Zusammenfassung
Die Komplexität des Gebildes sui generis “Europäische Gemeinschaft”, ihr kaum durchschaubarer EntScheidungsprozeß und die verwirrenden Organstrukturen und Kompetenzverteilungen erschweren eine Beurteilung, welche Folgen die europäische Einigung auf nationaler Ebene z.B. für den Deutschen Bundestag besitzt. Hemmend wirken sich auch Mißverständnisse aus, die aus der Fülle von zusammenhanglosen Detailinformationen über die EG entstehen, wenn täglich in den Medien über Ämter, Richtlinien, Fonds, Normen oder Vertragsänderungen berichtet wird. Urteile über die EG schwanken daher zwischen zentralisüscher Superbürokraüe und folgenloser Politikveranstaltung. Der vorliegende Beitrag will vor diesem Hintergrund versuchen, die Auswirkungen der europäischen Integration auf die Steuerungskapazität des Deutschen Bundestages und seine künftige Rolle in der Gemeinschaft zu beschreiben.
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Hinweise
KOM (85) 310 endg., wo 278 Maßnahmen zur Vollendung des Binnenmarktes aufgeführt und begründet sind; im folgenden nur als Binnenmarktprogramm bezeichnet.
Die erste dieser Vertragsänderungen trat 1987 mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) inkraft. Mit den Beschlüssen von Maastricht 1991, die den nationalen Parlamenten zur Ratifizierung vorliegen, steht die zweite Vertragsreform an.
Auch Ehlermann kommt in einer Bestandsaufnahme der Einheitlichen Europäischen Akte zu diesem Ergebnis. Vgl. Claus-Dieter Ehlermann, Die institutionelle Entwicklung der EG unter der einheitlichen Europäischen Akte, in: Aussenpolitik, II/1990, S. 136–146.
Als Rechtsinstrumente kennt die EG Verordnungen, die in allen Mitgliedstaaten unmittelbar gelten, Richtlinien, die in nationales Recht umgesetzt werden müssen, Entscheidungen, die ein einzelnes Rechtssubjekt betreffen und ebenfalls unmittelbar gelten, sowie Empfehlungen, die keine Rechtswirksamkeit besitzen. Darüber hinaus erläßt die Kommission auf Grundlage ihrer Durchführungsbefugnisse Rechtsakte, und die europäischen Normungsinstitute CEN und CENELEC legen EG-weit verbindliche Normen fest. Vgl. Bengt Beutler, / Roland Bieber, / Jörn Piepkorn, / Jochen Streil, Die Europäische Gemeinschaft: Rechtsordnung und Politik der EG, 3. Aufl., Baden-Baden 1987, S. 171ff.
Vgl. Artikel 130d EWG-Vertrag.
So werden z.B. die Kontrollen der indirekten Steuern während einer Übergangszeit lediglich von den Grenzen in die Finanzverwaltungen verlagert, ohne daß hier von einer Beseitigung die Rede sein kann; vgl. Handelsblatt-Serie zur Umsatzbesteuerung Januar/Februar 1992 und EG-Dokument KOM (89) 556.
So sind soziale Probleme unvermeidlich, wenn Unternehmen vom Markt verschwinden oder ganze Regionen von einem Strukturanpassungsprozeß erfaßt werden. Selbst im günstigen Fall, wo neue zukunftsträchtige Branchen an die Stelle der nicht mehr wettbewerbsfähigen treten, dauert es i.d.R. mehrere Jahre, bis der gleiche Beschäftigungsstand erreicht wird.
Meist rein staatsrechtliche, sicherheitspolitische oder ökonomische Programme. Vgl. z.B. Hugo Dicke, Europa’ 92: Unzeitgemäßes Integrationskonzept?, in: Außenpolitik, II/1991, S. 161–170.
Vgl. ebd.; Christian Lutz, EG’ 92: Optionen der Schweiz im künftigen Europa, Erwartungen, Hoffnungen, Realitäten, Bern/Stuttgart 1989.
