Zusammenfassung
Gemäß Adam Podgórecki ist Gesellschaftstechnik „eine angewandte (oder: praktische) Gesellschaftswissenschaft, welche den Praktiker darüber informiert, wie er effektive Mittel zur Realisierung angestrebter gesellschaftlicher Ziele findet, wenn eine gegebene Menge erwiesener Theoreme über menschliche Handlungsweisen bereitstehen”1. Demgegenüber betrachten wir hier Gesellschaftsarchitektur als eine interdisziplinäre wissenschaftliche Kunst im Dienste der Konstruktion gesellschaftlicher Institutionen; und zwar sollen Institutionen künftig nicht „um der Schönheit willen”2 planvoll gestaltet werden, sondern zwecks Steigerung der Qualität unseres Lebens durch gezielte Förderung der Entfaltung eines höheren Grades an Menschlichkeit unter den Menschen. Entsprechend unterscheiden sich die Problemansätze der Gesellschaftstechnik und Gesellschaftsarchitektur insofern klar, als ‚Gesellschaftstechnik’ sich mit Fragen technischer Organisation in der Weise rationaler und administrativer Ordnung beschäftigen wird3, während ‚Gesellschaftsarchitektur’ künstlerisch auf menschliche Organisation mittels Konstruktion gesellschaftlicher Institutionen zielt; trotz ihrer offenkundigen Gegensätzlichkeit im Ansatz bemühen sich jedoch sowohl Gesellschaftstechnik als auch Gesellschaftsarchitektur um die Lösung eines gemeinsamen Problemfeldes: unserer gegenwärtigen Aufgabe einer planvollen Steuerung gesellschaftlichen Handelns.
… uns genügt die Vergangenheit: und zwar (haben) wir…
bis auf diesen Augenblick ständig Gefahren (durchgemacht) — wobei wir über den vergangenen Tag froh sind und über den herannahenden uns fürchten …
…wovon das Schlimmste nicht Werk der Götter, auch nicht des Zufalls, sondern der Regierenden ist…
…stumpfsinnig oder übergeduldig ist, wer sich selbst noch länger zu fehlerhaften Handlungen beliebigen Leuten überläßt…
Trasymachos aus Chalkedon, 5. Jahrh. v. Chr.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Anmerkungen
Vervielfältigung: Sociotechnique — Methods and Problems, S. 10 f.
Karl R. Popper, The Open Society and its Enemies, vol. I, S. 165, New York, N. Y., 1963.
Vgl. Philip Selznick hinsichtlich ‚technische Organisation’, e. g. in: Leadership in Administration, S. 5, New York, N. Y., etc., 1957.
Bezieht sich auf Thomas S. Kuhn, The Structure of Scientific Revolutions, in: International Encyclopaedia of Unified Science, vol. 2, Nr. 2, Chicago 1970.
Siehe Adam Podgórecki, a. a. O., S. 27.
Siehe ‚Denken’, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, vol. 2, S. 60–102, Darmstadt 1972.
Martin Heidegger, Die Zeit des Weltbildes, in: Holzwege, S. 69 ff., Frankfurt 1957.
The Direction of Time, S. 12 ff., Berkeley, etc., 1971.
Vgl. Paul Zweig, The Heresy of Self-Love, New York, N. Y., 1968.
John Dewey, Titel eines seiner Bücher, New York, N. Y., 1960 (19291).
Vgl. Milton Rokeach, The Open and Closed Mind, New York, N. Y., 1960.
Kuhn, a. a. O., S. 2.
Angedeutet bereits in seinem Buch ‚Kants Theorie der Erfahrung’, Berlin 1871; systematisch ausgearbeitet später in der ‚Logik der reinen Erkenntnis’, Berlin 1902. Am wichtigsten ist in diesem Zusammenhang jedoch ‚Das Prinzip der Infinitesimal-Methode und seine Geschichte’, Berlin 1883.
In: Ideology and Organization in Communist China, Berkeley, etc., 1970.
In: Lexis I und II, 1948 und 1949.
In einem Vortrag im BBC, zitiert im MONAT, S. 40,1949.
