Zusammenfassung
Ich habe im Kapitel 1. schon erläutert, warum Lernmaterial als ein wichtiger Faktor zur Steuerung des Zweitsprachenerwerbs anzusehen ist. Eine Steuerung des Zweitsprachenerwerbs ist nur über variable Faktoren der Lernsituation möglich, die einer Manipulation zugänglich sind. Zu den beeinflußbaren Variablen zählen z.B. die Auswahl und Anordnung der zu erlernenden Eigenschaften der Zielsprache im Lernmaterial oder die Wahl des Lehrverfahrens, im Gegensatz zu Konstanten, wie soziale und individuelle Charakteristika des Lerners, seine individuellen Fähigkeiten und Strategien beim Lernen oder allgemein gültigen “Lernprozessen”. Es ist darum evident, daß Kriterien für die Lernmaterialkonstruktion Variablen der Spracherwerbssituation, wie Anordnungen von linguistischen Eigenschaften, zu Konstanten, wie vermuteten “Lernprozessen”/“Lernstrategien”, in Beziehung setzen müssen, über die “Lernprozesse”, die sich im gesteuerten Zweitsprachenerwerb generell oder bei einer bestimmten Lernaufgabe abspielen, weiß man allerdings immer noch so wenig, daß man solche Prozesse allenfalls hypothetisch formulieren kann.
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Anmerkungen
Z.B. VALETTE 1964; CORDER 1967; NEWMARK/REIBEL 1968; COOK 1969.
Vgl. CORDER 1967; NEMSER 1971; SELINKER 1972.
Vgl. z.B. DULAY/BURT 1972 als Vertreter dieser extremen Position, die von ihnen allerdings in späteren Arbeiten nicht mehr aufrechterhalten wird.
Vgl.SELINKER/SWAIN/DUMAS 1975. Für die Konzepte zur Lernersprache wie auch für die Untersuchungen im Rahmen der L2=Ll-Hypothese gilt, daß bisher keine ihren empirischen Gegenständen, den Äußerungen der Lernersprache, angemessenen Beschreibungsverfahren entwickelt bzw. verwendet wurden.
Vgl. z.B. BRIERE 1966; DUSkOVA 1969; BUTEAU 1970; GEORGE 1972; WHITMAN/JACKSON 1972.
Dazu zählt er die Obergeneral i sierung von Regeln der Zielsprache, z.B. “he can sings” analog zu “he sings”, Unkenntnis von Restriktionen, die für bestimmte Strukturen gelten, z.B. “I made him to look” analog zu “I caused him to look”, unvollständige Anwendung der Regeln, die für die Erzeugung einer korrekten Äußerung notwendig sind, etwa “How long it takes?” als response auf die Aufforderung “Ask him how long it takes” sowie falsche Konzeptualisierungen, z.B. wenn “was” als einziger Indikator für past tense angesehen wird, was zu Formen wie “Yesterday I was read a book” führt.
So z.B. bei SLAMA-CAZACU 1976. Beobachtungen wie diese haben schon früher zu Sammlungen von “common errors” geführt.
Vgl. dazu LEGENHAUSEN 1975.
So wurde z.B. im Konstanzer Projekt “Fehler im gesteuerten Zweitspra-chenerwerb” festgestellt, daß Lerner unter bestimmten Bedingungen der Elizitation, die von den Aufgabentypen, mit denen die erhobenen sprachlichen Eigenschaften eingeführt werden, wegführen, ein systematisches Ausweichverhalten zeigen. (KOHN et al. 1976)
Die im folgenden dargestellte Einschätzung der Forschung zum natürlichen Zweitsprachenerwerb basiert auf dem Forschungsstand von 1975/76. Seit der Durchführung der Untersuchung, die Gegenstand dieses Buches ist, hat es auf diesem Gebiet eine Fülle von neuen Publikationen gegeben und sind insbesondere “graue papers” amerikanischer Forschungsprojekte zugänglich geworden, so daß die Literaturlage inzwischen kaum noch überschaubar ist. Z.B. findet sich allein in dem recht repräsentativen Reader von HATCH 1978 zusätzlich zu zahlreichen Artikeln eine kommentierte Bibliographie von über 100 Titeln. Die folgende Einschätzung und Kritik bezieht sich nicht auf Details, sondern auf charakteristische Argumentations- und Vorgehensweisen dieser Forschung. Sie hat, wie ich in KNAPP 1979 an einer Diskussion neuerer Arbeiten zeigen konnte, auch gegenwärtig noch Gültigkeit.
Vgl. DULAY/BURT 1972.
Z.B. verändern die Erwachsenen die Modelläußerungen bei den Imitationsaufgaben in derselben Weise und haben fast dieselben Verstehens-schwierigkeiten, obwohl sie schon eine Sprache beherrschen. Unterschiede in den Resultaten erklärt COOK mit der geringeren Gedächtniskapazität der Kinder.
Z.B. bei TAYLOR 1974.
Ebd.
Ähnlich wie auch z.B. JAIN 1974; SELINKER 1972.
Vgl. FERGUSON 1964, 1975.
CLYNE 1968 fand heraus, daß die Interlanguages von Gastarbeitern verschiedener nationaler Herkunft in Deutschland untereinander sehr ähnlich sind.
Vgl. FELIX 1975 a, 1975 b.
Dies kann erklären, warum der Lerner von Anfang an spezifische syntaktische Strukturen der Zweitsprache gebraucht und auch, daß sie in einer geordneten Sequenz erworben wurden; denn der Lerner konzentriert sich jeweils nur auf eine Struktur. Andererseits schließt FELIX Transfer als Lernstrategie - zumindest für den frühen Zweitsprachenerwerb -aus, “Interferenzfehler”, die in anderen Untersuchungen festgestellt wurden, reinterpretiert er wie DULAY/BURT 1972 als Indikatoren für einzelsprachunabhängige Lernprozesse wie etwa Generalisierung.
Vgl. auch BAILEY/MADDEN/KRASHEN 1974.
Diese Aussage ist eine in der Literatur zum Zweitsprachenerwerb verbreitete Verallgemeinerung einer Beobachtung LENNEBERGs (vgl.LENNE-BERG 1967) zur Heilung aphasischer Störungen vor oder nach der Pubertät. LENNEBERGs Argumentation beschränkte sich auf das Erlernen der Muttersprache, bzw. auf den Erstsprachenerwerb.
Darüberhinaus scheint es Evidenz dafür zu geben, daß Lernprobleme in experimentellen Situationen von Erwachsenen und Kindern in der gleichen Weise angegangen werden (vgl. z.B. PALERMO/HOWE 1970 und STOLZ/TIFFANY 1972).
Vgl. z.B. FELIX 1975 a, 1975 b; COOK 1973.
In anderer Weise gilt dieser Einwand auch für die Untersuchungen an Kindern: Eine festgestellte Übereinstimmung der Lernersprache zwischen Erst- und Zweitsprachenlernern kann auch von der relativen Ähnlichkeit des Inputs abhängen, statt von übereinstimmenden Lernstrategien.
Vgl. z.B. KESSLER 1972.
Vgl. FODOR/GARRETT 1966.
Vgl. BROWN 1973, 186.
Vgl. BROWN 1973, 407.
Vgl. z.B. BEVER 1970; SLOBIN 1971.
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Knapp, K. (1980). “Lernprozesse” und Sequenzierung. In: Lehrsequenzen für den Zweitsprachenerwerb. Schriften zur Linguistik, vol 13. Vieweg+Teubner Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85856-6_5
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Print ISBN: 978-3-528-03712-3
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