Zusammenfassung
Nach dem erklärten Willen des Grundgesetzgebers ist die Bundesrepublik Deutschland eine Parteien-Demokratie. Erstmals wurden hier die politischen Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes in einen Verfassungsrang erhoben. Unbeschadet der Frage, ob man mit dem Bundesverfassungsgericht nicht nur eine verfassungstheoretische, sondern auch eine der Verfassungswirklichkeit entsprechende Unterscheidung vornehmen will zwischen der Mitwirkung der politischen Parteien einerseits am „staatlichen“ und andererseits am „allgemeinpolitischen“ Willensbildungsprozeß (7) — eine Unterscheidung, die nach Auffassung des Verfassers weder nach der einen noch nach der anderen Seite aufrechtzuerhalten ist, — können auf der Linie der Verfassungsväter nach dem Bundeswahlgesetz nur politische Parteien Listen von Bewerbern um das höchste Mandat, das die Bundesrepublik Deutschland zu vergeben hat, für die ausschlaggebende Zweitstimmenwahl einreichen. Zwar können auch einzelne Bewerber mit einer entsprechenden Unterstützung von Mitbürgern im Hinblick auf die Erststimme bei Bundestagswahlen direkt kandidieren. Die politische Wirklichkeit seit 1949 hat aber gerade in der Bundesrepublik gezeigt — man denke hier nur an das Beispiel des einzelkämpfenden Direktkandidaten, des früheren Oberbürgermeisters von Bonn, Daniels, im Jahre 1969 —, daß nur solche Kandidaten am Wahltage eine Chance haben, die als Direkt-und/oder Listenkandidaten von politischen Gruppierungen im Sinne des Parteiengesetzes aufgestellt worden sind. Wir formulieren hier „und/oder“ Listenkandidaten, da es in der SPD in den meisten Landesverbänden zur Regel geworden ist, daß einigermaßen aussichtsreiche Listenkandidaten in unsicheren Wahlkreisen gleichzeitig als Direktkandidaten aufgestellt werden, nicht zuletzt, weil sie auch ohne Direktmandat möglicherweise als Listenabgeordnete einen Wahlkreis für ihre Partei als MdB mitbetreuen sollen. Dieser Aspekt der Betreuung eines Wahlkreises durch einen unterlegenen Direktkandidaten als Listenabgeordneter ist bislang in der interessierten Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt, geschweige denn in der Theorie genügend gewürdigt worden. Der Verfasser hat in Großbritannien 1977 (8) bei den dortigen öffentlichen Auseinandersetzungen um eine erstmalige Einführung einer Listenwahl im Vereinigten Königreich im allgemeinen und im Zusammenhang mit der ersten Europäischen Direktwahl im besonderen, wiederholt aufgrund seiner eigenen empirischen Beobachtungen darauf hingewiesen, daß die Wählerinnen und Wähler in den einzelnen Bundestagswahlkreisen in der Praxis — immer vorausgesetzt, daß der Listenabgeordnete „in “ einem Bundestagswahlkreis (9) (nicht „des “ Bundestagswahlkreises) gute Arbeit leistet — keinen Unterschied machen zwischen „solchen“ und „solchen“ betreuenden Bundestagsabgeordneten. Wir sehen hier einmal ganz davon ab, daß — wie auch die Erörterung des Problems sogenannter Fraktionswechsler gezeigt hat — ohnehin nach der Verfassung nicht zwischen zweierlei Arten von Bundestagsabgeordneten unterschieden werden darf.
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Schweitzer, C.C. (1979). Parteiapparate und parteipolitische Einzelkämpfer. In: Der Abgeordnete im parlamentarischen Regierungssystem der Bundesrepublik. Uni-Taschenbücher, vol 814. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85281-6_2
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