Bei derartigen Initiativen des Europäischen Parlaments, die fast durchweg über diejenigen der anderen Organe hinausgehen ist aber zu berücksichtigen, daß insbesondere der Kritikpunkt “Demokratiedefizit” aus berechtigtem Eigeninteresse des Europäischen Parlaments konsequent in die Diskussion gebracht wird und die übrigen Vorschläge aufgrund seiner geringen Mitwirkungsmöglichkeiten in der Praxis vom Europäischen Parlament nicht verantwortet werden müßten. Es befindet sich in dieser Hinsicht in der “komfortablen” Position einer Oppositionspartei, die nicht vor der Schwierigkeit steht, ihre Initiativen in praktische Politik umzusetzen.
Vgl. die Einschätzung der Bundestagsspräsidentin Rita Süssmuth, Nach Maastricht — Viel bleibt noch zu tun, in: EG-Magazin, 1/2 1992, S. 4–5.
Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsrecht, Sonderregelung für Ausländer, Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise, Dienstleistungen, Forschung, Aktionsprogramme zum Umweltschutz und Binnenmarkt, wobei letzteres nach Verabschiedung des größten Teils des Maßnahmenkatalogs des Weißbuchs weitgehend erledigt ist. Vgl. Reinhold Bocklet,: Ancien Régime, in: EG-Magazin, 1/2 1992, S. 11.
S.u.: Im Gegensatz zum Europäischen Parlament, dessen wichtigste Funktionen nicht nur wegen seiner rechtlichen Stellung im politischen System der EG in der Systemgestaltung, der Interaktion und der Politikgestaltung liegen, vgl. Eberhard et al Grabitz et al., Direktwahl und Demokratisierung. Eine Funktionenbilanz des Europäischen Parlaments nach der ersten Wahlperiode, Bonn: Europa Union Verlag 1988.
Bis Mitte 1992 fehlten weniger als 50 Maßnahmen von insgesamt rund 300. Allerdings unterscheiden sich die Mitgliedstaaten noch sehr bzgl. des Umfangs der Umsetzung.
Vgl. Beutler et al., Die Europäische Gemeinschaft (Anm. 4), S. 118ff.
Das betrifft vor allem Vertragsänderungen und die Koordinierung von Maßnahmen, für die die EG selbst keine Zuständigkeit besitzt.
Allerdings sind diese spill-over-Effekte kein Spezifikum der jüngeren EG-Integration. Theoretisch wurden sie bei der Diskussion um eine Integrationstheorie zu Zeiten der Gründung der EWG bereits von Haas formuliert. Ernst B. Haas, The Uniting of Europe, London: Stevens & Sons 1958.
Insider des europäischen EntScheidungsprozesses zeigen anhand des deutlich veränderten Verhaltens der nationalen Delegationen nach dem Übergang zur Mehrheitsentscheidung als allgemeinem Prinzip, daß sich Integrationsfortschritte aus der Eigendynamik des Prozesses entwickeln. Vgl. Ehlermann, Die institutionelle Entwicklung der EG (Anm. 3), S. 139.
Wie bei der Richtlinie über “vor dem Führersitz angebrachte Umsturzvorrichtungen an land-und forstwirtschaftlichen Schmalspurzugmaschinen auf Rädern”. Zitiert nach Hugo Dicke, Der Wandel des Integrationskonzepts in der EG — Wirkungen auf Struktur und Wachstum, in: T. Ellwein, / J.J. Hesse, / R. Mayntz, / F.W. Scharpf, (Hrsg.), Jahrbuch zur Staats-und Verwaltungswissenschaft, Baden-Baden: Nomos 1989, S. 191.
Vgl. Albert Bleckmann, Die Umsetzung von Gemeinschaftsbeschlüssen in nationales Recht im Licht der Beziehungen zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 4/1991, S. 575.