Max Planck, in: Kuhn, a. a. O., S. 151: „ … eine neue wissenschaftliche Wahrheit überzeugt nicht dadurch, daß sie ihre Gegner überzeugt … ‚ sondern eher, weil ihre Gegner schließlich sterben ... ”.
Siehe Charles A. Reich, The Greening of America, New York, N. Y., 1971.
Siehe Norman O. Brown, Love’s Body, New York, N. Y., 1966
Hermann Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker, S. 127, hg. v. Walther Kranz, Hamburg 1957.
Popper, ’Open Society‘, a. a. O., vol. II, S. 225.
Siehe Anm. 21.
Vgl. ’Symbolic Interactionism‘ von Herbert Blumer, Englewood Cliffs, N. J., 1969.
Blumer, a. a.O., S. 82.
Blumer, a. a. O., S. 14.
Meine Hervorhebung; Popper, ’Open Society‘, a. a. O., vol. II, S. 157.
Popper, ’Open Society‘, a. a. O., vol. I, S. 158.
Siehe Anm. 26.
Popper, ’Open Society‘, a. a. O., vol. I, S. 159.
Popper, ’Open Society‘, a. a. O., vol. I, S. 166.
Popper, ’Open Society‘, a. a. O., vol. I, S. 167.
Popper, ’Open Society‘, a. a. O., vol. II, S. 240.
Popper, ’Open Society‘, a. a. O., vol. I, S. 62.
Popper, ’Open Society‘, a. a. O., vol. I, S. 57–85.
Popper, ‘Open-Society’, a. a. O., vol. I, S. 57.
Diels, a. a. O., S. 122.
Marshall McLuhan, Environment as Programmed Happening, in: Knowledge and the Future of Man, hg. v. Walter J. Ong, S. J., S. 118, New York, N. Y., etc., 1968.
Meine Hervorhebung; Popper, ’Open Society‘, a. a. O., vol. II, S. 239.
Popper,‘ Open Society’, a. a. O., vol. II, S. 238.
Platons Einstellung gegenüber den Künsten, insbesondere der Musik, ist gut bekannt; inter essanterweise gibt Popper diesbezüglich seine Sympathie für Platon zu, siehe vol. I (’Open Society‘), S. 230.
Titel eines der Bücher von B. F. Skinner, New York, N. Y., 1971.
Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, S. 66, New York, N. Y., 1961.
Erich Kahler, Out of the Labyrinth, S. 64, New York, N. Y., 1967.
Vgl. W. Krawietz, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, a. a. O., S. 1098–1102; s. a. meine eigenen Beiträge; a) das ‚Prinzipielle’ in der Freirechts-Bewegung (= Schriften zur Rechtslehre und Politik, Bd. 62), Bonn 1968, sowie Freirecht — revisited, emphasizing its property-space, ARSP, vol. LX/1, S. 113 ff., Wiesbaden 1974.
Siehe Norbert Reich, Sociological Jurisprudence und Legal Realism im Rechtsdenken Amerikas, S. 37 ff., Heidelberg 1967.
Einleitung in das Deutsche Privatrecht, innerhalb des Zusammenhanges der S. 130 f., Göttingen 1851.
La Declaration des Droits Sociaux, S. 73, Paris 1946.
Vgl. z. B. die Arbeiten von Georg Simmel, insbesondere seine ‚Soziologie’.
Siehe Anm. 37.
Erich Kahler, The Disintegration of Form in the Arts, S. 88 f., New York, N. Y., 1967.
John Cage, in: Kahler, ’Disintegration‘, a. a. O., S. 91.
Franz Mohn, in: Kahler, ’Disintegration‘, a. a. O., S. 85.
Alfredo Guiliani, in: Kahler, ’Disintegration‘, a. a. O., S. 83.
Siehe McLuhan, a. a. O., S. 117.
Die Deutsche Ideologie, in: Marx-Werke, vol. II, S. 17, hg. von H.-J. Lieber/P. Fürth, Darmstadt 1971.
Siehe e. g. Karl Marx und die Menschlichkeit, Reinbek 1969.
Popper, ‚Elend’, a. a. O., S. 67.
