Zusammenfassung
Begriffsbestimmung. — Gewaltsame, bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Menschen hat es wohl immer gegeben. Auch zeigt ein Blick in die Geschichte, daß diese → Gewaltsamkeiten schon recht früh gesellschaftlich organisiert wurden, ganz in Abhängigkeit von den jeweils bestehenden sozialen und politischen Strukturen. Ein interkultureller Vergleich macht überdies deutlich, daß die gesellschaftliche Organisation bewaffneter Gewaltsamkeit in einem historischen Zeitraum verschiedenartige, von den Besonderheiten der einzelnen politischen Einheiten bestimmte Formen annehmen kann. Militär (M) als bewaffnete, soziale Organisation, die zum Instrument politischer Interessendurchsetzung wird, gibt es jedoch erst, seitdem bestimmte, gesellschaftliche Voraussetzungen erfüllt sind. So kann man bei vergleichsweise einfachen Gesellschaftsformen, in denen jedes arbeitsfähige Mitglied situationsabhängig zugleich kriegerische Aufgaben zu erfüllen hat, in denen also eine personale Identität zwischen zivilem und soldatischem Bereich besteht, noch nicht von der Existenz eines M sprechen. Erst wenn sich mit fortschreitender gesellschaftlicher Arbeitsteilung und damit einhergehender Funktionsdifferenzierung eigene gesellschaftliche Subsysteme zur Wahrnehmung kriegerischer Aufgaben herausbilden, entsteht damit die soziale Organisation M. Eine durch Arbeitsteilung und Funktionsdifferenzierung vielfältig gegliederte Sozialstruktur ist somit Voraussetzung für die Entwicklung von M als einem gesellschaftlichen Instrument zur gewaltsamen Konfliktaustragung. Als solches erfordert M zusätzlich die Existenz sozialer Institutionen, die 1. über die Fähigkeiten und Möglichkeiten verfügen, die Zielsetzungen seines Einsatzes zu formulieren und als allgemeinverbindlich zu definieren; 2. in der Lage sind, Strategien zur Erreichung dieser Ziele zu entwickeln und auszuarbeiten sowie 3. vor allem die Macht besitzen, beides auch gegen eventuelle Widerstände durchzusetzen (vgl. Lippert/Schönborn/Wachtler 1984, S. 209f.).
→ Bedrohung, Feindbild, Gesellschaftsbewußtsein, Gewalt, Ideologie, Krieg, Sicherheit.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Elias, Norbert: über den Prozeß der Zivilisation. Frankfurt/M. 1980.
Elias, Norbert: Humana conditio. Beobachtungen zur Entwicklung der Menschheit am 40. Jahrestag eines Kriegsendes. Frankfurt/M. 1985.
Habermas, Jürgen: Theorie des kommunikativen Handelns. Frankfurt/M. 1981.
Krippendorf, Ekkehart: Die Friedensbewegung kann nicht Friedenbewegung bleiben — oder sie ist auch das nicht mehr. In: Albrecht, Ulrich (Hrsg.): Stationierung-und was dann? Berlin 1983.
Lider, Julian: Military Theory. Adlershot, Hants 1983.
Lippert, Ekkehard/Wachtler, Günther: Militärische Arbeit als Produktion von Sicherheit? in: Vogt, Wolfgang R. (Hrsg.): Sicherheitspolitik und Streitkräfte in der Legitimitätskrise, Baden-Baden 1983, S 261-284.
Lippert, Ekkehard/Wachtler, Günther: Feindbild, Hierarchie, Tradition. Die gesellschaftliche Bedeutung soldatischer Realitätskonstruktion. In: Bolte, Karl Martin/Treutner, Erhart (Hrsg.): Subjektorientierte Arbeits-und Berufssoziologie. Frankfurt/M. 1983 a, S. 225-245.
Roghmann, Klaus/Ziegler, Rolf: Militärsoziologie. In: König, René (Hrsg.): Handbuch der empirischen Sozialforschung. Bd. 9, Stuttgart 1977.
Schössler, Dietmar: Militärsoziologie. Königstein/Ts. 1980.
Vogt, Wolfgang R.: Das Theorem der Inkompatibilität. In: Ders. (Hrsg.): Sicherheitspolitik und Streitkräfte in der Legitimitätskrise. Baden-Baden 1983, S. 21-58.
Wachtler, Günther (Hrsg.): Militär, Krieg, Gesellschaft. Texte zur Militärsoziologie. Frankfurt/M. 1983.
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1988 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Wachtler, G. (1988). Militär. In: Lippert, E., Wachtler, G. (eds) Frieden. Studienbücher zur Sozialwissenschaft, vol 47. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85630-2_26
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-85630-2_26
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-21789-5
Online ISBN: 978-3-322-85630-2
eBook Packages: Springer Book Archive