Zusammenfassung
Das apokalyptische Geschehen, das über uns dahingebraust ist, hat den Blick in doppelter Weise geschärft: einmal für die unersetzlichen Werte und einmal für die bedenklichen Schwächen einer heutigen Großstadt. — Es gibt viele Großstadtmenschen, die heute erst die Schönheit ihrer Stadt begriffen haben. Nicht als ob ihnen die widerwärtigen Gebiete, die keiner großen Stadt im Laufe der letzten hundert Jahre erspart geblieben sind, plötzlich schön erschienen wären, sondern sie merkten, daß diese oft gelästerte Stadt trotz allen Fehlleistungen eine Seele hatte — daß sie Hüterin einer eigentümlichen Kultur war, die sich nicht auf ihre historischen Sehenswürdigkeiten beschränkte, sondern aus vielerlei Kraftströmen hervorging, die in der Art ihres Lebens und Treibens zum Vorschein kamen. Nach dieser undefinierbaren Seele sehnte man sich so, daß man in rührender Anhänglichkeit lieber in Trümmer zurückkehrte, als sie aufzugeben. Wer Deutschlands große Städte kannte, ärgerte sich gewiß über vieles, was sie zeigten, und doch wußte er: es war eine Galerie von „Charakterköpfen der Kultur“, die ihm aus ihnen entgegenblickte, mannigfaltig und interessant, wie weniges in der Welt. Wenn wir jetzt vor den Trümmern einer dieser Städte stehen, mit der Aufgabe, sie wieder aufzubauen, gilt es, etwas von diesem unbestimmbaren Charakter ihres zerstörten Wesens anzufangen und sich doch nicht durch Zufälligkeiten ihrer historischen Reste bei unvermeidlichen Eingriffen beirren zu lassen.
Am 10. Oktober 1945 hat Fritz Schumacher im Hamburger Rathaus zum Wiederaufbau Hamburgs gesprochen. Die Gedankengänge der Rede schließen unmittelbar an den letzten Abschnitt dieses Buches an, in dem die bauliche Gesamtaufgabe: die Entwicklung „vom ästhetischen zum organischen Städtebau“ und vom „Städtebau zur Landesplanung“ behandelt werden. Soweit die Rede sich nicht auf Sonderprobleme der Stadt Hamburg bezieht, sondern Allgemeingültiges aussagt, ist sie hier im Auszug wiedergegeben1).
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© 1982 Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig
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Schumacher, F. (1982). Zum Wiederaufbau Hamburgs. In: Strömungen in Deutscher Baukunst Seit 1800. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86292-1_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-86292-1_6
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag
Print ISBN: 978-3-528-08686-2
Online ISBN: 978-3-322-86292-1
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