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Systemtheoretische Analyse technisierter Interaktionskontexte

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Technische Interaktionskontexte
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Zusammenfassung

Im vorhergehenden Kapitel wurde mit den Begriffen der kognitiven und normativen Erwartungshaltung ein spezifisches Unterscheidungsmerkmal zwischen Mensch-Computer-Interaktion und menschlicher Kommunikation herausgearbeitet. Dabei wurde eine kognitive Erwartungshaltung als typisches Merkmal technisierter Interaktionskontexte angesehen. Im folgenden sollen nun die spezifischen Strukturen solcher technischer Interaktionskontexte genauer analysiert werden. Ein Ansatzpunkt dafür ergibt sich aus der vorangegangenen Untersuchung natürlichsprachlicher Schnittstellen. Es war deutlich geworden, daß der Interaktionskontext solcher Schnittstellen sich von dem lebensweltlichen Kontext menschlicher Kommunikation grundsätzlich unterscheidet. Daher gilt es der Frage nachzugehen, welche spezifischen Merkmale technische gegenüber lebensweltlichen Interaktionskontexten auszeichnen. War für die menschliche Kommunikation die illokutive Kraft als zentrales Funktionsprinzip herausgearbeitet worden, so gilt es zu fragen, welches funktionale Äquivalent in technischen Interaktionskontexten an ihre Stelle tritt und damit die Koordination und Anschließbarkeit der Interaktionen von menschlichen und maschinellen ‘Akteuren’ ermöglicht. Die Analyse technischer Interaktionskontexte setzt einen Technikbegriff voraus, der solche Interaktionsprobleme, wie sie zwischen Mensch und Computer auftreten, überhaupt adäquat erfassen kann.

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Literatur

  1. Dieser Ansatz relativiert den Elementbegriff. “Würde man die Frage stellen, was Elemente (zum Beispiel: Atome, Zellen, Handlungen) ‘sind’, würde man immer auf hochkomplexe Sachverhalte durchstoßen, die der Umwelt des Systems zugerechnet werden müssen/ (Luhmann 87:43) Element ist somit jeweils das, was für ein System als nicht weiter auflösbare Einheit fungiert, obwohl es — mikroskopisch betrachtet — ein hochkomplexes Zusammengesetztes ist.

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  2. So schreibt Husserl etwa: “In noematischer Hinsicht ist das Wahrgenommene derart ab-schattungsmäßig Gegebenes, daß die jeweilige gegebene (Seite) auf anderes Nichtgegebenes verweist, als nicht gegeben von demselben Gegenstand.” (Husserl 86a:57; s.a. ebd., 70ff)

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  3. “Auswahl” darf hier nicht mit “bewußter Auswahl” bzw. Entscheidung gleichgesetzt werden.

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  4. Luhmann wendet sich daher auch gegen die zeitgenössische These eines Sinnverlustes in modernen Gesellschaften. Auch die Erfahrung des “Sinnverlustes” und das davon zu unterscheidende “Sinnlose” machen vom Luhmannschen Ansatz her Sinn (vgl. Luhmann 87:96, sowie die kritische Auseinandersetzung mit dieser These in Lohmann 87).

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  5. Krämer spricht von einem “intuitiven Begriff des Algorithmus”, um diesen von mathematischen Defintionsversuchen abzugrenzen (vgl. Krämer 88:159). Für den hier interessierenden Zusammenhang reicht der intuitive Begriff.

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  6. In diesem Sinne ist das euklidische Verfahren zur Bestimmung des größten gemeinsamen Teilers ein Algorithmus, die Berechnung einer Quadratwurzel dagegen prinzipiell nicht, da sie unendlich weiterführbar ist.

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  7. In diesem Zusammenhang ist das Werk von Franz Releaux zu nennen, der 1875 eine Theorie der Kinematik entwickelte. Releaux ging es darum, alle denkbaren Bewegungsabläufe von Maschinenteilen in elementare Bewegungseinheiten aufzulösen und diese dann zu einem logischen System der mechanischen Kybernetik zusammenzufassen. Obwohl Releaux an keiner Stelle als Vorläufer der Kybernetik des 20. Jahrhunderts genannt wird, kann er doch als ein solcher gelten (vgl. Releaux 1875).

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  8. Hofstadter führt diesen Unterschied folgendermaßen aus: “Der Unterschied ist somit, daß es für eine Maschine möglich ist, unaufmerksam zu sein; für einen Menschen ist es unmöglich.” (Hofstadter 85:41)

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  9. Auf einen ähnlichen Punkt zielt auch Maisch ab, wenn er von einer “intelligenten Informationskompetenz “spricht, die sich gerade an der Schnittstelle von Computerprogramm und Realprozeß bilde (siehe Kapitel 2).

