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Der Deutsche Bundestag im Netzwerk organisierter Interessen

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Parlament und Gesellschaft

Zusammenfassung

Verbände und Interessengruppen spielen eine wichtige Rolle in der Artikulation und Vermittlung der Interessen der Bürger. Jedoch war das Verhältnis zwischen Verbänden und Staat in der Bundesrepublik lange Zeit in Verruf. In der frühen Phase der Bundesrepublik kulminierte die Abneigung der klassischen Staatstheorie gegen die Verbände im Begriff “Verbändestaat”. Auf der Suche nach der “Herrschaft der Verbände?” entwarf Theodor Eschenburg1 ein Schreckgespenst, ohne indes den wechselseitigen Austauschprozeß, der sich zwischen Verbänden und staatlichen Institutionen vollzieht, zu thematisieren — die Verbände galten lediglich als Störfaktoren. Mit der “pluralistischen Wende” trat die Trennung von Staat und Gesellschaft jedoch in den Hintergrund und die positive Funktion der Verbände und Interessengruppen für den gesamten politischen Prozeß und für das politische Gemeinwesen auf allen Institutionenebenen wurde — unter anderem vom Bundesverfassungsgericht — hervorgehoben2.

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Hinweise

  1. Theodor Eschenburg, Herrschaft der Verbände?, Stuttgart: DVA 1956; vgl. dazu u.a.: Jürgen Becker, Gewaltenteilung im Gruppenstaat. Ein Beitrag zum Verfassungsrecht des Parteien-und Verbändestaates, Baden-Baden: Nomos 1986, S. 186: Eschenburg habe “auf einer empirischen Basis, die z.T. eine chronique scandaleuse ist, die Verbandsmacht zu einem politologischen Topos gemacht”.

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  2. Vgl. Becker, Gewaltenteilung (Anm. 1), S.209. Auch das Bundesverfassungsgericht spricht den Verbänden eine wichtige Rolle bei der Fällung von Gemeinschaftsentscheidungen zu. Die Rechtsprechung beschränkt hier aber die Beteiligung auf die “Vorformung der politischen Willensbildung des Volkes im gesellschaftlich politischen Raum” (vgl. ebd., S.210). Sie betont damit die Trennung von Gesellschaft und Staat: “Es ist zwischen zwei — allerdings miteinander verschränkten — Willensbildungssystemen zu differenzieren: der Staatswillensbildung und den daran Beteiligten einerseits und der Volkswillensbildung mit den sie tragenden Kräften andererseits.” (Karl-Heinz Gießen, Die Gewerkschaften im Prozeß der Volks-und Staatswillensbildung, Berlin: Duncker & Humblot 1976, S.98f). Das bedeutet, daß grundsätzlich die Einbeziehung von Verbänden in den Prozeß der staatlichen Willensbildung verweigert, die Beeinflussung staatlichen Handelns durch Interessengruppen von außen aber gebilligt wird.

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  3. Vgl. Joseph H. Kaiser, Die Repräsentation organisierter Interessen, Berlin: Duncker & Humblot 1956, S.268; Brigitte Conradi, Die Mitwirkung außerstaatlicher Stellen beim Erlaß von Rechtsverordnungen, in: Heinz Josef Varain (Hrsg.), Interessenverbände in Deutschland, Köln: Kiepenheuer & Witsch 1973, S.298; Wilhelm Hennis, Verfassungsordnung und Verbändeeinfluß, in: Rudolf Steinberg (Hrsg.), Staat und Verbände. Zur Theorie der Interessenverbände in der Industriegesellschaft, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1985, S.77; Klaus von Beyme, Interessengruppen in der Demokratie, München:Piper 51980, S.182.

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  4. Vgl. die Literaturliste in Peter Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1982, Bonn 31984, S.721ff. ders., Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1980 bis 1984, Bonn 1986, S. 685ff.

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  5. Vgl. Gießen, Gewerkschaften (Anm. 2), S.62ff.; Conradi, Mitwirkung (Anm. 3), S. 295ff.; Heinrich Schröder, Gesetzgebung und Verbände — Ein Beitrag zur Institutionalisierung der Verbanasbeteiligung an der Gesetzgebung, Berlin: Duncker & Humblot 1976; Herbert Leßmann, Die öffentlichen Aufgaben und Funktionen privatrechtlicher Wirtschaftsverbände. Sozialer Befund, rechtliche Einordnung und Kontrolle, Köln/Berlin/Bonn/München: Heymann 1976, S.52ff.; Kurt Schelter, Demokratisierung der Verbände? Demokratie als Ordnungsprinzip in privilegierten Interessenverbänden, Berlin: Duncker & Humblot 1976 S.87ff.; Heinz Josef Varain, Verbändeeinfluß auf Gesetzgebung und Parlament, in: ders. (Hrsg.), Interessenverbände (Anm. 3), S. 305ff.; Peter Bernholz, Einige Bemerkungen zur Theorie des Einflusses der Verbände auf die politische Willensbildung in der Demokratie, in: Varain, Interessenverbände (Anm. 3), S. 339ff.; Günther Schmölders, Das Selbstbildnis der Verbände. Empirische Erhebung über die Verhaltensweisen der Verbände in ihrer Bedeutung für die wirtschaftspolitische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin: Duncker & Humblot 1965, S. 128ff.; Hans-Joachim Menzel, Legitimation staatlicher Herrschaft durch Partizipation Privater? Dargestellt am Beispiel der Beteiligung von Gewerkschaften in Gremien der Wirtschaftsverwaltung, Berlin: Duncker & Humblot 1980, S. 113ff.; Anton Pelinka, Gewerkschaften im Parteienstaat. Ein Vergleich zwischen dem Deutschen und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Berlin: Duncker & Humblot 1980, S. 108ff.; Hans Herbert Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen. Die Durchsetzungsschwäche allgemeiner Interessen in der Demokratie. Ein Beitrag zu verfassungsrechtlichen Grundfragen der Wirtschaftsordnung, Frankfurt a.M: Metzner 1977, S. 130ff.; Becker, Gewaltenteilung (Anm. 1), S.209ff; Kaiser, Repräsentation (Anm. 3), S. 181ff.; Beyme, Interessengruppen (Anm. 3), S. 160ff.