Die Beispiele, wo nationale, regionale oder kommunale Maßnahmen wegen Verstößen gegen EG-Recht aufgehoben oder bereits im Ansatz blockiert wurden, sind zahlreich: In Deutschland wurde die Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr verhindert; in Berlin sorgte das Wettbewerbsverfahren wegen des Verkaufs eines Geländes am Potsdamer Platz an Daimler Benz für Aufsehen; für das kommunale Wahlrecht für EG-Bürger müssen verschiedene Verfassungen geändert werden.
Der steigende Output an europäischen Rechtsakten ist evident: Allein das Europäische Parlament nahm 1990 in den 12 Plenartagen 601 Entschließungen und Beschlüsse an, 3075 schriftliche und 1355 mündliche Anfragen wurden gestellt. Vgl. Kommission der EG. Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft 1990, Brüssel und Luxemburg 1991. Mit neuen Zuständigkeiten für das Europäische Parlament durch den Artikel 189b EWG-Vertrag ist mit einem starken Zuwachs an Vorlagen zu rechnen. Vgl. Wolfgang Wessels, Maastricht: Ergebnisse, Bewertungen und Langzeittrends, in: integration, 1/1992, S. 10.
Ein berühmtes Beispiel ist der Fall des deutschen Reinheitsgebots, das weiterhin maßgeblich für deutsches Bier ist. Alle anderen Biere aus EG-Ländern müssen aber in Deutschland verkauft werden dürfen. Erstmals entschied der EuGH 1979 in seinem Cassis-de-Dijon-Urteil nach diesem Prinzip.
Eine juristische Analyse über die mangelhafte Beteiligung des Parlaments am außenpolitischen Entscheidungsprozeß liefert Meinulf Dregger, Die antizipierte Zustimmung des Parlaments zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, Berlin: Duncker und Humblot 1989.
Vgl. z.B. die deutsche Diskussion um die Mehrwertsteuererhöhung oder die Reform des Asylrechts. In beiden Bereichen verlangt der Abbau von Grenzen eine Anpassung, womit sich die nationale Entscheidung nur noch auf das “wie”, nicht mehr auf das “ob” beschränkt.
Spätere Vertragsänderungen und neue Einflüsse auf die Funktionen des Bundestages haben die Bedingungen des Verhältnisses zwischen dem deutschen Parlament und EG-Organen zwar noch verschärft, nicht aber etwas qualitativ Neues gegenüber den ursprünglichen Vertragsregelungen bewirkt.
Der Europarechtler Albert Bleckmann spricht von der “Tatsache, daß in der Vergangenheit eher ein Regelungsdefizit als eine übermäßige Ausdehnung der eigenen Kompetenzen seitens der EG zu beklagen war”; vgl. Bleckmann, Umsetzung (Anm. 20), S. 572–583.
Vgl. Uwe Leonardy, Bundestag und Europäische Gemeinschaft: Notwendigkeit und Umfeld eines Europa-Ausschusses, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 4/1989, S. 528.
Vgl. Klaus Pöhle, Die Europa-Kommission des Deutschen Bundestages — ein politisches und geschäftsordnungsmäßiges Novum, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 3/1984, S. 352–358.
Vgl. Die Europa-Kommission des Deutschen Bundestages — ein politisches und geschäftsordnungsmäßiges Novum, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 3/1984, S. 352–358 ebd.
Vgl. Alwin Brück, Europäische Integration und Entmachtung des deutschen Bundestages: Ein Unterausschuß ist nicht genug, in: Zeitschrift fir Parlamentsfragen, 2/1988, S. 220–224.
Vgl. Woche im Bundestag 14/1991.
Bleckmann z.B. spricht von einem Ideal “aus der bisherigen Dokumentation”. Bleckmann, Umsetzung, (Anm. 20), S. 583.
So fordert z.B. die Vorsitzende des Europaausschusses, Renate Hellwig, gleiche Rechte für den Bundestag, wie sie dem Bundesrat oder dem britischen Unterhaus im EG-Gesetzgebungsprozeß eingeräumt wurden; vgl. Europäische Zeitung, Juni 1992, S. 4.
