118 vom 22.5.1979, S. 3.
Vgl. Tabelle 4, oben, S. 547. Im Juni 1980 beispielsweise hielten die Forderung: „Keine weiteren Zugeständnisse mehr an den Osten ohne entsprechende Gegenleistungen„, 49 Prozent der Bevölkerung für besonders wichtig, 64 Prozent der CDU/CSU-Anhänger, 37 Prozent der SPD-Anhänger und 49 Prozent der FDP-Anhänger. Aliensbacher Archiv, IfD-Umfrage 3183.
Aliensbacher Archiv, IfD-Bericht 2662: Vor der Bundestagswahl 80. Der Einfluß von Personen und Programmen auf das Meinungsklima im Sommer, Tabelle 24, S. 50.
Siehe Elisabeth Noelle-Neumann, Turbulences in the Climate of Opinion: Methodological Applications of the Spiral of Silence Theory, in: Public Opinion Quarterly, Bd. 41, Sommer 1977, S. 143–158.
— Elisabeth Noelle-Neumann Deutsch veröffentlicht in: Publizistik, H. 1–2/1978, S. 19–31,
Elisabeth Noelle-Neumann Deutsch veröffentlicht in: Publizistik, H. 1–2/1978 hier insbes. S. 29 f.
Vgl. ebd., S. 17 ff.
Eine Dokumentation dieses Memorandums von Professor Kurt Biedenkopf, das er gegen Ende Dezember 1978 an prominente CDU-Politiker verschickt hatte, um die innerparteiliche Diskussion anzuregen, findet sich in: Die Welt vom 16.1.1979.
Vgl. IfD-Bericht 2513, Die Lage vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz, Februar 1979. Zur Dokumentation für das Bundesgebiet s. die Schaubilder 9 und 10, unten, S. 567.
Vgl. Tabelle A 3, unten, S. 596.
Vgl. Noelle-Neumann, Wahlentscheidung in der Fernsehdemokratie (Anm. 1).
Vgl. David P. Conradt, The 1976 Campaign and Election: An Overview, in: Karl H. Cerny (Hrsg.), Germany at the Polls. The Bundestag Election von 1976. American Enterprise Institute for Public Policy Research (AEI Studies, 208), Washington, D.C. 1978, S. 29–56,
Vgl. David P. Conradt, The 1976 Campaign and Election: An Overview, in: Karl H. Cerny (Hrsg.), Germany at the Polls. The Bundestag Election von 1976. American Enterprise Institute for Public Policy Research (AEI Studies, 208), Washington, D.C. 1978, hier bes. S. 41.
Siehe Elisabeth Noelle-Neumann, Kampf um die öffentliche Meinung. Eine vergleichende sozialpsychologische Analyse der Bundestagswahlen 1972 und 1976, in: Dieter Just/Peter Röhrig (Hrsg.), Entscheidung ohne Klarheit. Anmerkungen und Materialien zur Bundestagswahl 1976 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, H. 127) Bonn 1978, S. 125–167 (wiederabgedruckt in: Noelle-Neumann, Wahlentscheidung in der Fernsehdemokratie [Anm. 1], S. 144–190, insbes. S. 147–151).
Vgl. Elisabeth Noelle-Neumann, Wahlentscheidung in der Fernsehdemokratie. Eine sozialpsychologische Interpretation der Bundestagswahl 1972, in: Dieter Just/Lothar Romain (Hrsg.), Auf der Suche nach dem mündigen Wähler. Die Wahlentscheidung 1972 und ihre Konsequenzen (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, H. 101) Bonn 1974, S. 161–205 (wiederabgedruckt in: Noelle-Neumann, Wahlentscheidung in der Fernsehdemokratie [Anm. 1], S. 27–76, insbes. S. 30 ff.);
Elisabeth Noelle-Neumann, Das doppelte Meinungsklima. Der Einfluß des Fernsehens im Wahlkampf 1976, in: Politische Vierteljahresschrift, 18. Jg. 1977, H. 2–3, S. 408–451 (wiederabgedruckt in: Noelle-Neumann, Wahlentscheidung in der Fernsehdemokratie, S. 77–115, hier insbes. S. 85–87);
Noelle-Neumann, Kampf um die öffentliche Meinung (Anm. 13), in: Wahlentscheidung in der Fernsehdemokratie, insbes. S. 145 f.;
vgl. ferner unten, S. 590.
Elisabeth Noelle-Neumann, Kampf um die öffentliche Meinung. Eine vergleichende sozialpsychologische Analyse der Bundestagswahlen 1972 und 1976, in: Dieter Just/Peter Röhrig in: Wahlentscheidung in der Fernsehdemokratie, 1978)Vgl. unten, S. 576.
Vgl. Noelle-Neumann, Wahlentscheidung in der Fernsehdemokratie (Anm. 1), S. 40 ff.
Michel de Montaigne, Essais, hrsg. von A. Thibaudet/M. Rat, Paris: Edition Gallimard 1962, S. 416; zit. nach Michael Raffel, Öffentliche Meinung bei Michel des Montaigne, Mainz 1982, unveröffentlichtes Manuskript.
Allensbacher Archiv, IfD-Umfragen 3183 (Juni 1980) und 3192 (September 1980).
Siehe dazu auch die Analyse des Wahlkampfs 1980 und die Rolle der FDP in: Elisabeth Noelle-Neumann, Die Chancen der FDP, in: CAPITAL, H. 8/1982; und: Elisabeth Noelle-Neumann, Ventil zwischen den beiden Großen. Die Aufgabe der FDP, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12.8.1982, S. 8.
Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 3088, September 1980. Die Frage lautete: „Im Wahlkampf werden ja manche Themen ausführlich angesprochen, andere Fragen weniger. Hier auf den Karten sind einige Wahlkampfthemen aufgeschrieben. Wo würden Sie sagen: Darüber hört man zuviel, darüber zu wenig, und wo ist es gerade richtig? Verteilen Sie die Karten doch bitte entsprechend auf das Blatt!“ Dazu wurden ein Kartenspiel mit 17 Karten sowie eine Liste mit den Einteilungen „Darüber hört man im Wahlkampf zuviel“, „Gerade richtig„, „Darüber hört man im Wahlkampf zu wenig“ vorgelegt. Als Thema, von dem man im Wahlkampf zuviel höre, wurde am meisten, nämlich von 47 Prozent der Bevölkerung, genannt: „Die schlechten Seiten von Franz Josef Strauß.“
IfD-Computerband, Das politische Klima, Juni 1980, Umfrage 3183, Tabelle 231.
Vgl. oben, S. 541.
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1983 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Noelle-Neumann, E. (1983). Öffentliche Meinung in der Bundestagswahl 1980. In: Kaase, M., Klingemann, HD. (eds) Wahlen und politisches System. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, vol 42. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86405-5_16
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-86405-5_16
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-11618-1
Online ISBN: 978-3-322-86405-5
eBook Packages: Springer Book Archive