Zusammenfassung
In der bekannten Debatte über deutsches “Sonderbewußtsein” ist die “Verdrängung des Glücks”, die “fast gesuchte heroische Glücksverachtung”1 im politischen Denken der “verspäteten Nation”2 zur Genüge erörtert worden. Mithin kann dieser Entwicklungsstrang weitgehend vernachlässigt werden, wenn man nach Glücksvorstellungen in Staatslehre, Rechtsphilosophie und Politischer Theorie in Kontinentaleuropa fragt.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Anmerkungen
M. Scheler, Die Ursachen des Deutschenhasses. Eine nationalpädagogische Erörterung. Leipzig 1917. Das spezifische Ethos bürgerlichen Daseins in “der politischen, militärischen und moralischen Sphäre” des preußischen Staates versucht Scheler wie folgt zu charakterisieren: “Die Form jenes bei passenden adäquaten Zielen herrlichen heroischen unbedingten Ordnungsgeistes, Staatssinnes, jenes Ethos unendlicher Hingabe an die Pflicht — nicht nur ohne Blinzeln nach Glück, sondern mit fast zu gesuchter heroischer Glücksverachtung — jenes Geistes, wie ihn der große Friedrich bis an sein Ende betätigt, wie ihn Kant im kategorischen Imperativ formulierte.” S. 99.
H. Plessner, Die verspätete Nation. Über die politische Verführbarkeit bürgerlichen Geistes. Frankfurt/M. 1992.
G. Bien, Die Philosophie und die Frage nach dem Glück. In: Ders. (Hrsg.), Die Frage nach dem Glück. Stuttgart-Bad Cannstatt 1978, S. IX.
Bien, S. X.
Bien, S. X (Hervorhebung von der Verf.).
J.G. Fichte, Appelation an das Publikum über die ihm beigemessenen atheistischen Äußerungen. In: Ausgewählte Werke (ed. W. Medicus), Bd. III, Darmstadt 1962, S. 179. Zitiert nach G. Bien, S. X.
D.P. Geggus, The effects of the American Revolution on France and its empire. In: R.P. Green and J.R. Pole (eds.), The Blackwell Encyclopaedia of the American Revolution. London 1991, S. 518–527.
In: MAGAZIN. Mitteilungen des Deutschen Historischen Museums. H. 10, 4. Jhgg. Sommer 1994, S. 62–72.
Dippel, S. 64f.
W. von Humboldt, Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Stuttgart 1995, Abschnitt III, S. 28f.
Th. Fontane, Die preußische Idee. In: Ders., Allerlei Glück. Hrsgg. von O. Drude. Frankfurt/M. 1982, S. 306f.
J.A. von Rantzau, Deutschland und die hedonistische Glückseligkeit. In: Die Welt als Geschichte. 22. Jhgg., 1961, S. 117.
Zitiert in Rantzau, a.a.O., S. 112.
H. Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland. Hrsgg. und eingeleitet von W. Harich. Frankfurt/M. 1966, S. 67.
Auskunft von J. Gebhardt. Erlangen.
Th. Mommsen, Testament. (1899) Erstmals abgedruckt in: Die Wandlung, III. Jhgg., 1. H., S. 69ff: “Politische Stellung habe ich nie gehabt und politischen Einfluß habe ich nie erstrebt; aber in meinem innersten Wesen, und ich meine, mit dem Besten, was in mir ist, bin ich stets ein animal politicum gewesen und wünschte, ein Bürger zu sein. Das ist nicht möglich in unserer Nation, bei der der Einzelne, auch der Beste, über den Dienst im Gliede und den politischen Fetischismus nicht hinauskommt.” Zitiert nach D. Sternberger, Aspekte des bürgerlichen Charakters. In: Ders., “Ich wünschte, ein Bürger zu sein”. Neun Versuche über den Staat. Frankfurt/M. 1967, S. 11.
E. Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien. In: Ders., Deutschland und die westlichen Demokratien. Erw. Ausgabe. Mit einem Nachwort über Leben und Werk E. Fraenkels. Hrsgg. von A. von Brünneck. Frankfurt/M. 1991, S. 50.
S. Hentilä, The Origins of the Folkhem Ideology in Swedish Social Democracy. In: Scandinavian Journal of History. 1978, Vol. 3, No.4, S. 323–345.
