Zusammenfassung
Während der nationalsozialistischen Diktatur fristet die Satire ein Schattendasein. Um überhaupt in die nun vom faschistischen Regime kontrollierte —ffentlichkeit zu gelangen, hat sie sich ihrer ungezügelten Angriffslust gegen jedes und jedermann im eigenen Lande zu entledigen. Die Machthaber kastrieren die Satire zu einem ihnen genehmen Mittel der Verächtlichmachung der wirklichen und vermeintlichen Gegner. Erlaubt ist, was ins propagandistische Kalkül paßt: Schmunzeln, Amüsement und harmlose Witzeleien. Es darf bezweifelt werden, daß die Satire mit dieser Zurichtung noch als Satire bezeichnet werden kann. Denn indem sie ihrer Unabhängigkeit verlustig geht, verkommt sie zur willfährigen Propaganda der Herrschenden. Die Satire im Exil hat es da auf den ersten Blick besser. Die Vertreibung aus Deutschland bestätigt ihre grundsätzliche Widerborstigkeit und legitimiert mithin ihren Anspruch auf radikale Kritik. Sie konterkariert damit die von der nationalsozialistischen Politik gegängelte Satire, die ,Biß’ einzig da entwickelt, wo sie Feinde im In- und Ausland ausmacht. Nur noch zynisch zu nennen ist sie, sobald sie auf Kosten oder zu Lasten jener sich äußert, die als Verfolgte, Verstoßene und Geächtete Deutschland verlassen müssen oder gar zu den Opfern des Terrors im Lande gehören. Der Kladderadatsch hält sich an denen schadlos, die sich nicht mehr wehren können.1
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Heinrich-Jost, Ingrid (Hrsg.), Kladderadatsch. Die Geschichte eines Witzblattes von 1848 bis ins Dritte Reich, Köln 1982, S. 161 bzw. 162.
Theodor W. Adorno, Juvenals Irrtum, in: Th.W.A., Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Frankfurt a. M. 1982, S. 280.
Walter Benjamin, Karl Kraus, in: W.B., Gesammelte Schriften, Bd. II. 1: Aufsätze, Essays, Vorträge, hrsg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt a. M. 1977, S. 355.
Stephan Braese, Das teure Experiment. Satire und NS-Faschismus, Opladen 1996, S. 237.
Lieselotte Maas, Handbuch der deutschen Exilpresse 1933–1945, hrsg. von Eberhard Lämmert, Bd. 4: Die Zeitungen des deutschen Exils in Europa von 1933 bis 1939 in Einzeldarstellungen, München u. Wien 1990, S. 81f.
Heinz Willmann, Geschichte der Arbeiter-Illustrierten Zeitung 1921–1938, Berlin/DDR 1974, S. 229ff.
Peter Gorsen, „Das Auge des Arbeiters“ -Anfänge der proletarischen Bildpresse, in: Ästhetik und Kommunikation. Beiträge zur politischen Erziehung, H. 10, 3. Jg. (1973), S. 9.
Rosa Luxemburg, Die Ordnung herrscht in Berlin, in: R.L., Gesammelte Werke, Berlin/DDR 1974, S. 537.
Kurt Tucholsky, Brief an Walter Hasenclever, 11. April 1933, in: K.T., Briefe, Auswahl 1913 bis 1935, hrsg. von Roland Links, Berlin/DDR 1983, S. 298.
Kurt Tucholsky, Brief an Arnold Zweig, 15. Dezember 1935, in: Briefe, S. 574.
Erika und Klaus Mann, Escape to life, Deutsche Kultur im Exil, München 1991, S. 16.
Helga Keiser-Hayne, Beteiligt euch, es geht um eure Erde. Erika Mann und ihr politisches Kabarett die „Pfeffermühle“. 1933 -1937, München 1990, S. 16.
Klaus Mann, Der Wendepunkt, Ein Lebensbericht, München 1981, S. 322.
Klaus Mann, Tagebucheintrag vom 1.1.1933, in: ders., Tagebücher 1931 -1933, hrsg. von Joachim Heimannsberg, Peter Laemmle und Wilfried F. Schoeller, München 1989, S.107.
Thomas Mann, Tagebucheintrag vom 30.9.1933, in: ders., Tagebücher 1933 -1934, hrsg. von Peter de Mendelssohn, Frankfurt a. M. 1980, S. 199.
Klaus Mann, Tagebucheintrag vom 1.1.[1934], S. 9.
Erika Mann, Versuch einer Outline für eine geplante Fernsehsendung, Typoskript, Erika Mann Archiv, Stadtbibliothek München, 1966
Klaus und Erika Mann, Bilder und Dokumente, hrsg. von Ursula Hummel, München 1990, S. 33.
Erika Mann, Briefe und Antworten, Bd. I: 1922 -1950, hrsg. von Anna Zanco-Prestel, München 1988, S. 57.
Rudolf Spitz, „Das Laterndl“ und seine Autoren, in: Lothar Schirmer (Hrsg.), Theater im Exil 1933 -1945. Ein Symposium der Akademie der Künste, Berlin 1979, S. 130.
Karl-Ludwig Hofmann, Zur Geschichte der deutschen antifaschistischen Pressesatire, in: Neue Gesellschaft für Bildende Kunst Berlin (Hrsg.), Kunst im Exil in Großbritannien 1933 -1945, Berlin 1986, S. 66.
Uwe Naumann, Frau Wernicke im Ätherkrieg, in: Bruno Adler, Frau Wernicke, Kommentare einer „Volksjenossin“, hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Uwe Naumann, Mannheim 1990, S. 158.
Thomas Mann, Deutsche Hörer! Fünfundfunfzig Radiosendungen nach Deutschland, Stockholmer Gesamtausgabe. Reden und Aufsätze. Band II, Frankfurt 1965, S. 182.
Carl Brinitzer, Hier spricht London, Von einem der dabei war, Hamburg 1969, S. 107.
Robert Lucas, Über den Gefreiten Hirnschal und seine Briefe, in: Literatur und Kritik, H. 128, September 1978, S. 454.
Rights and permissions
Copyright information
© 1999 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen/Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Haarmann, H. (1999). Ausblicke. In: „Pleite glotzt euch an. Restlos“. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85118-5_6
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-85118-5_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13295-2
Online ISBN: 978-3-322-85118-5
eBook Packages: Springer Book Archive