Die Europäische Zeitung meint: aus parteipolitischen Gründen, weil den Sonderausschußvorsitzenden die SPD stellt, während im Europaausschuß die CDU den Vorsitz hat; vgl. Europäische Zätung November 1992, S. 12.
Hieraus dürften auch frühere Fehleinschätzungen der rechtlichen Situation resultieren wie der Vorschlag der Bundestagspräsidentin Süssmuth, der Bundestag solle ein Brüsseler Büro einrichten. Leonardy weist auf die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit dieses Vorschlags hin; vgl. Leonardy, Bundestag und Europäische Gemeinschaft (Anm. 30), S. 527–544.
Vgl. Uwe Thaysen,: Interparlamentarische Kooperation in Europa, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 3/1984, S. 450.
Vgl. z.B. Grabitz, Direktwahl und Demokratisierung (Anm. 13).
Zu den Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Europäischen Union nach dem EWGV vgl. Beutler et al., Die Europäische Gemeinschaft (Anm. 4), S. 550ff.
Vgl. Eva-Maria Thöne-Wille, Die Parlamente der EG. Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente, Kehl/Straßburg: Engel 1984.
Hierfür liegen auch reichlich Vorschläge zur technischen und institutionellen Ausgestaltung vor. Vgl. z.B. Thöne-Wille, Die Parlamente der EG (Anm. 40); Bleckmann, Umsetzung (Anm. 20); Marinus P.C.M. van Schendelen, Images of Democratic Representation in the European Community, in: Hans-Dieter Klingemann/Richard Stöss/Bernhard Weßels (Hrsg.), Politische Klasse und politische Institutionen. Festschrift für Dietrich Herzog, Opladen: Westdeutscher Verlag 1991, S. 357–371.
Vgl. Bleckmann, Umsetzung (Anm. 20), S. 582.
Vgl. Schlußerklärung der Konferenz der Parlamente der Europäischen Gemeinschaften, verabschiedet am 30.11.1990 in Rom, in: Europa-Archiv, 1/1991, D21–D25.
Dieser beratende Ausschuß aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften muß künftig zu Fragen der Bildung und der Regionalpolitik gehört werden; vgl. Otto Schmuck, Der Maastrichter Vertrag zur Europäischen Union, in: Europa-Archiv, 4/1992, S. 103. Im Fall seines Vorgängers konnte die Kommission noch entscheiden, ob der Beirat gehört wird.
Andreas Kremer (Hrsg.), Die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich Spanien 1992 — Die Rolle der Länder und der Comunidades Autonomas im Europäischen Integrationsprozeß, München 1989.
So nahmen die Länder das Ratifizierungsgesetz zur Einheitlichen Europäischen Akte zum Anlaß, “eine neue Grundlage für die Bund/Länder-Zusammenarbeit in europäischen Angelegenheiten zu suchen” Vgl. Rudolf Morawitz,: Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der Wahrnehmung von EG-Aufgaben, in: Siegfried Magiera, / Detlef Merten, (Hrsg.), Bundesländer und Europäische Gemeinschaft, Berlin: Duncker und Humblot 1988, S. 45.
Vgl. Wolfgang Renzsch, Deutsche Länder und europäische Integration, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 28/90, 6.7.1990, S. 28–39.
Vgl. bereits Theo Stammen, Parteien in Europa, München 1978, S. 314ff.
Vgl. ebd. S. 315.
Der heutigen ELDR, wie sie seit der Aufnahme der spanischen und portugiesischen Reformdemokraten 1986 heißt. Vgl Hiltrud Naßmacher, Parteiorganisation, Parteiprogramme und Strukturen innerparteilicher Willensbildung, in: Oskar W. Gabriel, Die EG-Staaten im Vergleich, Opladen: Westdeutscher Verlag 1992, S. 249.