Vgl. R. Grimsley, Rousseau and the Problem of Happiness. In: M. Cranston/R.S. Peters (ed.), Hobbes and Rousseau. A Collection of Critical Essays. New York 1972, S. 437–461. — Aufschlußreich in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, daß das von F. Furet und M. Ozouf herausgegebene “Kritische Wörterbuch der Französischen Revolution” keinen Eintrag zu den Stich Worten “Bonheur” oder “Félicité” enthält (bei 1728 Seiten der zweibändigen deutschsprachigen Ausgabe. Frankfurt/M. 1996).
A. Hirschman, Engagement und Enttäuschung. Über das Schwanken der Bürger zwischen Privatwohl und Gemeinwohl. Frankfurt/M. 1988.
K. Marx, Zur Judenfrage. (1843). In: S. Landshut (Hrsg.), K. Marx. Die Frühschriften. Stuttgart 1953 u.ö., S. 194: “Keines der sogenannten Menschenrechte geht also über den egoistischen Menschen hinaus…Weit entfernt, daß der Mensch in ihnen als Gattungswesen aufgefaßt wurde, erscheint vielmehr das Gattungsleben selbst, die Gesellschaft, als ein den Menschen äußerlicher Rahmen, als Beschränkung ihrer ursprünglichen Selbständigkeit… Es ist schon rätselhaft, daß ein Volk, welches eben beginnt, sich zu befreien, …ein politisches Gemeinwesen zu gründen, daß ein solches Volk die Berechtigung des egoistischen…Menschen feierlich proklamiert (Décl. de 1791), ja, diese Proklamation in einem Augenblicke wiederholt, wo die heroischste Hingebung allein die Nation retten kann und daher gebieterisch verlangt wird…”. Zu dem von Fichte übernommenen Begriff des Gattungswesens und zum “Zwiespalt der Marx’schen Emanzipationstheorie” vgl. die Einleitung von Th. Meyer zu dem Sammelband “Marxismus und Staat”, H. Kremendahl und Th. Meyer (Hrsg.). Kronberg i.Ts. 1974.
Zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie. Einleitung. In: S. Landshut, S. 216.
Vgl. G. Ionescu, Politics and the pursuit of happiness. London/New York 1984, S. 133f. — Analoge methodische Probleme bei G. Fritz, Menschliches Glück als Anliegen marxistischer und christlicher Ethik. Ein Plädoyer für die Weiterfuhrung des Dialogs zwischen Christen und Marxisten. Frankfurt/M.-Bern-New York 1984. - Zur Interpretation des Glücksbegriffs in Marx’ Abituraufsatz vgl. H. Monz, K. Marx. Grundlagen der Entwicklung zu Leben und Werk. Trier 1973, S. 306ff.
Verfassungen und institutionelle Regelungen galten Marx und Engels als bloß formal, weil “der Angst der Menschheit vor sich selbst” entspringend. In diesem Sinne wird die Gewaltenteilungslehre ebenso gedeutet wie die dreimalige Lesung von Gesetzen im Parlament. Vgl. hierzu W. Euchner, Die Degradierung der politischen Institutionen im Marxismus, H. 4/1990.
Vgl. L. Jaume, L’individu effacé-ou le paradoxe du libéralisme français. Paris 1997. -Vgl. S. Hazareesingh, Political Traditions in Modern France. Oxford 1994. — T. Judt, Marxism and the French Left. Oxford 1986 sowie T. Judt, Un passé imparfait: les intellectuels en France 1994–1956. Paris 1992. — I. Berlin, J. de Maistre und die Ursprünge des Faschismus. In: Berlin, Das krumme Holz der Humanität. Kapitel der Ideengeschichte. Frankfurt/M. 1992, S. 123–221. — Z. Sternhell, Ni droite ni gauche: l’idéologie fasciste en France. Paris 1987.
Vgl. D.P. Geggus (Anm. 7) sowie J. Appleby, The American Model for the French Revolutionaries. In: Dies., Liberalism and Republicanism in the Historical Imagination. Cambridge/Mass. 1992, S. 232–352.
A.de Tocqueville, L’Ancien Régime et la Révolution. (1856). In:Oeuvres Complètes. Paris 1952. III., S. 195. Die Erfahrungslosigkeit erklärend, fügt Tocqueville hinzu: “La même ignorance leur livrait l’oreille et le coeur de la foule.” Vgl. H. Arendt, Über die Revolution. München 1968. 3. Kapitel: Der Erfolg des Glücks, S. 153.
