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Von der Ratlosigkeit der Ratgeber oder

Kapitulation der käuflichen Kritik

  • Chapter
Kinder — Bücher — Massenmedien
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Zusammenfassung

„Wir leben im Zeitalter der Massenmedien.“ Mit dieser erhellenden Feststellung, der man sich getrost anschließen kann, solange man bereit ist zuzugeben, daß wir gleichzeitig noch in einigen anderen Zeitaltern leben, beginnt einer der handlichen Elternratgeber, die zur Zeit in den Buchhandlungen angeboten werden. Wenn wir davon einige kurz, gehässig und ungerecht unter die Lupe nehmen, schließen wir uns sogar an die zitierte Bemerkung an, wollen sie allerdings — im Gegensatz zu dem dazugehörigen Autor — ernstnehmen. Wir werfen ihm — und seinen Kollegen, die wir der Einfachheit halber in einen Sack stecken — nämlich nichts Geringeres vor, als daß sie dies eben nicht tun. Vielleicht wollen sie es nicht, vielleicht können sie es nicht. Das „Zeitalter der Massenmedien“ ernstnehmen bedeutet, sie einzuordnen in ein umfassendes System der Kulturindustrie; es heißt, die Publikumsbedürfnisse den Medien gegenüber in Zusammenhang zu bringen mit den Beschädigungen einer durch gesellschaftliche Zwänge geprägten Sozialisation; heißt schließlich, die Fremdbestimmtheit durch die Medien in Verbindung zu setzen mit der entfremdeten Situation in der Schule und am Arbeitsplatz. Wer also Betrachtungen über die verschiedenen Möglichkeiten der Kameraführung als Kritik an den audiovisuellen Medien ausgibt, betrügt den Leser und Zuschauer. Er gibt ihm zwar einige Techniken an die Hand, sich elaboriert zum Krimi von gestern abend auszulassen, er verwehrt ihm aber gerade dadurch, daß er sich nun überlegen und kritisch fühlen muß, die Einsicht in das gesellschaftlich vermittelte Dasein des Mediums und seiner selbst; er verwehrt ihm, das Medium politisch zu kritisieren. Einige der Ratgerber gehen sogar so weit, einer bestimmten Buchserie (Karl May) „Neigung zu faschistoidem Verhalten“ vorzuwerfen oder dem „aufdringlich-selbstzufriedenen Trickfilm-Ferkel“ Schweinchen Dick seine „fürchterlichen Scherze“ anzukreiden. Aber was hilft uns das, solange derartige Einzelphänomene nicht als Bestandteile des ideologischen Überbaus in einer bestimmten politisch-ökonomischen Entwicklungsphase „unserer“ Gesellschaft beschrieben werden? Erst dann könnte man etwas begreifen, könnte man etwas kritisieren, könnte man etwas verändern wollen.

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Karl W. Bauer Jochen Vogt

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© 1975 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen

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Bauer, K.W., Vogt, J. (1975). Von der Ratlosigkeit der Ratgeber oder. In: Bauer, K.W., Vogt, J. (eds) Kinder — Bücher — Massenmedien. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85792-7_10

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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  • Online ISBN: 978-3-322-85792-7

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