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  6. Vgl. insbesondere die vorzügliche Studie von Otto Stammer u.a., Verbände und Gesetzgebung, Köln/Opladen: Westdeutscher Verlag 1965, S.21.

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  7. Vgl. dazu exemplarisch: Schröder, Gesetzgebung (Anm. 5).

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  8. Vgl. Arnim, Gemeinwohl (Anm. 5), S. 137.

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  9. Vgl. ebd., S. 138; Rudolf Steinberg, Parlament und organisierte Interessen, in: Hans-Peter Schneider/ Wolfgang Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin/New York: de Gruyter 1989, S.243f. Dort heißt es: “nicht nur die Ministerialbeamten, auch die Abgeordneten können die Sachkunde der Verbände nutzen und damit — wenigstens ansatzweise — den Informationsvorsprung der Verwaltung ausgleichen.”

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  10. Hans Herbert von Arnim (Gemeinwohl [Anm. 5], S.140) verweist darauf, daß diese Informationen durchaus verbandspolitisch gefärbt sein können. Um sich aber als Interessengruppe dauerhaften Zugang zu verschaffen, sind die Verbände auch gehalten, keine bewußt unrichtigen Fakten vorzubringen. Dieser Mechanismus sichert somit zumindest eine gewisse Zuverlässigkeit verbandlicher Informationsquellen.

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  11. Zur konsenssichernden Wirkung von Partizipation vgl. Menzel, Legitimation (Anm. 5), S. 95ff.; zum Ausgleich der Interessen vgl. Conradi, Mitwirkung (Anm. 3), S. 300f.

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  12. Leßmann, Die öffentlichen Aufgaben (Anm. 5), S. 72.

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  13. Die Wirkung auf die öffentliche Meinung darf nicht unterschätzt werden; vgl. ebd., S. 70 ff.; Schelter, Demokratisierung (Anm. 5), S. 83.

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  14. Steinberg, Parlament, (Anm. 9), S. 244.

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  15. Vgl. Hennis, Verfassungsordnung (Anm. 3), S. 87.

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  16. Vgl. Steinberg, Parlament, (Anm. 9), S. 223f.

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  17. Vgl. Bernhard Weßels, Kommunikationspotentiale zwischen Bundestag und Gesellschan: Öffentliche Anhörungen, informelle Kontakte und innere Lobby in wirtschafte-und sozialpolitischen Parlamentsausschüssen, in: ZParl, 2/1987, S. 296. Bernhard Weßels verdeutlicht dies anhand einer Studie zu den Hearings des Bundestages sowohl des Finanz-und Haushalts-als auch des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in der neunten Legislaturperiode.

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  18. Vgl. Jürgen Weber, Die Interessengruppen im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz: Kohlhammer 1977, S. 279ff.; vgl. auch Gerhard Loewenberg, Parliament in the German Political System, Ithaca/New York: Cornell University Press 1967, S. 197ff., und Emil-Peter Müller, Interessen der Sozialpartner im XI. Deutschen Bundestag, in: ZParl, 2/1988.

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  19. Steinberg, Parlament (Anm. 9), S. 227.

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  20. Vgl. Bodo Zeuner, Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl 1965, Den Haag: Nijhoff 1970.

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  21. Vgl. Weber, Interessengruppen (Anm. 18), S. 302ff.

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  22. Syndikalismus ist an dieser Stelle weniger als aktuell empirisch erfahrbare Austauschstrategie zu sehen, sondern als Desiderat Schmitters. In den folgenden Betrachtungen soll deshalb dieses Modell nicht weiter berücksichtigt werden.

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  23. Philippe C. Schmitter, Modes of Interest Intermediation and Models of Societal Change in Western Europe, in: Comparative Political Studies, 1/1977, S. 9.

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  24. Stanislav Ehrlich, Die Macht der Minderheit. Die Einflußgruppen in der politischen Struktur des Kapitalismus, Wien/Frankfurt/Zürich: Europa-Verlag 1966, S. 278.

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  25. Fraenkel, zitiert nach Rolf G. Heinze, Verbändepolitik und “Neokorporatismus”. Zur Soziologie organisierter Interessen, Opladen: Westdeutscher Verlag 1981, S. 69.

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  26. Vgl. Noel O’Sullivan, The political theory of neo — corporatism, in: Andrew Cox/ Noel O’Sullivan (Hrsg.), The Corporate State. Corporatism and the State Tradition in Western Europe, Aldershot: Elgar 1988, S. 5ff.

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  27. Vgl. dazu auch Heinze, Verbändepolitik (Anm. 25), S. 72: “[Es] wird deutlich, daß nicht eine Vielzahl von gleichrangigen Interessenverbänden auf die Politik Einfluß nehmen können, sondern daß ein ‘Kartell’ von etablierten Verbänden in wechselseitiger Verknüpfung mit Parteien und staatlichen Institutionen den Politikverlauf maßgeblich beeinflußt.”