Oskar Niedermayer, Die Entwicklung der europäischen Parteibünde, in Zeitschrift für Parlamentsfragen, 3/1984, S. 360.
Vgl. Die Entwicklung der europäischen Parteibünde, in Zeitschrift für Parlamentsfragen, 3/1984 ebd. S. 363.
Die sich allerdings auch schwierig gestalten. So weist Melanie Piepenschneider auf die unterschiedlichen Argumentationslinien der einzelnen Mitglieder der Parteienbünde hin, was sich auch in offiziellen Verlautbarungen niederschlage; vgl. Melanie Piepenschneider, Die europäischen Parteienzusammenschlüsse, in: Jahrbuch der europäischen Integration 1990/91, Bonn 1991, S. 255.
Vgl. Wolfgang Wessels, Institutionelle Strategien für die Politische Union: Eine Neuauflage der EEA, in: Integration, 4/1990, S. 192–203; Otto Schmuck, Das Parlament, in: Jahrbuch der europäischen Integration 1990/91, Bonn 1991, S. 81.
Zwar wurde im Rahmen einer Strategie des Europäischen Parlaments als Antwort auf die Regierungskonfenzen 1991 eine Arbeit an strukturellen Änderungen angekündigt, die zu einer höheren Durchsetzbarkeit von Entscheidungen des Parlaments führen sollen. Konkrete Ergebnisse fehlen jedoch bislang, so daß weiterhin in der Profillosigkeit der Parteizusammenschlüsse das Hauptproblem liegt. Vgl. Piepenschneider, Parteienzusammenschlüsse (Anm. 53), S. 257.
Eine derartige Sichtweise findet sich beispielsweise bezüglich der Mitglieder des Europäischen Parlaments, die — gemessen am Deutschen Bundestag — über weit ungünstigere Voraussetzungen bei ihren Kontaktstrukturen verfügen; vgl. z.B. Eberhard Grabitz/ Otto Schmuck, Das Europäische Parlament im Verflechtungssystem der EG — Handlungsspielräume, Rollenbeschreibung, Funktionen, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 3/1984, S. 427–440; M. P. C. Schendelen, Das Geheimnis des Europäischen Parlaments: Einfluß auch ohne Kompetenzen, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 3/1984, S. 415–426.
Alle folgenden Angaben zu Kontakthäufigkeiten und Anteilen beziehen sich auf den Zeitraum eines Jahres. Es handelt sich um eine Standardisierung, die nach den Angaben der Befragten zu den durchschnittlichen Kontakthäufigkeiten pro Sitzungswoche vorgenommen wurde. Vgl. zum Verfahren Dietrich Herzog et al., Abgeordnete und Bürger, Opladen: Westdeutscher Verlag 1990, S. 18–35.
Unter “politischen Kontakten” sind in der Befragung Kontakte zu explizit politischen Organisationen, Institutionen und Behörden auf supranationaler, nationaler und Länderebene zu verstehen. Nicht einbezogen wurden hierin Kontakte zur eigenen und zu anderen Parteien.
Dieses Unterscheidungsproblem stellt sich aus den oben genannten Gründen auch in den folgenden Fragen.
Wie zuletzt das Verhalten der EG im Konflikt der Völker des ehemaligen Jugoslawien gezeigt hat. Zum Zeitpunkt der Befragung spielte die Außen-und Sicherheitspolitik der EG eine noch unbedeutendere Rolle.
Zumindest gilt das bis zum Schengener Abkommen und dem Vertrag von Maastricht, da mit dem Grenzabbau zwangsläufig auch Regelungen für die Verbrechensbekämpfung oder die Asylpolitik gefunden werden müssen. Darüber hinaus hat auch eine Europäische Unionsbürgerschaft mit aktivem und passivem Wahlrecht Auswirkungen auf die Innenpolitik.
Zur Bundesbank liegen die Kontakthäufigkeiten je nach Fraktion im Durchschnitt zwischen 0.1 und 3.4 Kontakten pro Jahr, zu den Obergerichten zwischen 0.9 und 3.6 Kontakten pro Jahr.
