Zusammenfassung
Die Frage, die ich mir 1991 bei der Vorbereitung dieses Bandes stellte, führte schnell zu anderen weiterreichenden Fragen. Ursprünglich wollte ich wissen, inwieweit Sozialdemokraten, die aktiv an der Gründung der SED mitwirkten oder auch nur „mitliefen“, in der Zeit danach bemüht waren, die Vorstellungen zu verwirklichen, mit denen sie angetreten waren. Wie rechtfertigten sie diesen Schritt vor sich selbst und vor anderen oder was erhofften sie sich davon? In erster Linie handelte es sich um demokratisch-sozialistische Vorstellungen, die die Kommunisten im April 1946 — mit Abstrichen — scheinbar akzeptiert hatten. Es waren jedoch Vorstellungen, die zweieinhalb Jahre später explizit und konsequent verworfen wurden, um in Nachahmung des sowjetischen Modells die SED zu einer stalinistischen Kaderpartei, der „Partei neuen Typus“ zu erklären.
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Literatur
Harold Hurwitz, Die politische Kultur der Bevölkerung und der Neubeginn konservativer Politik, Köln 1983;
Harold Hurwitz u. Klaus Sühl, Autoritäre Tradierung und Demokratiepotential in der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung, Köln 1984;
Harold Hurwitz, Die Eintracht der Siegermächte und die Orientierungsnot der Deutschen 1945–1946, Köln 1984;
Harold Hurwitz, Die Anfänge des Widerstands, Teil 1: Führungsanspruch und Isolation der Sozialdemokraten, Teil 2: Zwischen Selbsttäuschung und Zivilcourage: Der Fusionskampf, Köln 1990.
Vgl. Hans-Joachim Krusch, Arbeiterbewegung, gesellschaftspolitische Forderungen und Einheit der Arbeiterparteien 1945/46, in: Ansichten zur Geschichte der DDR, hrsg. v. Dietmar Keller/Hans Modrow/Herbert Wolf, Berlin 1991, S. 61–80.
Wortlaut in: Neues Deutschland v. 28.10.1994.
Auch die Erklärung der Historischen Kommission der PDS vom 11. Dezember 1995 ist von dieser Tendenz geprägt.
Vgl. Heinrich August Winkler, Von den eigenen Sünden ablenken, in: Die Zeit, 11.11.1994.
Vgl. Friedrich Bohl, MdB, SPD und SED: Die politischen Verstrickungen der SPD in die SED-Diktatur, in: Pressedienst der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, 12.7.1990. Siehe auch Der Tagesspiegel v. 5.7.1990.
Friedrich Karl Fromme, Die Sozialdemokraten haben wenig Grund, die Union als ehemalige Blockpartei anzuklagen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 1.7.1994.
Harold Hurwitz, Bemerkungen, in: Einheitsdrang oder Zwangsvereinigung?, Dokumentation, Teil II (zusammengestellt von Andreas Malycha), Berlin 1991, S. 3.
Andreas Malycha, Auf dem Weg zur SED. Sozialdemokratie und Einheitspartei in den Ländern der Sowjetischen Besatzungszone 1945/46. Eine Quellenedition, Bonn-Bad Godesberg 1995.
Frank Moraw, Die Parole der „Einheit“und die Sozialdemokratie. Schriftenreihe der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bd. 94, Bonn-Bad Godesberg 1973, S. 149 ff.
Hierzu abwägend Andreas Malycha, Sozialdemokratische Vorstellungen in der SED in den Jahren 1946–1948, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, H. 3, 1990, S. 339 ff.
Vgl. Heinz Niemann, Sozialdemokratie als Idee und Tradition in der politischen Kultur im Osten Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, Sonderdruck, Berlin 1990.
Fromme, Sozialdemokraten (Anm. E/12).
Vgl. Niemann, Sozialdemokratie (Anm. E/17).
Georg Füllberth, Eher umgekehrt, in: Konkret, 9/1990, S. 25.
In: Die Weltbühne, 20/1990, S. 621.
In: Geschichte und Gesellschaftskunde, 2–3/1990, S. 184. Für differenzierende Betrachtungen s. Siegfried Prokop, in: Die Weltbühne, 27/1990, S. 850; Andreas Malycha, in: Utopie kreativ, 6/1991, S. 55–64.
Siehe hierzu Kap. 5.2.
in: Neues Deutschland v. 17.7.1990.
Vgl. Herbert Marcuse, Notes on the SED and KPD. Anlage zu Despatch Murphy an Sec. of State, Nr. L0242, 16.6.1947, in: National Archives of the United States of America (NA), Record Group 59 State Department Decinal Files, 862.00 (Politics)/6–1647. Künftig: NA, USA, Politics/...
Jochen Laufer, Auf dem Weg zur staatlichen Verselbständigung der SBZ. Neue Quellen zur Münchner Konferenz der Ministerpräsidenten 1947, in: Jürgen Kocka (Hrsg.), Historische DDR-Forschung. Aufsätze und Studien, Bd. 1 (hrsg. vom Forschungsschwerpunkt Zeithistorische Studien Potsdam), Berlin 1993, S. 27–55.
In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 40/94, 7. 10. 1994, S. 3–11.- Ähnlich im Verhalten, doch keineswegs arglos, ist der Nachweis der Freiwilligkeit der Sozialdemokraten, den Friedrich Karl Fromme zu erbringen versucht, indem er „auf die verschiedenen Vereinigungsparteitage“der sowjetzonalen Länder hinweist, wo „ebensowenig etwas davon zu spüren [war], daß hier vergrämte Sozialdemokraten mit Macht in die Arme der KPD getrieben wurden, wie auf dem zentralen Vereinigungsparteitag im Berliner Admiralspalast“. (FAZ, 1.7.1994.) Diese Länderparteitage waren Endpunkte eines brutalen Gleichschaltungsprozesses und verliefen nach einer wohlvorbereiteten Regie. Zu Widerstand und Abwehrhaltungen im Vorfeld der Parteitage s. Malycha, Auf dem Weg zur SED (Anm. E/14), S. 367–455. Zu stalinistischen Regiemustern im Zusammenhang mit dem zweiten Parteitag der SED s. unten Kap. 10.