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  10. Dieses würde erst dann eintreten, wenn der Kfe-Mechaniker durch einen computergesteuerten Roboter ersetzt werden würde.

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  11. Das kann an einem Beispiel verdeutlicht werden: Wenn in einem Kriminalroman acht Personen als Mörder in Betracht kommen, in einem anderen nur vier, so ist die Information, die der Leser mit der Auflösung erhält, im ersten Fall größer als im zweiten. In dieser Hinsicht ist die Information als Maß der Überraschung zu bezeichnen.

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  12. Zur Illustration dieses Zusammenhangs von Reduzierung der Komplexität (des Informationswerts) und Steigerung der Übertragbarkeit wählt Eco das Beispiel einer Schreibmaschinenseite: Wenn kein Code (etwa die Grammatik der deutschen Sprache) benutzt wird, dann können auf einer Schreibmaschinenseite (25 Zeilen mit je 60 Anschlägen) eine riesige Anzahl Botschaften identifiziert werden. Geht man von 85 verschiedenen Zeichen der Schreibmaschine aus und der Anzahl der Anschläge (1500), dann ergibt sich als Anzahl der möglichen Botschaften die Zahl 851500. “Dieses ist die gleichwahrscheinliche Situation an der Quelle: Die Anzahl der möglichen Botschaften wird durch eine Zahl mit 2895 Stellen ausgedrückt. Aber wie viele binäre Wahlen sind nötig, um eine der möglichen Botschaften zu identifizieren? Eine ungeheuer große Zahl, deren Übertragung einen beachtlichen Aufwand an Zeit und Energie erfordern würde, umso mehr als jede Botschaft, wie wir wissen, aus 1500 Anschlägen besteht und jedes dieser Zeichen durch aufeinan-derfolgende binäre Wahlen unter den 85 von der Tastatur vorgesehenen Zeichen identifiziert werden muß… Die Information an der Quelle, als Freiheit der Wahl, ist beachtlich, aber die Möglichkeit, diese mögliche Information zu übertragen, indem man an der Quelle eine vollständige Botschaft identifiziert, wird ziemlich schwierig.” (Guilbaud, nach Eco 72:56)

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  13. Als Beleg für diesen “Aufmerksamkeitswert” codierter Ereignisse fuhrt Luhmann die Erfahrung an, daß artikulierte Rede denjenigen, der nicht angesprochen ist, mehr stört als bloße Geräusche (Luhmann 87:197).

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  14. Luhmann bezieht sich bei seinem Entwurf einer Theorie symbolisch generalisierter Kommunikationsmedien auf Parsons (vgl. Luhmann 86b: 171). Erweist dabei allerdings darauf hin, daß eine solche Theorie durch verschiedene ältere Vorstellungen — “namentlich zur Analogie von Geld und sprachlich vermittelter Kommunikationen” (ebd.) — vorbereitet sei.

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  15. Die Entstehung funktional differenzierter Gesellschaften, die auf autonomen gesellschaftlichen Subsystemen beruhen, ist wesentlich an die Ausbildung von symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien gebunden. “Ohne sie könnte die Kontingenz des Erlebens und Handelns nicht nennenswert gesteigert werden. Die am System Beteiligten würden sich auseinanderselegieren, wäre nicht gewährleistet, daß der eine die Selektion des anderen als Prämisse eigenen Verhaltens übernimmt. Nur unter diesen beiden Voraussetzungen hoher Kontingenz der Selektionen und ausreichender Nichtbeliebigkeit in den Relationen zwischen ihnen können komplexe Systeme entstehen, die strukturell offen lassen und doch synchronisieren können, wie man sich im einzelnen verhält/ (Luhmann 86b:174)

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  16. Dieser Zusammenhang zwischen der Entwicklung eines neuzeitlichen Wahrheitsbegriffs und der Projektierung von symbolischen Maschinen kommt besonders bei Leibniz zum Ausdruck (siehe Kapitel 7).

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  17. Luhmann führt diesen Gedanken wie folgt aus: “Auch im Bereich des Rechtsdenkens kommt es sehr früh, jedenfalls vor Aristoteles, zu einer charakteristischen Kombination von Idealisierung und Schematisierung, nämlich in der Auffassung der Gerechtigkeit als Gleichheit. Die Genesis dieses zunächst halb mythischen, halb rationalen Gedankens ist hier besonders gut zu fassen, weil man erkennt, daß es sich um eine Generalisierung der archaisch-unmittelbar fungierenden Prinzipien der Reziprozität und der Vergeltung handelt, die als Generalisierung den Respezifikationsmechanismus des politischen Gerichtswesens voraussetzt. In Parallele dazu wird man auch den Zusammenhang von Logik und Dialog als kulturelle Generalisierung und interaktionelle Respezifikation begreifen müssen. In beiden Fällen wird der Zusammenhang von Generalisierung und Respezifikation nicht allein durch die Sprache gesichert, sondern dadurch, daß Sondercodes für Entscheidungsmacht und für Wahrheitssuche eine eigentümliche Kombination von Idealisierung und Schematisierung gewährleisten.” (Luhmann 85b:349f., Fußnote)