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  28. Ressource soll hier als Sammelbegriff für Güter, Dienstleistungen, Informationsverfügung, aber auch als die Fähigkeit, systemrelevante Risiken erzeugen zu können, gelten. Unter Ressource ist auch Protestpotential und die Kompetenz öffentlicher Artikulation, konkret auch Wählerpotentiale und Druckmittel, zu verstehen. James S. Coleman (Macht und Gesellschaftsstruktur, Tübingen: Mohr 1979) umschreibt die Macht kollektiver Akteure als Kontrolle über den Einsatz von Ressourcen, die er mittels Delegationsprinzip von einzelnen Individuen (Mitgliedern) erhält. Aus Kosten-Nutzen-Erwägungen heraus erscheint es nämlich für natürliche Personen zwingend, sich zu organisieren, um im Aggregat das Machtpotential zur Durchsetzung gemeinsamer Interessen zu steigern. Bernhard Weßels (Das Berliner Abgeordnetenhaus im Netzwerk gesellschaftlicher Interessen. Ein Forschungsbericht, Berlin 1985) verweist in Anlehnung an Ronald S. Burt (Power in a Social Topology, in: R.J. Liebert/A.W. Imersheim (Hrsg.), Power, Paradigms and Community Research, Beverly Hills: Sage 1977) auf die Problematik der “Gleichsetzung von Ressourcen und Einfluß”. Als Macht soll daher vielmehr die “Fähigkeit [gelten], Ressourcen in Einfluß in einem Akteursystem zu verwandeln” (Weßels, Das Berliner Abgeordnetenhaus, S. 55). Unter dem Gesichtspunkt der prinzipiellen Trennung von Macht und Ressourcen soll schließlich die Behauptung Ursula Hoffmann-Langes gelten: “der Einfluß dieser Organisationen [Verbände] beruht auf ihren gesellschaftlichen Machtressourcen und ist im Regelfall nicht durch demokratische Wahlen legitimiert.” (Ursula Hoffmann-Lange, Eliten in der modernen Demokratie. Fragestellungen, theoretische Ansätze und Ergebnisse der Elitenforschung, in: Der Bürger im Staat, 1/1990, S. 6.) Auf dieser Grundlage ist der mögliche Einfluß, der auf Ressourcenkontrolle basiert, für korporative Subsysteme unter zwei Blickwinkeln zu sehen: zum einen als Einfluß auf die Willensbildung innerhalb des Verhandlungssystems, zum anderen auch als die Fähigkeit, grundsätzlich in das Arrangement integriert zu werden, was durch den Begriff Zugangsmacht umschrieben werden kann.

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  29. Manfred Glagow/ Uwe Schimank, Gesellschaftssteuerung durch korporatistische Verhandlungssysteme. Zur begrifflichen Klärung, in: Jürgen W. Falter/ Christian Fenner/ Michael Th. Greven (Hrsg.), Politische Willensbildung und Interessenvermittlung, Opladen: Westdeutscher Verlag 1984, S. 539.

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  30. Gerhard Lehmbruch, Neokorporatismus in Westeuropa: Hauptprobleme im internationalen Vergleich, in: Journal für Sozialforschung, 4/1983, S. 413.

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  31. In diesem Zusammenhang drängt sich ein Vergleich mit Max Webers Darstellung der bürokratischen Herrschaft auf. Seiner Auffassung nach ist sie die “formal rationalste Form der Herrschaftsausübung” (Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen: Mohr 51972, S. 128), da sie “das spezifische Mittel” ist, “reinverständliches) ‘Gemeinschaftshandeln’ in rational geordnetes ‘Gesellschaftshandeln’ zu überführen” (ebd., S. 569). Er begründet das damit, daß die Bürokratie allgemein über das höchste Fachwissen verfügt, einzig überflügelt vom kapitalistischen Unternehmer, jedoch nur in dessen speziellem Interessenbereich. Die Spitzenverbände können in diesem Kontext mit letzerem gleichgesetzt werden (in vielen Fällen läßt sich zudem nachweisen, daß Interessenverbände zugleich als Unternehmer agieren) bzw. als gewichtiger betrachtet werden, weil ihr Kompetenzbereich oft erheblich größer als derjenige des einzelnen Unternehmers ist. Weber zufolge legitimiert sich legitime Herrschaft vornehmlich über Informationsvorsprung. Wird Spezialistentum als Basis der Macht und “Herrschaft kraft Wissen” (ebd., S. 129) als Form legaler Herrschaftsausübung betrachtet, so liegt der Schluß nahe, auch Interessenverbände im Herrschaftsgeflecht zu institutionalisieren.

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  32. Hans Kremendahl, Pluralismustheorie in Deutschland Entstehung, Kritik, Perspektiven, Leverkusen: Hegger 1977, S. 16.

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  33. Philippe C. Schmitter, Neokorporatismus: Überlegungen zur bisherigen Theorie und zur weiteren Praxis, in: Ulrich von Alemann (Hrsg.), Neokorporatismus, Frankfurt a.M./New York: Campus 1981, S. 67.

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  34. So z.B. bei Jessop, der hier insofern positiv auffällt, als er zu den wenigen gehört, die zwar diesen Standpunkt vertreten, sich aber immerhin des Themenkreises Parlamentarismus annehmen. Vgl. Bob Jessop, Corporatism, Parliamentarism and Social Democracy, in: Philippe C. Schmitter/ Gerhard Lehmbruch, Trends toward Corporatist Intermediation, Beverly Hills/London: SAGE 1979.

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  35. Der Umstand, daß reale Systeme nie gänzlich als Idealtypen gesehen werden können, verursacht neben analytischen Schwierigkeiten auch Uneinigkeit in der Begriffswahl. Man beachte nur, daß Jürgen Weber im Zusammenhang der Beschreibung quasi-kor-porativer Zustande von “eingeschränktem Verbandspluralismus” spricht, während Winfried Steffani hier dem Terminus “korporativer Pluralismus” den Vorzug gibt. Vgl. die Aufsätze der beiden Autoren in Heinrich Oberreuter (Hrsg.), Pluralismus, Grundlegung und Diskussion, Opladen: Leske + Budrich 1980. Zur nahezu babylonischen Begriffsvielfalt im Spannungsverhältnis Pluralismus — Korporatismus auch außerhalb der bundesrepublikanischen Diskussion vgl. Franz Nuscheier, Regierung auf Vereinbarung der “neuen Stände”? Diskussion und Befund des Korporatismus in Großbritannien, in: ZParl, 4/1979, S. 504.

