Zusammenfassung
Politische Erziehung setzt Klarheit über das Wesen von Politik und Erziehung voraus; solche Klarheit ist unserer Zeit weitgehend abhanden gekommen. Daß Erziehung es wesentlich mit der Bildung (educatio, formazione), d.h. der heteronomen Formung des natürlichen Menschen zum rechten Menschen zu tun hat, widerstrebt seit Rousseau dem pädagogischen Zeitgeist. Der Gedanke autonomer Entfaltung der natürlichen Anlagen, wie er aller modernen Pädagogik zugrunde hegt, ist der Gegenbegriff aller älteren Theorie der Erziehung. In der Bewährungsprobe des politischen Unterrichts scheint sich die Grenze dieser modernen Pädagogik zu enthüllen, nicht weniger aber auch das Ungenügende unseres modernen Begriffs der Politik. Denn daß Politik es wesentlich mit der Herrschaft, der guten, gerechten, in die Verantwortung gezwungenen Herrschaft zu tun hat, ist in der Nachfolge Rousseaus gleichfalls als die große Ketzerei verschrieen worden. Der moderne theoretische Begriff der Demokratie, begriffen als Selbstherrschaft (Identität von Regierenden und Regierten), hat die Tatsache der Herrschaft bisher allerdings nur theoretisch beseitigen können. Dabei wird es wohl auch bleiben.
Erstveröffentlichung in: Gesellschaft, Staat, Erziehung 1957, H. 7, S. 330–339.
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© 1974 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Hennis, W. (1974). Das Modell des Bürgers. In: Ackermann, P. (eds) Politische Sozialisation. Studienbücher zur Sozialwissenschaft, vol 15. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86106-1_12
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