Zusammenfassung
Die historische Bedeutung des Theatercoups vom 2. Mai 1933 lag nicht in der Zerstörung der Gewerkschaften, sondern darin, daß die Parteiführung sich dadurch in die Lage brachte, eine neue Gesellschaftsordnung mehr oder weniger von Grund auf und sofort verkünden und aufbauen zu müssen. Eine »organische« Entwicklung, eine allmähliche Unterwerfung und Aushöhlung der bestehenden Gewerkschaften — wie sie die Gewerkschaftsführung als kleineres Übel im April noch wünschte 2 — war nun endgültig ausgeschlossen. Damit hatte aber auch die kurze Geschichte der NSBO ihr Ende gefunden, denn sie wäre das geeignete Instrument gewesen, eine allmähliche Gleichschaltung der Gewerkschaften herbeizuführen. Durch die Aktion vom 2. Mai jedoch hatte die Parteiführung die politische Initiative eindeutig an sich gezogen: in Gestalt des Reichsorganisationsleiters Dr. Robert Ley, des Nachfolgers und erbitterten Gegners von Gregor Strasser, der seinerseits bis Ende 1932 die NSBO gegen den rechten Parteiflügel wirksam geschützt hatte. Die einzige spezifisch nationalsozialistische Organisation, die eine auch nur ungefähre, der Industriegesellschaft adäquate sozialpolitische Konzeption hatte — die einer parteigebundenen Einheitsgewerkschaft —, sollte also von der sozialpolitischen Willensbildung ferngehalten werden. Diese Konzeption gab konservativen Kreisen ausreichend Anlaß zu befürchten, daß hiermit weder der soziale Frieden noch die bevorstehende Aufrüstung, noch die Vormachtstellung der Parteiführung, noch unter Umständen die Erhaltung der bestehenden Besitzverhältnisse gefördert werden würde. Wohl auf Grund dieser Erwägungen gab Ley schon am 6. Mai die Gründung einer vollkommen neuen Organisation, der Deutseben Arbeitsfront, bekannt; unter Beibehaltung seines Amts als Reichsorganisationsleiter der Partei übernahm er selbst ihre Leitung.
Mit einem Wort: Ich kam als blutiger Laie dahin, und ich glaube, ich habe mich wohl damals selber am meisten gewundert, weshalb ich mit diesem Auftrag betraut wurde. Es ist nicht so gewesen, daß wir ein fertiges Programm hatten, das wir hervorholen konnten und an Hand dieses Programms die Arbeitsfront aufbauten, sondern ich bekam den Auftrag des Führers, die Gewerkschaften zu übernehmen, und dann mußte ich weiterschauen, was ich daraus machte.
Robert Ley, auf der 5. Jahrestagung der Deutschen Arbeitsfront, September 1937 1.
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Literatur
Gerhard Meinck, Hitler und die deutsche Aufrüstung 1933–37, Wiesbaden 1959, S. 17.
Robert A. Brady, The Rationalisation Movement in German Industry, Berkeley 1933
Robert A. Brady, The Spirit and Structure of German Fascism, London 1937, Kap. IV/2, V; Preller, Sozialpolitik, S. 416f.
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Mason, T.W. (1975). Die Neuordnung der Klassenverhältnisse. In: Arbeiterklasse und Volksgemeinschaft. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin, vol 22. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85374-5_3
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