Gesammelte Werke, vol. 18, S. 129, hg. vom Suhrkamp-Verlag in Zusammenarbeit mit E. Hauptmann, Frankfurt 1967. Siehe auch Literatur, die in ‚Die Zeit’, Nr. 30, S. 10, Hamburg 1970, zitiert ist; sowie den Artikel von Dieter E. Zimmer, Der Aufstand der Macher, in: ‚Die Zeit’, a. a. O., S. 9 f.; Zimmer verteidigt in äußerst zynischer Weise die gegenwärtige Medienstruktur. Robert Jungk antwortet auf Zimmers Artikel in ‚Die Zeit’, Nr. 34: ‚Zimmer-Luft’ oder Ather für alle?
Siehe z. B. The China Quaterly (hg. v. Comtemporary China Institute, London), welches ständig Auszüge aus den Zeitungen druckt.
Siehe e. g. Remus Radulet in ‚Der Gesetzesbegriff in der Philosophie und in den Einzelwissenschaften’, S. 232, hg. von G. Kräber, Berlin 1966.
Siehe ‚Auf der Suche nach der vergangenen Zeit’ (= A la recherche du temps perdu), Frankfurt 1964.
In ’The Spectrum of Social Time’, S. 21, Dordrecht 1964.
Helmut Schelsky, Auf der Suche nach der Wirklichkeit, S. 262 ff., Düsseldorf 1965.
Marx-Werke, a. a. O., vol. II, S. 4.
Vgl. Everett Cherrington Hughes, Institutions, in: The Principles of Sociology, S. 128, hg. v. Alfred McClung Lee, New York, N. Y., 1972.
Philip Selznick, TVA and the Grass Roots, e. g. S. 10 f., New York, N. Y., 1966.
Hughes, a. a. O., S. 125.
Rober Michels, Political Parties, New York, N. Y., 1959. Es ist der Zweck dieses ganzen Buches, den oligarchischen Charakter der Organisationen aufzuzeigen, z. B. S. 401: „Wer Organisation sagt, sagt Oligarchie.”
Die Abhandlung ‚Der Weg zur Gesellschaft als Kommunikativer Regelkreis’ wird in der Sammlung von Essays mit dem Titel: Der Beruf unserer Zeit für Rechtstatsachenforschung und Gesellschaftsarchitektur, enthalten sein.
Marshall McLuhan, z. B. The Medium is the Massage, S. 66 f., New York, N. Y., etc., 1967.
Florian Znaniecki, On Humanistic Sociology, S. 252, Ausgewählte Abhandlungen, hg. v. Robert Bierstedt, Chicago und London 1969.
Siehe Fußnote 71.
Siehe Fußnote 30.
Vgl. Erich Kahler, Man the Measure, S. 11–14, New York, N. Y., 1956.
Vgl. Z. B. Jenseits von Gut und Böse’, ‚Zur Genealogie der Moral’, etc.
Das ‚ Verlangen nach Pattern-(Re)cognition (= Schemen-(er)kenntnis)’ ist eine Folge der Preisgabe des klassischen Forschungsansatzes, der darin bestand, besondere Gegenstände als individuelle Einheiten auszusondern, d. h. sie von der Umwelt, deren Teil sie bilden, zu isolieren. Es gibt bereits eine wachsende Anzahl von Büchern, welche die neue Art der wissenschaftlichen (Er-)Kenntnis behandeln, die meisten Autoren sind sich jedoch nicht bewußt, daß sie eine neue Art wissenschaftlicher (Er-)Kenntnis besprechen. Die beiden Bücher, die von Satori Watanabe herausgegeben wurden, a) Methodologies of Pattern Recognition und b) Frontiers of Pattern Recognition, New York/London 1969 bzw. 1972, mögen geeignet sein, in die neue Art wissenschaftlicher Untersuchung einzuführen. Siehe jedoch auch z. B. Satori Watanabe, Knowing and Guessing, New York etc. 1969; M. Bongard, Pattern Recognition, New York etc., 1970; und das Buch von Leonard Uhr, Pattern Recognition, New York etc., 1966. Eine Diskussion der Problematik ist in diesem Zusammenhang völlig unmöglich, im übrigen sollte angenommen werden können, daß jeder Leser über die ‚Revolution’ in den Wissenschaften informiert ist, die seit mindestens 1960 immer weiter an Boden gewinnt.