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  36. Alan Cawson zitiert nach O’Sullivan, The political theory of neo-corporatism (Anm. 26), S.12: “corporatism and pluralism should not be seen as exclusive alternatives, but as end-points in a continuum according to the extent to which monopolistic and interdependent relationships between interest organisations and the state have become established.”

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  37. Ernst Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz: Kohlhammer 41968, S.68.

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  38. Vgl. Glagow/Schimank, Gesellschaftssteuerung (Anm. 29).

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  39. Weßels, Kommunikationspotentiale (Anm. 17), S. 297.

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  40. Vgl. Heino Kaack, Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems, Opladen: Westdeutscher Verlag 1971, S. 665. Da im folgendem auf eine ausführliche Darstellung der Strukturen und Funktionen von Bundestagsfraktionen und-ausschüssen verzichtet wird, verweise ich hier auf die Literaturangaben, die Kaack an oben genannter Stelle gibt. Zur neueren Literatur vgl. insbes. die Aufsätze in Schneider/Zeh, Parlamentsrecht (Anm. 9).

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  41. Insgesamt waren 327 Abgeordnete bereit, Angaben zu ihren Kontakten zu gesellschaftlichen Organisationen zu machen.

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  42. Als konkret gilt eine Angabe nur dann, wenn sie Rückschlüsse auf eine bestimmte Organisation zuläßt bzw. bei größeren Verbänden zusätzlich die jeweilige Organisationsebene erkennbar wird. (Zur Exemplifikation: Die Aussage “zu DGB-Gewerkschaften” gilt an dieser Stelle als zu unspezifisch, da sie keine Rückschlüsse auf die entsprechenden Industriegewerkschaften zuläßt.)

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  43. Vgl. Jürgen Weber, Gefährdung der Parlamentarischen Demokratie durch Verbände, in: Oberreuter, Pluralismus. (Anm. 35), S.169.

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  44. Vgl. Weber, Gefährdung (Anm. 43).

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  45. Konkret wird das Verbandswesen in folgende sechs Gruppen aufgeteilt (die ausführliche Begründung dieser Klassifikation findet sich in Manfred Hirner, Der Deutsche Bundestag im Netzwerk wirtschafts-und sozialpolitischer Interessenorganisationen, Diplomhausarbeit, Freie Universität Berlin 1991): (Fortsetzung Fußnote 45:) Wirtschaftlich orientierte Verbände: 1. Verbände der Investoren 2. Gewerkschaften 3. berufsständische Gruppen Ideelle Förderverbände: 4. soziale, karitative, kulturelle und Interessengruppen des Freizeitbereichs 5. Kirchen 6. Bürgerinitiativen

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  46. Vgl. dazu exemplarisch die Beiträge in Oberreuter, Pluralismus (Anm. 35)

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  47. Diese Behauptung läßt sich nicht nur mit der enormen Anzahl der Kontaktpartner des 11. Deutschen Bundestages belegen, sondern auch durch die Anzahl der Verbindungsstränge, die zwischen Bundestag und gesellschaftlichen Organisationen verlaufen. Letztlich hält ein Abgeordneter im Durchschnitt Kontakt zu 12,6 verschiedenen Organisationen bzw. Organisationstypen — wenngleich sich bei der Verteilung Gewichtungen nicht verbergen lassen, die auf geringe funktionale Differenzierung schließen lassen. (Vgl. dazu Hirner, Der Deutsche Bundestag (Anm. 45) S.83ff)

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  48. Zur Messung der Kontaktintensität wurden folgende Antwortvorgaben angeboten: “kein Kontakt”, “mindestens einmal wöchentlich”, “mindestens einmal im Monat”, “mindestens einmal im Vierteljahr”, “mindestens einmal im Jahr” und “nur gelegentlich/selten”. Um intervallskaliertes Meßniveau zu erlangen, wurden die Antworten auf den Bezugszeitraum eines Jahres (= 52 Wochen) umgerechnet. Es handelt sich dabei um eine konservative Schätzung, da die kleinste — und nicht die höchstmögliche — Anzahl realisierter Kontakte zwischen Abgeordneten und dem Verbandswesen zur Grundlage gemacht worden ist.

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  49. Vgl. dazu Tabelle 6 Anhang, in: Manfred Hirner, Der Deutsche Bundestag (Anm. 45).

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  50. Vgl. Schindler, Datenhandbuch 1949 bis 1982 (Anm. 4), S. 563.

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  51. Vgl. für die siebte Wahlperiode Weber, Interessengruppen (Anm. 18).

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  52. Zur Machtposition und zur Notwendigkeit von Experten in den Fachausschüssen vgl. Heribert Schatz, Der Parlamentarische Entscheidungsprozeß. Bedingungen der verteidigungspoütischen Willensbildung im Deutschen Bundestag, Meisenheim am Glan: Hain 1970, S.55ff.

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  53. Vgl. Peter Dach, Das Ausschußverfahren nach der Geschäftsordnung und in der Praxis, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht (Anm. 9).

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  54. Vgl. Friedrich Schäfer, Der Bundestag. Eine Darstellung seiner Aufgaben und seiner Arbeitsweise, 2. Aufl., Opladen: Westdeutscher Verlag 1975; Bruno Dechamps, Macht und Arbeit der Ausschüsse, Meisenheim a. Glan: Westkulturverlag 1954, S.146; Stammer u.a., Verbände (Anm.6), S.222f.