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  18. Die beiden möglichen Antworten sind nicht gleichgewichtig; das Interesse am Erhalt einer “Ja”-Antwort ist größer. In diesem Sinne ist der Wahrheitscode ein Präferenzcode (vgl. Luhmann 86b: 175).

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  19. Der Begriff der “Entlastung” darf an dieser Stelle nicht in einem normativ-wertenden Sinne — etwa als Befreiung von Mühsal und Arbeit — mißverstanden werden. Luhmann würde ansonsten eine Wertung untergeschoben werden, die seinem funktionalen Ansatz zutiefst widerspricht. Wie diese “Entlastung von sinnhaften Verweisungshorizonten” zu bewerten ist, ist eine andere Frage: Hier wäre der implizierte Verlust an Sinnhaftigkeit als Orientierungsproblem der handelnden Subjekte zu thematisieren.

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  20. An diesem Punkt unterscheidet sich Blumenbergs Ansatz vom phänomenologischen Ansatz Husserls. Blumenberg kritisiert Husserls Position, indem er sagt: “Man kann nicht vom ‘Werden zum Menschtum unendlicher Aufgaben’ schwärmen und gleichzeitig den Preis fiir dieses Werden verweigern.” (Blumenberg 63:25)

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  21. Zu dieser widersprüchlichen Formulierung sieht Luhmann sich gezwungen, um den Fallstricken einer “substantialisierenden Sprache” (Luhmann 85b:307) zu entkommen. “Die (m.E. rein sprachliche) Schwierigkeit steckt darin, daß Wendungen wie “Weltausschnitt”, “Selektion”, “Reduktion von Komplexität” eine Summenkonstanz und ein Mehr-oderweniger-Verhältnis suggerieren in dem Sinne, daß zunächst viel vorhanden ist, von dem einiges ausgewählt wird. Das ist jedoch ein Scheineffekt unserer substantialisierenden Sprache,…” (ebd.) Selektion bedeutet somit nicht Auswahl im Sinne einer Einschränkung der Welterfahrung, sondern im Gegenteil: “Welt wird durch Selektion erst erzeugt” (ebd.). Um diesen Mechanismus zu verdeutlichen, führt Luhmann Beispiele aus verschiedenen Bereichen an: “Ein Beispiel, das die Tragweite des Gedankens vor Augen führt, könnte man der politischen Theorie von Thomas Hobbes entnehmen, nämlich Verzicht auf freie Gewaltanwendung als Voraussetzung der politischen Konstitution von Gesellschaft und Recht und der auf ihr beruhenden zivilisatorischen Möglichkeiten. Ein anderer Fall ist die Subjekt-Prädikat-Struktur des Satzbaus verschiedener Sprachen, die in Aussagen, die diese Form verwenden, einen Reduktionszwang einbauen und gerade dadurch eine Steigerung der möglichen Aussagen über ein Subjekt, also Generalisierung ermöglichen.” (ebd.,309)

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  22. Vergleich dazu Husserl: “Selbst eine sich als apodiktisch ausgebende Evidenz kann sich als Täuschung enthüllen und setzt doch dafür eine ähnliche Evidenz voraus, an der sie ‘zerschellt’.” (Husserl nach Luhmann 85b:349)

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  23. Auch Heidegger grenzt seine Technikphilosophie von einem instrumenteilen Technikbegriff ab. “Die Technik ist… nicht bloß ein Mittel. Die Technik ist eine Weise des Ent-bergens. Achten wir darauf, dann zeigt sich uns ein ganz anderer Bereich für das Wesen der Technik. Es ist der Bereich der Entbergung, d.h. der Wahrheit.” (Heidegger 85a: 12) Ähnlich Luhmann, der davon ausgeht, daß durch einen technischen Selektionsprozeß Welt überhaupt erst erzeugt wird, faßt auch Heidegger Technik als die spezifisch moderne Weise eines “Entbergens” von Wirklichkeit auf. Die Entfaltung der Technik wird so zu einem Vorgang, “worin Wirkliches in seiner möglichen Wahrheit zum Vorschein kommt” (Müller 83:285).

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Hartmann, C. (1992). Systemtheoretische Analyse technisierter Interaktionskontexte. In: Technische Interaktionskontexte. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86315-7_8

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