Gesellschaftstechnische Entwicklungsrichtungen in der Geschichte politischen Denkens bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts

Zusammenfassung

Angesichts der Kompetenzverteilung in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, die den Kulturwissenschaften eigentümlich ist, beschäftigen sie sich mit der Analyse und Interpretation hochdifferenzierter Texte. Die Unterschiede dieser Texte betreffen Merkmale, deren Natur zufriedenstellend erhellt werden mag, vorausgesetzt, daß Wissenssozioiogen und Ideologiesoziologen und Soziologen der Ausdrucksformen und gelehrten Erklärungen an den Untersuchungen, Überlegungen und Studien dieser Texte teilnehmen. Texte, für die sich Historiker politischen Denkens interessieren, unterscheiden sich primär nach:

• a) der Struktur des theoretischen Denkens, dem Grad und Rahmen der Kenntnisse, der ideologischen Orientierung, ‚Partei’-Mitgliedschaft und gesellschaftlichen Rolle des Verfassers,

• b) der Struktur des Gegenstandes und der gesellschaftlichen Funktion des Textes, seinem Aufbau und dem Stil der Erklärung.

„Indessen sind soziologische Beobachtungen alter Historiker wie Thukydides, Polybius, Tacitus und gleichfalls solche von Aristoteles in seiner Politik, Ibn Khaldun in seinen Prolegomena oder entsprechende Betrachtungen von Machiavelli, Montaigne, Hobbes oder Helvetius, viel aktueller für den heutigen Leser, der sich für gesellschaftliche Probleme interessiert, als es Arbeiten auf naturwissenschaftlichem Gebiet, die gleichzeitig mit jenen alten literarischen Abhandlungen geschrieben wurden, für gegenwärtige Naturforscher sind. Die unmittelbare Lektüre Jahrhunderte alter — unerwähnt sollen Autoren des 19. Jahrhunderts bleiben — soziologischer Überlegungen (nicht nur als Dokumente jener vergangenen Epochen) mag für zeitgenössische Soziologen lehrhaft sein und sie inspirieren.“

Stanislaw Ossowski

O osobliwosciach nauk spolecznych (Über die Besonderheiten der Gesellschaftswissenschaften)