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  55. Dem innenpolitischen Bereich wurden der Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, der Petitions-, der Innen-und der Rechts-sowie der Sportausschuß zugeordnet (letzterer deshalb), weil er erst seit der Vorbereitungszeit der olympischen Spiele in München eigenständig wurde. Zuvor war der Bereich Sport Aufgabengebiet des Innenausschusses; auf Ministerialebene ist er nach wie vor dem Ressort des Innenministeriums unterstellt, vgl. dazu Dach, Das Ausschußverfahren (Anm. 53), S.1103f. Der Ausschuß für Verkehr, der für das Post-und Fernmeldewesen, der für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau sowie der Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sind in der Kategorie “Irifrastrukturpolitik” vereint. Unter “Bildungspolitik” wurden der Ausschuß für Forschung und Technologie und der für Bildung und Wissenschan klassifiziert. Dem Bereich “Außenpolitik” wurden der Auswärtige Ausschuß, der Verteidigungsausschuß und der Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen zugeordnet — der innerdeutsche Ausschuß deshalb, weil das Kriterium für Außenpolitik “überstaatliche” Politik ist. Der Finanz-und der Haushaltsausschuß, der Ausschuß für Wirtschaft, der für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, sowie der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit wurden im Bereich “Wirtschaftspolitik” zusammengefaßt. Der “Sozialpolitik” schließlich wurden der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und der Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zugerechnet.

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  56. Von den insgesamt 327 befragten Abgeordneten sind mindestens 297 ordentliches Mitglied in wenigstens einem Ausschuß. Von ihnen wiederum haben 79 zwei, sechs Parlamentarier sogar drei Mitgliedschaften inne. Das heißt aber nicht, daß die restlichen dreißig MdB überhaupt keine Ausschußarbeit leisten. Neben denjenigen, die sich dieser sehr zeitaufwendigen parlamentarischen Tätigkeit deshalb entziehen, weil sie zugleich Mitglied der Regierung oder des europäischen Parlaments sind bzw. wichtige Aufgaben in der Parteiführung innehaben, waren für einige Abgeordnete entsprechende Angaben nicht verfügbar.

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  57. Von allen Ausschüssen ist eine Spezialisierung am stärksten bei den Mitgliedern des Verkehrs-und des Ausschusses für das Post-und Fernmeldewesen ersichtlich. Nur jeweils knapp über 23 Prozent aller Kommunikation bezieht sich auf die Gruppe der “ideellen Förderverbände”. Da aber von letzteren in summa nur relativ wenige Kontakte gepflegt werden, widerspricht dies der Verallgemeinerung der vorher formulierten Illese.

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  58. Eine leicht gegenläufige Tendenz offenbart nur der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Das weist auch darauf hin, daß Entwicklungspolitik nicht nur Wirtschaftspolitik ist. Insbesondere die Gruppe sozialer, karitativer und kultureller Vereinigungen unterhält hier starke Beziehungen.

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  59. Lediglich das Kontaktverhalten im Rahmen des Rechtsausschusses ist hier gegenläufig.

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  60. In dieser Hinsicht als besonders ausgeprägt erweist sich der Verteidigungsausschuß. 62 Prozent aller realisierten Verbindungen beziehen sich hier nicht auf Wirtschafts-verbände. Zudem wird ersichtlich, daß etwa ein Drittel aller Kontakte mit Vertretern von Bürgerinitiativen geführt wird. Die Friedensbewegung — bzw. auch die Umweltverbände (Thema der Aussprachen könnten hier z.B. Manöverfolgeschäden sein) — finden breiten Zugang zu diesem Bundestagsausschuß.

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  61. Allerdings gibt es hier innerhalb der Gesamtgliederung erhebliche Abweichungen. So dominieren die Gewerkschaftskontakte im Vergleich zu denen der Unternehmer im Ausschuß für Wahlprüfung, im Innen-und im Sportausschuß. Das umgekehrte Verhältnis zeigen die Mitglieder des Rechts-und die des Petitionsausschusses. In der Summe gleichen sich die Abweichungen dagegen wieder aus.

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  62. Während innerhalb dieser Gruppe in erster Linie die Vertreter öffentlicher Berufe-und hier besonders jene der Beamten (DBB) — Kontakte zum Innenausschuß pflegen, sind das im Rahmen des Rechtsausschusses in starkem Maße Organisationen freiberuflich Tätiger. Wie schon an früherer Stelle vermutet, beziehen sich diese wohl in der Mehrzahl auf entsprechende juristische Statusorganisationen.

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  63. Einzig und allein der Post-und Fernmeldeausschuß zeigt in diesem Segment ein drastisch anderes Kontaktprofil. Dominierendes Thema dieses Ausschusses dürfte die geplante Teilprivatisierung des monopolistischen Staatsunternehmens sein. Demgemäß können die übermäßig starken Gewerkschaftskontakte eventuell auch als Indikator dafür gelten, welch hohen Stellenwert arbeitsrechtliche Probleme, die als Folge der Umstrukturierung auftreten, im Bewußtsein der Abgeordneten und der Gewerkschaften besitzen.

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  64. Innerhalb der berufsständisch organisierten Gruppen machen diejenigen öffentlich Beschäftigter einen großen Anteil aus. Ihre Verbandspolitik dürfte sich auch als Gegenhaltung zum Staat — der hier Arbeitgeber ist — artikulieren. Zusammengerechnet mit der ohnehin leichten Überbetonung der Gewerkschaften wird das Gleichgewicht zwischen Unternehmer— und Arbeitnehmerseite zugunsten letzterer etwas instabil.