So weist Wessels ausdrücklich auf den Charakter eines dynamischen Prozesses hin. Die “Union” sei nicht mit einer Staatswerdung oder gar einer Verfassungsgebung gleichzusetzen; vgl. Wolfgang Wessels, Maastricht: Ergebnisse, Bewertungen und Langzeittrends, in: integration, 1/1992, S. 3.
Mit der Absicht fast aller west-und bereits einiger osteuropäischer Staaten, der EG beizutreten, ist mit der Schaffung eines Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) zwischen der EG und den EFTA-Staaten ein großer Schritt für künftige Vollmitgliedschaften getan worden.
Das ist auch das zentrale Problem bei der Ratifizierung der Beschlüsse von Maastricht.
Zum Verhältnis von Regierung und Parlament vgl. Meinulf Dregger, Die antizipierte Zustimmung des Parlaments zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, Berlin: Duncker und Humblot 1989.
Weiter vorausdenkende Szenarien, die beispielsweise von den 36 KSZE-Mitgliedern ausgehen, sehen hier das wesentliche institutionelle Hindernis für die künftige Funktionsfähigkeit der EG. Vgl. Herbert Kremp, 35 — das ist Anarchie, in: Die Welt, 9.4.1991.
Der EG sollen nur Zuständigkeiten übertragen werden, die nicht von den Mitgliedstaaten oder ihren Gebietskörperschaften besser ausgeübt werden können.
So hat sich Belgien 1990 in einen Bundesstaat umgewandelt, und im zentralistischen Frankreich sind 1987 Maßnahmen zur Dezentralisierung durchgeführt worden. In Italien, wo derzeit die Reform des gesamten politischen Systems diskutiert wird, hat im Mai 1991 die stärkste Partei, die DC, ein Verfassungsreformpaket vorgelegt, das u.a. eine deutliche Aufwertung der regionalen Autonomie zum Inhalt hat. Vgl. Neue Zürcher Zeitung, 28.5.1991, S. 5.
Weshalb in den Vertragstexten von Maastricht das “f-word” (federal) nicht auftauchen durfte.
Vgl. FAZ vom 23.4.1991.
Allerdings handelt es sich auf europäischer Ebene wegen der institutionellen Verfaßtheit der EG um ein anders gelagertes Verhältnis. Der Rat ist zugleich Gesetzgeber und — zusammen mit der Kommission — Exekutive, während das Europäisches Parlament erst versucht, volle Parlamentsrechte zu erhalten.
Vgl. Eberhard Grabitz, et al., Direktwahl und Demokratisierung. Eine Funktionenbilanz des Europäischen Parlaments nach der ersten Wahlperiode, Bonn: Europa Union Verlag 1988.
“Der gemeinsame Markt wird nach Prinzipien regiert, wie sie vor 1830 üblich waren, ganz so, als wären die Verfassungskämpfe der letzten hundertfünfzig Jahre vergeblich gewesen.” Hans Magnus Enzensberger, Brüssel oder Europa — eins von beiden, in: ders., Der fliegende Robert, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1989, S. 121.
Vgl. Parlamentsdebatte im April 1991 anläßlich der Vorlage des luxemburgischen Außenministers Poos vor dem Europäischen Parlament über dessen künftige Rolle in einer Politischen Union. Vgl. Europäische Zeitung, 5/1991, S. 4.
Vgl. Wessels, Institutionelle Strategien (Anm. 54), S. 192–203.
z.B. die Kontrolle und demokratische Verantwortung bei einer Ausweitung des EG-Haushalts.
Die Kommission spricht gar von einem Ausbau der legislativen Befugnisse zum Europäischen Parlament als “obersten Legislativorgan”; vgl. FAZ, 5.5.1990.
Zweifel in der ansonsten fast unisono vorgetragenen Forderung nach einer Parlamentarisierunh nach nationalstaatlichem Muster äußert van Schendelen, Images (Anm. 41).