In Vorlesungen, Seminaren und persönlicher Kommunikation; die Einstellung von Glock geht offenbar auf seinen Lehrer Paul F. Lazarsfeld zurück. Vgl. Anm. 23 des ersten Beitrag von Adam Podgórecki.
Hermann Diels, a. a. O., S. 66 f., siehe insbesondere Fragment 4.
Vgl. z. B. Hans-Georg Gadamer, Wahrheit und Methode, Tübingen 1960; Emilio Betti, Teoria generale della interpretazione, 2 vols., Rom 1956. Siehe auch die anderen Titel von Gadamer und Betti. Da diese beiden Autoren recht kontrovers sind, mögen sie zusammen einen ganz guten Uberblick über das Problem geben.
Vgl. z. B. ‚Gehörsinn’, in: Das Fischer-Lexikon, vol. 6, Psychologie, S. 126–132, hg. v. Peter R. Hofstätter, Frankfurt 1957. Ergänzend mag das Buch von Burghauser-Spelda, Akustische Grundlagen des Orchestrierens, Regensburg 1971, herangezogen werden. Siehe auch die Bücher von McLuhan und seinen Schülern, insbesondere Hot and Cool, S. 260–292, eine Sammlung von Essays, hg. v. Gerald E. Stearn, New York 1969; und Verbi-Voci-Visual Explorations, New York etc., 1967 (von McLuhan u. a.).
In: Doktor Faustus, Stockholm 1947.
Vgl. E. O. James, Magisch-religiöse Praktiker in der primitiven Gesellschaft, in: D. Savramis, Religionen, S. 23–36, Düsseldorf etc., 1972.
Zitiert von Günter Heintz, Point de Vue, in: Zeitschrift für philosophische Forschung, vol. 27, S. 101, Meisenheim 1973.
Vgl. e. g. Hamburger Modell einer einstufigen Juristenausbildung vom 15. Juni 1970, Berichte und Dokumente aus der Freien und Hansestadt Hamburg, Nr. 220. Hier stellt eine Kommission des Senates schlicht fest, daß es mittlerweile unmöglich ist, Studenten innerhalb von fünf Jahren, bei nur 4–6 Wochen Ferien jährlich, in das juristische Studiengebiet einzuführen (S. 9). Mittlerweile sind die Bücher Legion, die das Unvermögen unserer juristischen Fakultäten hervorheben, ihrer Ausbildungsaufgabe noch in irgendeiner relevanten Weise gerecht zu werden. Für die Juristen, die heute an unseren Universitäten ausgebildet werden, wird es wahrscheinlich schon in zehn Jahren keinerlei Arbeitsmöglichkeit mehr geben, es sei denn, sie würden sich als Theologen oder Straßenfeger verdingen, etc. Man kann sich nur über die Gleichgültigkeit der Offentlichkeit wundern, die diesen Humbug der gegenwärtigen juristischen Ausbildung noch weiter mit ansieht.
Vgl. The Social Role of the Man of Knowledge, S. 23 ff., New York, N. Y., 1965.
Siehe Fußnote 85, S. 164 ff.
Der Beruf der Wissenschaft, S. 7, Berlin 1920.
Siehe Fußnote 87, S. 10.
2000 n. Chr., S. 72 f., Wien 1967.
Tenor der Gedichte von Robert Fure; ich möchte an dieser Stelle Robert Fure meinen herzlichen Dank für seine zähe redaktionelle Arbeit am englischen Original des Textes, der dieser Ubersetzung zugrundeliegt, aussprechen; das Original erscheint bei Jossey-Bass, hg. von Albert B. Cherns.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1975 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Schmidt, J.K.H.W. (1975). Der Nutzen einer Gesellschaftstechnik für die Gesellschaftsarchitektur. In: Schmidt, J.K.H.W. (eds) Planvolle Steuerung gesellschaftlichen Handelns. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86094-1_7
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-86094-1_7
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-11282-4
Online ISBN: 978-3-322-86094-1
eBook Packages: Springer Book Archive