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  65. Allerdings kann nicht von der Hand gewiesen werden, daß Unternehmerinteressen hinsichtlich außenpolitischer Orientierung sehr spezialisiert sein können. Ich vermute, daß hier der Prozeß der Intermediation durch Verbände durch Kontakte von Einzelunternehmen ersetzt ist.

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  66. Auch in diesem Segment weichen die entsprechenden Ausschüsse in ihrem Kontaktverhalten in spezifischer Weise voneinander ab. Der Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit erweist sich dementsprechend als weit weniger paritätisch als derjenige für Arbeit und Sozialordnung, dessen Mitglieder in erkennbar stärkerem Maße auch bei den Investoren Rückhalt suchen. Erstgenannter Ausschuß bevorzugt in viel höherem Umfang die Arbeitnehmerseite, aber auch die Gruppen freiberuflich Tätiger. Ein Grund dafür, daß die Investorenseite hier erheblich an Gewicht verliert, ist wahrscheinlich auch der, daß der Konflikt zwischen Arbeitgebern und-nehmern weit weniger Gegenstandsbereich dieses Ausschusses ist bzw. er sich verstärkt von der privatwirtschaftlichen auf die staatliche Ebene verlagert, da ein Großteil des Gesundheitswesens staatlich organisiert ist. Selbst die Investorenkontakte (z.B. die Pharmaindustrie) dürften oft andere als arbeitsmarktpolitische Themen zum Inhalt haben.

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  67. So bei Friedrich Bischoff/Michael Bischoff, Parlament und Ministerialverwaltung, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht (Anm. 9).

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  68. Vgl. M.P.C.M. van Schendelen, Informations-und Entscheidungsprozesse im niederländischen Parlament im Rahmen einer Repräsentationstheorie, in: ZParl, 2/1977.

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  69. Der Begriff “Volkspartei”, der “als analytische Kategorie für die Sozialwissenschaften wenig nützlich ist” (Horst W. Schmollinger/ Richard Stöss, Sozialstruktur und Parteisystem, in: Dietrich Staritz (Hrsg.), Das Parteiensystem der Bundesrepublik. Geschichte — Entstehung — Entwicklung. Eine Einführung, Opladen: Leske (UTB) 21980), soll hier ohne normativ ideologischen Gehalt zur Kategorisierung des Phänomens der “catch-all-parties” eingegrenzt werden.

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  70. Wolfgang Rudzio, Das politische System der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung, Opladen: Leske & Budrich (UTB) 21987, S.122.

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  71. Vgl. Bernhard Weßels, Vielfalt oder strukturierte Komplexität? Zur Institutionalisierung politischer Spannungslinien im Verbände-und Parteiensystem in der Bundesrepublik, WZB-Paper FS III 90-204, Berlin 1990, S.14.

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  72. Vgl. Franz Urban Pappi, Konstanz und Wandel der Hauptspannungslinien in der Bundesrepublik, in: Joachim Matthes (Hrsg.), Sozialer Wandel in Westeuropa, Frankfurt a.M./New York: Campus Verlag 1979.

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  73. Vgl. Schendelen, Informations-und Entscheidungsprozesse (Anm. 68).

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  74. Während die Regierungsseite in deutlich erkennbarem Umfang auch Kontakte zur DAG pflegt, sind unter Gewerkschaftskontakten im Rahmen der Opposition fast ausschließlich Verbindungen zu verstehen, die dem Organisationsbereich des DGB zugerechnet werden müssen, vgl. Tabelle 9 Anhang, in: Hirner, Der Deutsche Bundestag (Anm. 45).

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  75. Erstaunlicherweise haben die Arbeitgeberkontakte für alle Bundestagsparteien nur ein sehr geringes Gewicht. Die Kommunikation mit der Investorenseite wird ausnahmslos durch die Unternehmerverbände determiniert. Dieses Ergebnis muß vor allem als Resultat dessen gewertet werden, daß in der Bundesrepublik die Tarif vertragsparteien eine sehr starke Autonomie besitzen. Die Kontaktstruktur läßt vermuten, daß der Bundestag das Thema Tarifpolitik von seiner Tagesordnung gestrichen zu haben scheint.

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  76. Überdeutlich wird dieses Faktum, wenn auch die Kontakte zu Einzelunternehmen in die Betrachtung miteinbezogen werden; vgl. dazu Schaubild 2.4. in: Dietrich Herzog u.a., Abgeordnete und Bürger. Ergebnisse einer Befragung der Mitglieder des 11. Deutschen Bundestages und der Bevölkerung, Opladen: Westdeutscher Verlag 1990, S.30. Die Bundestagsfraktion der Grünen weicht hier in erheblichem Maße von dem Profil der “etablierten” Parlamentsparteien ab.

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  77. Die Definition Philippe C. Schmitters geht davon aus, daß die Frage, ob es sich um pluralistische bzw. neokorporatistische Systeme handelt, aus den Strukturen des Verbandswesens zu beantworten ist. Strukturbedingung des Neokorporatismus sind einzelne, miteinander nicht in Wettbewerb stehende, hierarchisch strukturierte und zudem zum Teil durch Zwangsmitgliedschaften geprägte, auch staatlicherseits initiierte Verbände, die gleichsam in ihrem engen Organisationsbereich über ein Repräsentationsmonopol verfügen. Diese Strukturen finden sich in erster Linie im wirtschaftlichen Verbandssektor, und zwar im Gewerkschaftsbereich, der weitestgehend mit dem DGB identisch ist, und im Unternehmerbereich, der besonders starke Einzelorganisationen aufweist. So dominiert im Handwerk ein zentralisiertes Kammerwesen, in der Industrie sind es starke Einzelverbände mit Vorreiterfunktion (z.B. VCI, VMI) Demgegenüber ist der nichtwirtschaftliche Verbandssektor weit weniger zentralisiert und weit weniger von wichtigen Organisationen dominiert.

