Zusammenfassung
Die allgemeine Problematik Bürgerinitiativen, Protestbewegungen, freiwillige Vereinigungen aller Art zur Durchsetzung bestimmter kollektiver Bedürfiiisse, bürgerschaftliche Zusammenschlüsse sowie lose nicht-institutionalisierte Gruppierungen gehören, zumindest seit den letzten zwei bis drei Jahrzehnten, zum selbstverständlichen Erscheinungsbild modemer repräsentativer Demokratien. Sie versuchen, die Kluft zwischen den einzelnen Staatsbürgem und den politischen Institutionen zu überbrücken und beschreiten dabei Wege, prinzipiell der Idee direkter Demokratie folgend, die im normalen politischen Prozeß der Meinungsbildung und indirekten Beteiligung an der Entscheidungsbildung nicht vorgesehen sind. Das gilt praktisch fiir alle Ebenen des öffentlichen Lebens, also sowohl fiir den kommimalen, regionalen, nationalen und intemationalen Bereich. Institutionalisierte Rückkopplungsmechanismen — außerhalb der Wahlen — wie Anhömngsverfahren, Abgeordnetensprechstunden, Ratsversammlungen, Petitionsausschüsse oder der in einigen Ländem hierfür gesetzlich vorgeschriebene Ombudsman bzw. begrenzt zulässige Referenden sind offenbar nicht in der Lage, den Hiatus zwischen Regiemng und Volk zufriedenstellend zu neutralisieren. Nur wenigen gesellschaftlichen Gmppen dieser Art geht es dabei um fundamentale Systemkritik (obwohl diese Idee bei vielen bürgerschaftlichen Zusammenschlüssen, häufig aus Fmstrations-Erlebnissen, durchaus mitschwingen kann); die Mehrzahl der Initiativen sieht ihr Betätigungsfeld vor allem auf lokaler und regionaler Ebene, wo versucht wird, unmittelbar erfahrbare Probleme wie Lärm, Umweltverschmutzung, Straßenbau, Eingriffe in die Wohnstruktur durch Dmck auf die politisch Verantwortlichen und auf die Öffentlichkeit auf für die Betroffenen befriedigende Weise einer Lösung zuzuführen, die zumeist der offiziell vorgesehenen widerspricht, zumindest aber nicht entspricht.
“Allerdings kann der Einzelne sehr wenig verrichten, die vielen Einzelnen dagegen sehr viel…” Peter Atteslander (1971, S. 300)
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Reimann, H. (1994). Zivismus mit Resonanz. In: Reimann, H., Müller, HP. (eds) Probleme moderner Gesellschaften. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86143-6_9
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