Zusammenfassung
Niemand wird bestreiten wollen, daß jener Phänomenbereich, den wir „Literatur“ zu nennen gewohnt sind, weder universell noch auch sehr alt ist. Vielmehr handelt es sich um eine ausschließlich okzidentale Gegebenheit, die sich erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts herausbildete, gekennzeichnet durch eine zuvor niemals bestehende „Autonomie“ gegenüber einer sehr viel weniger spezifischen Diskurslandschaft aus Religion, Populärphilosophie, “Moral” und allerhand „interessanten“ Wissensformen sowie einer allgemeinen „Publizistik“. Die neue „Autonomie“ wurde seit Beginn der Romantik (im umfassenden, ‘europäischen’ Sinne des Wortes, der die Weimarer „Klassik“ der Germanisten einschließt) und vor allem durch Goethe, Schiller und die erste Generation der deutschen Romantiker mittels einer Rhetorik der „Unabhängigkeit“ der Literatur von anderen Wissensformen proklamiert, der eine “autoreflexive” Schreibpraxis entsprach, die erstmals in Richtung „l’art pour l’art“ tendierte.
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References
Vgl. Peter Bürger: Institution Kunst als literatursoziologische Kategorie. In: Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte (1977) H. 1, S. 50ff.; Christa Bürger: Der Ursprung der bürgerlichen Institution Kunst im höfischen Weimar. Literatursoziologische Untersuchungen zum klassischen Goethe. Frankfurt/Main 1977.
Niklas Luhmann: Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt/Main 1995, S. 191: “Das Medium der Kunst ist demnach für alle Kunstarten die Gesamtheit der Möglichkeiten, die Formgrenzen (Unterscheidungen) von innen nach außen zu kreuzen und auf der anderen Seite Bezeichnungen zu finden, die passen, aber durch eigene Formgrenzen ein weiteres Kreuzen anregen.” Ich muß gestehen, daß mir die These, als Medium der Wirtschaft diene das Geld, irgendwie operativer erscheinen will.
Gerhard Plumpe: Epochen moderner Literatur. Ein systemtheoretischer Entwurf. Opladen 1995, S. 48 und passim.
Plumpe, S. 177ff.
Vgl. dazu etwa Walter Moser: Romantisme et crises de la modernité. Poésie et encyclopédie dans le Brouillon de Novalis. Longueil (Québec) 1989.
Donella and Dennis Meadows et al.: The Limits to Growth. New York 1972, S. 144.
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Ich habe diesen Faszinationstyp theoretisch und historisch ausführlicher analysiert in J.L.: Versuch über den Normalismus. Wie Normalität produziert wird. Opladen 1996.
Louis-Ferdinand Céline: Voyage au bout de la nuit. Ed. Livre de poche. Paris 1952, S. 483.
Bzw. als “Betriebsunfälle”: Vgl. Fritz Stern: War der Kriegsausbruch nur ein Betriebsunfall? In: Der Spiegel Nr. 43/1964.
Céline: Voyage (wie Anm. 10), S. 485.
Christoph Hein: Drachenblut oder Der fremde Freund. Frankfurt/Main 1989, S. 131. Die 1. Aufl. erschien in der DDR unter dem Titel: Der fremde Freund. Berlin/Weimar 1982.
Niklas Luhmann: Liebe als Passion. Zur Codierung von Intimität. Frankfurt/Main 1982, S. 42f.
Vgl. dazu Hans Ulrich Gumbrecht: ‘Faszinationstyp Hagiographie’ — ein historisches Experiment zur Gattungstheorie. In: Deutsche Literatur im Mittelalter. Kontakte und Perspektiven. Hugo Kuhn zum Gedenken. Hrsg. von Christoph Cormeau. Stuttgart 1979, S. 37-84.
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Link, J. (1997). Von der Nicht-Spezialität der Literatur und ihren Folgen für die Literaturwissenschaft. In: Bentfeld, A., Delabar, W. (eds) Perspektiven der Germanistik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85101-7_10
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