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  78. Vgl. Rolf G. Heinze, Entlastung des Staates durch verhandliche Selbstregulierung? Zum Steuerungspotential Freier Träger in der Sozialpolitik, in: Falter/Fenner/Greven, Politische Willensbildung (Anm. 29); Helmut Wiesenthal, Die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen. Ein Beispiel für Theorie und Politik des modernen Korporatismus, Frankfurt a.M./New York: Campus 1989.

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  79. Die Vorgehensweise bei der Klassifizierung ist in Hirner, Der Deutsche Bundestag (Anm. 45), insb. Kap. 6, beschrieben.

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  80. Vgl. Leßmann, Wirtschaftsverbände (Anm. 5), S. 66ff.; ferner Rudzio, Politisches System (Anm. 70), S. 99ff.; Pelinka, Gewerkschaften (Anm. 5), S. 137ff.; Edwin Schudlich, Kooperation statt Korporatismus. Zum Charakter der gewerkschaftlichen Interessenvertretung in der chemischen Industrie, in: Billerbeck u.a., Korporatismus und gewerkschaftliche Vertretung, Frankfurt a.M./New York: Campus 1982, insbes. S. 131 u. S. 160ff.

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  81. Vgl. dazu Leßmann, Wirtschaftsverbände (Anm. 5), S. 133ff.: Es gilt allerdings zu beachten, daß staatliche Institutionen, aber auch die “öffentliche Meinung” als Korrektiv fungieren; Unternehmer und Gewerkschaften vertreten zwar immer partielle Interessen, daß sie sich aber bewußt am Prozeß der Formierung des bonum commune beteiligt sehen bzw. durch ihre herausgehobene Stellung und relative Autonomie bereits dem Gemeinwohl verpflichtet sind, dafür spricht das Selbstverständnis der Gewerkschaften, in diesem Falle ausgedrückt durch den damaligen DGB-Vorsitzenden Heinz-Oskar Vetter: “Die deutschen Gewerkschaften sind zwar die berufenen Vertreter einer Bevölkerungsgruppe, der Mehrheit unseres Volkes, … aber sie können sich nicht auf diese Funktion beschränken … Die Funktion der Interessenvertretung können sie nur in einem freiheitlichen System wahrnehmen. Durch ihre Tätigkeit sind sie zugleich ein Garant dieses Systems. Gewerkschaften sind integrierender Bestandteil der Demokratie. Daraus leiten wir unsere Forderungen ab und von daher akzeptieren wir die damit verbundenen Verpflichtungen. Diese Grundentscheidung der deutschen Gewerkschaften verpflichtet den DGB zu einer verantwortlichen Politik im Rahmen der Demokratie.” Vetter, zit. nach Norbert Kaczmarek, Gewerkschaften und Arbeitnehmerorganisationen, in: Politische Akademie Eichholz der Konrad-Adenauer-Stiftung für politische Bildung und Studienförderung e.V. (Hrsg.), Verbände und Herrschaft, Pluralismus in der Gesellschaft, Bonn 1970, S. 198.

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  82. Leßmann, Wirtschaftsverbände (Anm. 5), S. 67.

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  83. Vgl. John Kenneth Galbraith, American Capitalism, The Concept of Countervailing Power, Boston Houghton Mifflin Comp 1952.

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  84. Axel Halle, Funktionsverlust des Parlaments durch Neokorporatismus? Hypothesen und Illustrationen an den Beispielen Norwegen, Schweden und Finnland, in: ZParl, 3/1984, S. 384.

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  85. Vgl. dazu Tabelle 6 Anhang in: Hirner, Der Deutsche Bundestag (Anm. 45). Gerade der handwerkliche Bereich erweist sich fast völlig durch Kontakte der Parlamentarier geprägt, die unter den Organisationsbereich des ZdH zu subsumieren sind. Aber auch die Anteile, die dem BDI, BDA oder DIHT zukommen, sind nicht unbeträchtlich.

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  86. In der Analyse wurden nur diejenigen Parlamentarier berücksichtigt, deren Antworten konkret genug formuliert waren, um Differenzierungen zuzulassen. Als Großorganisationen der Investoren gelten der BDI, der BDA, der ZdH und der DIHT. Zudem zeigt sich, daß die neokorporatistischen “Broker” diese mächtigen Verbände noch erkennbar stärker im Kontaktverhalten berücksichtigen. Insgesamt wurden 160 Abgeordnete, die diesbezüglich differenzierbare Angaben machten, bei der Berechnung berücksichtigt.

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  87. Von insgesamt 263 Parlamentariern, deren Antworten es zuließen, zwischen Kontakten zu DGB-und Nicht-DGB-Gewerkschaften zu unterscheiden, pflegen 130 intensive Verbindungen zu den Arbeitnehmerorganisationen. Von dieser Gruppe wiederum haben alle bis auf einen Abgeordneten — also 129 — auch oder nur mindestens einmal im Monat Kontakt zu Verbänden, die dem Organisationsbereich des DGB untergeordnet sind.

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  88. Das Gesamtergebnis des sozialpolitischen Politikfeldes ist sehr stark von den Kommunikationsstrukturen des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit determiniert. Derjenige für Arbeit und Sozialordnung verfügt hier über erheblich mehr Mitglieder, die häufige Verbindungen zu den Wirtschaftsverbänden — auch nach beiden Seiten — realisieren.

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  89. Es soll daran erinnert werden, daß von 30 Abgeordneten keine Angaben über ihre Ausschußmitgliedschaft vorliegen.