Vgl. K.M. Baker, Condorcet: From Natural Philosophy to Social Mathematics. Chicago 1975. Ders., Artikel “Condorcet”. In: F. Furet/M. Ozouf et coll.: Dictionnaire Critique de la Révolution Française. Acteurs. Bd. 2, Paris 1992, S. 113–127. “Un peuple éclairé est un peuple libre, affirmait Condorcet, car ‘la vérité est donc à la fois l’ennemi du pouvoir comme de ceux qui l’exercent; plus elle se répand, moins ceux-ci peuvent espérer de tromper de l’homme; plus elle acquiert de force, moins les sociétés ont besoin d’être gouvernées.’ L’instruction publique propagerait les Lumières; alors le pouvoir tendrait à disparaître…”
Condorcet, Entwurf einer historischen Darstellung der Fortschritte des menschlichen Geistes. Hrsgg. von W. Alff. Frankfurt/M. 1976, 10. Epoche, S. 209. — Die Unabhängigkeitserklärung wird folgerichtig der 9. Epoche zugerechnet: “Von Descartes bis zur Entstehung der französischen Republik”, S. 146ff.
Vgl. T. Schabert (Hrsg.), Der Mensch als Schöpfer der Welt. Formen und Phasen revolutionären Denkens in Frankreich von 1762 bis 1794. München 1971.
A.de Tocqueville, De la Démocratie en Amérique. Zwei Bände, Paris 1981. Biographie, Préface et Bibliographie par F. Furet. (Dt. Über die Demokratie in Amerika. München 1976. Mit einem Nachwort von Th. Eschenburg.) Bd. I, S. 401 (809).
Th. Eschenburg, a.a.O., S. 919ff.
G. Benn, Gesammelte Werke, Bd. 2. Wiesbaden 1968, S. 490f.
J. Habermas, Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus. Frankfurt/M. 1973, S. 170; Ders., Legitimationsprobleme im modernen Staat. In: P. Graf Kielmansegg (Hrsg.), Legitimationsprobleme politischer Systeme. PVS-Sonderheft Nr. 7, 1976, S. 54.
J. Habermas: (1976), ebda.; Ders., Ziviler Ungehorsam — Testfall für den demokratischen Rechtsstaat. In: P. Glotz (Hrsg,), Ziviler Ungehorsam im Rechtsstaat. Frankfurt/M. 1983, S. 29ff; 49. Vgl. H. Mandt, Antipolitik. In: Zeitschrift für Politik. 34. Jhgg., H. 4/1987, S. 391ff.
Chr. Meier, Nicht Zerstörung, aber neue Herausforderung der Vernunft. In: M. Meyer (Hrsg.), Intellektuellendämmerung. München 1992, S. 85.
T. Judt, The Burden of Responsibility: Blum, Camus, Aron, and the French Twentieth Century. New York 1998 (i.D.).
Vgl. den von R.-P. Pol edierten Tagungsband: Où est le bonheur? Cinquième Forum Le Monde Le Mans. Paris 1994. S. 10. — Auch in anderem Rahmen und auf einer anderen Ebene ist in Frankreich das Glück wieder auf die Tagesordnung gesetzt worden. Der Wettbewerb um die Zulassung zu den Grandes Ecoles sieht für 1998 für Studierende der Wirtschaftswissenschaften eine obligatorische Prüfung vor, die den Leistungsnachweis für Culture générale zum Thema Glück zu erbringen hat. Dazu sind im September 1997 von verschiedenen Verlagen zahlreiche Überblicksdarstellungen vorgelegt worden. Dazu gehören D. Bourdin/G. Guislain/P. Jacopin, Le Bonheur. Rosny (Bréal) 1997; J.-P. Biellie, Le bonheur. La question philosophique. Paris 1997; P. Simmarano/E. Vergnou, Le bonheur. Premières réflexions. o.O. (Bréal) 1997; F. Laupies, Leçon philosophique sur le bonheur. Collection Major. Paris 1997.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1998 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen/Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Mandt, H. (1998). Menschenrecht auf Glück?. In: Bellebaum, A., Braun, H., Groß, E. (eds) Staat und Glück. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85115-4_6
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-85115-4_6
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-13214-3
Online ISBN: 978-3-322-85115-4
eBook Packages: Springer Book Archive