In der Einschätzung von 85% der Bundestagsabgeordneten entspricht das “duale Modell” (Die Regierung und die sie tragende Mehrheit verstehen sich als eine Einheit. Ihnen steht die Opposition gegenüber, die ggf. zur Regierungsbildung bereit ist) zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen Parlament und Regierung am ehesten der Realität; vgl. Herzog et al., Abgeordnete und Bürger, (Anm. 57), S. 103.
Entsprechend wurde in den ersten Vorlagen der Regierungskonferenz die prinzipielle Orientierung des Rates und der Kommission auf den demokratischen Ausbau der EG betont (vgl. Poos, in: Europäische Zeitung, 5/1991, S. 4), ohne daß sich jedoch mit den konkreten Vorschlägen der Kommission an der tatsächlichen Mitwirkung des Europäischen Parlaments etwas ändern würde (vgl. Hans Peters, Jetzt Parlamentsrechte erkämpfen, in: Europäische Zeitung, 5/1991, S. 1).
Die jeweils spezifischen nationalen Unterschiede sollen hier nicht weiter diskutiert werden. Vgl. dazu die regelmäßigen Untersuchungen in “Europäische Wirtschaft”.
Vgl. Art. 2 des Zustimmungsgesetzes zur Einheitlichen Europäischen Akte.
Andere Autoren wie Otto Schmuck sahen hingegen eine tatsächliche Möglichkeit des Europäischen Parlaments, das Vertragspaket abzulehnen; vgl. Otto Schmuck, Der Maastrichter Vertrag zur Europäischen Union, in: Europa-Archiv, 4/1992, S. 99.
Vgl. Peters, Jetzt Parlamentsrechte erkämpfen (Anm. 81), S. 1.
Die Institutionalisierung der Parlamentskonferenzen (Assisen) wurde nicht im Vertrag, sondern in einer Protokollnotiz festgelegt. Wessels zweifelt wegen der “vagen Formulierungen” an ihrem Erfolg, vgl. Wessels, Maastricht (Anm. 63), S. 13.
Vgl. Meinungsumfragen und Berichte über Irritationen nach Peter Gauweilers Wort vom “Esperanto Geld” oder der SPD-Diskussion im Bundesrat über die Chance eines deutschen Referendums als Reaktion auf die dänische Ablehnung der Maastrichter Beschlüsse.
So vom Leiter der Abteilung europäische Sozialpolitik im Bundesministerium für Arbeit; vgl. Peter Clever, Sozialcharta: Zwischenbilanz aus deutscher Sicht, in: EG-Magazin, 1/2 1991, S. 22–26.
Umgekehrt erwachsen aus dem Mangel an Überblick übergroße Ängste, wenn heute die Europäische Union in den Folgen mit der deutschen verglichen wird.
Wie oben gezeigt wurde, stehen selbst bei den strategischen Planungen über die vertragliche Weiterentwicklung der EG nationale Überlegungen im Vordergrund, wie beim deutschen Junktim von Wirtschafts-und Währungsunion sowie Politischer Union unterstellt werden kann.
Zum Beispiel beim Geldmengenziel, das nicht zufällig eine sehr spezielle Größe darstellt.
Enzensberger, Vermutungen über die Turbulenz, in: ders.: Der fliegende Robert (Anm. 74), S. 302.
Vgl. Niklas Luhmann, Politische Steuerung: Ein Diskussionsbeitrag, in: PVS, 1/1989, S.4.
Vgl. Fritz Scharpf, Politische Steuerung und Politische Institutionen, in: ebd., S. 10.
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Brückner, U. (1993). Der Deutsche Bundestag im europäischen Maßstab: Neue Anforderungen durch die Europäische Integration. In: Herzog, D., Rebenstorf, H., Weßels, B. (eds) Parlament und Gesellschaft. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, vol 73. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86034-7_7
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