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  90. Die Überlegung, daß Formen kooperativer Konfliktschlichtung zwischen den Verbänden und zwischen Verbänden und Staat auf parlamentarischer Ebene an bestimmte, durch das Ausschußwesen vorstrukturierte Politikfelder — deren Inhalte im weiteren Sinne an Problemherde industrieller Beziehungen anknüpfen — gekoppelt sind, können in einem Gedankenexperiment, das Mehrfachmitgliedschaften berücksichtigt, erhärtet werden. Wir haben gesehen, daß rund die Hälfte aller potentiellen “Politikmanager” Mitglied wirtschaftspolitischer Ausschüsse sind. Dagegen ist nur knapp ein Viertel dieser Parlamentarier ordentliches Mitglied in innen-und/oder außenpolitischen Ausschüssen. Werden nur jene Bundestagsabgeordneten betrachtet, die bipolare Kontakte pflegen und ausschließlich in letztgenannten Ausschüssen sitzen, verringert sich ihr Anteil auf rund 17 Prozent aller neokorporatistischen “Broker” (15 MdB). Bedenkt man zudem, daß nicht nur sie an gemeinsamer verbandlich/parlamentarischer Politiksteuerung im Handlungsfeld ökonomischer Beziehungen beteiligt sind, sondern sie als die potentiellen Initiatoren anzusehen sind — sie besitzen die Fähigkeit, horizontale Konzentration zu verfestigen-, kann zumindest hypothetisch angenommen werden, daß die Mitglieder innen-bzw. außenpolitischer Ausschüsse nur sehr marginal in den Prozeß konzertierter Interessenkonversion der Dimension “Arbeit — Kapitel” einbezogen sind.

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  91. Der Ausschuß für Forschung und Technologie muß hier als Grenzfall charakterisiert werden, letztendlich ist auch er durch einen relativ hohen Anteil an “Brokern” bestimmt.

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  92. Das Alltagsnetzwerk der Parlamentarier war hier — was allerdings kaum zu verwundern mag — durch übermäßig viele Kontakte zu den Landwirtschaftsverbänden geprägt. Da die Schwerpunktsetzung der Agrarpolitik den Gegenstandsbereich industrieller Beziehungen nur marginal betrifft, ist sie als untypisches Beispiel der Wirtschaftspolitik anzusehen.

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  93. Die Unternehmerseite betont sie als Wettbewerbsfaktor, während die Gewerkschaftsseite insbesondere Vorteile sozialer Absicherung durch erhöhte Chancen ihrer Mitglieder auf dem Markte sieht.

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  94. Vgl. Burkart Sellin, Erste Ergebnisse des Sozialen Dialogs auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung, in: Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP) flash, special 5/1990.

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  95. Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Datenreport 1987. Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik Deutschland, Bonn 1987, S. 311ff.

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  96. Der Vorstandsvorsitzende der DB, Gohlke, gibt am 24.3. 1988 ein Defizit von 3,95 Mrd. DM für das Jahr 1987 bekannt; Angabe nach: Emil Hübner/ Horst-Hennek Rohlfs, Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland 1988/89, München 1988, S. 491.

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  97. Am 6.5.1988 fand im Bundestag die erste Lesung des Gesetzentwurfes zur Gesundheitsreform statt. Zuvor (3.12.1987) hatten sich die Vorsitzenden der Regierungsparteien auf ein Kostendämpfungsziel von 14,3 Mrd. DM an Einsparungen im Gesundheitswesen geeinigt.

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  98. Vgl. Ulrich Billerbeck, Gesundheitspolitik und Korporatismus. Die Funktion der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen für die gesundheitspolitischen Positionen von Arbeitgebern und Gewerkschaften, in: ders./Erd/Jacobi/Schudlich, Korporatismus und gewerkschaftliche Vertretung (Anm. 80); Wiesenthal, Die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen. Ein Beispiel für Theorie und Politik des modernen Korporatismus (Anm. 78).

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  99. Die Hauptakteure sind hier neben Arbeitgeber-und Arbeitnehmerorganisationen insbesondere die gesetzliche Krankenversicherung, die kassenärztlichen Vereinigungen und die Unternehmerverbände und Einzelbetriebe der pharmazeutischen Industrie. Somit erzeugt die Kostendämpfung im Gesundheitswesen nicht nur Spannungen zwischen den Tarifparteien — zwar sind beide an einem kostengünstigen Gesundheitssystem interessiert, Streitigkeiten gibt es aber darüber, wie die Sozialversicherungsabgaben zu verteilen sind —, sondern läßt daneben noch weitere Kontroversen entdecken: Das Verhandlungssystem zwischen Kassenverbänden und kassenärztlichen Vereinigungen ist schon als etabliert zu bezeichnen. Als besonders auffällig zeigen sich auch die Konfliktdimensionen hinsichtlich der pharmazeutischen Industrie. Letztlich stehen ihre Interessen auch in Opposition zu denen nichtpharmazeutischer Arbeitgeber.

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  100. In Anlehnung an Gerhard Lehmbruch sei darauf hingewiesen, daß die Effektivität neokorporativer Absprachen mit zunehmender Institutionalisierung abnimmt. Vgl. dazu: Gerhard Lehmbruch, Neo-Corporatism and the Function of Representative Institutions. Beitrag für die Konferenz “Representation and the State” o.0.1982, S.4: “It seems that strong institutionalization, which is so important for the classical system of individual representation, may become counterproductive and dysfunctional in the arena of corporate representation of interests.”

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  101. Vgl. Gerhard Lehmbruch, Parteienwettbewerb im Bundesstaat, Stuttgart/Berlin/Köln/ Mainz: Kohlhammer 1976.

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Dietrich Herzog Hilke Rebenstorf Bernhard Weßels

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Hirner, M. (1993). Der Deutsche Bundestag im Netzwerk organisierter Interessen. In: Herzog, D., Rebenstorf, H., Weßels, B. (eds) Parlament und Gesellschaft. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, vol 73. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-86034-7_5

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