William Hansen/Brigitte Schulz, Leninismus, Sozialismus und Demokratie, in: Lenin. Theorie und Praxis in historischer Perspektive (hrsg. v. Theodor Bergmann, Wladislaw Hedeler, Mario Keßler und Gert Schäfer), Mainz 1994, S. 112.
Ebd., S. 114.
Ebd., S. 115.
Ab hier nach Bertram Wolfe, Drei Männer, die die Welt erschütterten, Wien 1951, S. 287 ff.
Vgl. ebd., S. 301.
Ebd., S. 308.
Vgl. J. Stalin, Über die Grundlagen des Leninismus, in: Fragen des Leninismus, Berlin 1951.
Alex de Junge, Stalin, New York 1938, S. 33.
G. Sinowjew, Geschichte der Kommunistischen Partei Rußlands (Bolschewiki), Abriß, in: 6 Vorträge, Hamburg 1923.
In der Illustrierten Geschichte der russischen Revolution 1917 (hrsg. v. W. Astrow, A. Slepkow, J. Thomas), Berlin 1928, befinden sich Beiträge u.a. von Bucharin und Trotzki. In der Illustrierten Geschichte des Bürgerkrieges in Rußland 1917–1921 (hrsg. v. J. Thomas), Berlin 1929, sind Beiträge von Antonow-Owsejenko, Bubnow und anderen enthalten. Ein kleines Foto von Trotzki an der Front läßt sich noch finden.
A.S. Bubnow, Die Hauptmomente der Entwicklung der kommunistischen Partei Rußlands, Leipzig 1921.
Hermann Weber, SED und Stalinismus, in: Die DDR im vierzigsten Jahr. 22. Tagung zum Stand der DDR-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, 10.–13.5.1989, Köln 1989, S. 4.
Vgl. Anton Ciliga, The Russian Enigma, London 1940, S. 135–301.
Friedrich Schorlemmer, trang in: Frankfurter Rundschau, 29.10.1991.
Hurwitz, Anfänge (Anm. E/4), S. 1277.
Ebd.
Ebd., S. 165 f.
Hierzu und im folgenden ebd., S. 1278 ff.
Dokument 9: A.W., in: Beatrix W. Bouvier/Horst-Peter Schulz (Hrsg.), „... die SPD aber aufgehört hat zu existieren“. Sozialdemokraten unter sowjetischer Besatzung, Bonn:Dietz 1991, S. 236.
Protokoll des Vereinigungsparteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) am 21. und 22. April 1946 in der Staatsoper „Admiralspalast“in Berlin, Berlin 1946, S. 152.
Dok. 8: T.S., in: Bouvier/Schulz, SPD (Anm. E/46), S. 217.
Hurwitz, Anfänge (Anm. E/4), S. 309, 957.
Bouvier/Schulz, SPD (Anm. E/46), S. 216 f. Siehe ebenfalls dort Hinweis von Fritz Schreiber (als „S.F.“) in Dok. 1, ebd., S. 85.
Ebd., S. 287 f.
Aus einem Brief von Reinhold Walz an Fritz Heine, 20.4.1946, zit. in: Hurwitz, Anfänge (Anm.E/4), S. 1279.
Wolfgang Leonhard, Die Revolution entläßt ihre Kinder, Köln 1955, S. 436.
Protokoll des Vereinigungsparteitages (Anm. E/47), S. 113.
Über Grotewohls Rede am 11. November 1945 und die Folgen s. Hurwitz, Anfänge (Anm. E/4), S. 527–539.
Ebd., S. 1281 f.
Ebd., S. 1283. Grotewohl ließ ein oder zwei Sitzungen des ZS vergehen, bevor er über sein Abendessen bei Vertretern des US-Botschafters Murphy Bericht erstattete. Be-schlußprotokoll, ZS-Sitzung der SED, 11, 28.5.1946, in: DY 30 2/2.1–9. Bald durften solche Gespräche nur noch in Begleitung stattfinden.
Hierzu gehört die Überprüfung meiner Behauptung, daß die Wende der SED zur „Partei neuen Typus“ehemalige ZA-Mitglieder in der Regel „nicht zu Bolschewisten, sondern enttäuscht und hilflos machte“. Siehe Hurwitz, Anfänge (Anm. E/4), S. 1284.
Ebd. So auch Brewster Morris, Memorandum Nr. 314, 14.11.1947, in: NA USA, Politics/11–1447.
Michael Thomas, Deutschland, England über alles, Berlin 1984, S. 231.
Siehe unten Kap. 12.
Hurwitz, Anfänge (Anm. E/4), S. 1284.
Weiter zur Periodisierung siehe hier Kap. 3.3.
Stenographische Niederschrift, Sitzung des Berliner Landesvorstands der SED, 21.6.1946, in: Bln BPA, IV L-2/1/007. Das trifft auch für die Fortsetzung dieser Sitzung am 25.6.1946 zu. Künftig: Protokoll, Bln LV der SED, Datum.
Protokoll, Bln LV der SED, 19.7.1946, in: Bln BPA IV L 2/1/008.
Karl Maron, ebd.
Hermann Matern, Protokoll, Bln LV der SED, 4.9.1946, in: Bln BPA, IV L 2/1/010.
Paul Menzel (Köpenick), ebd.
Vogt (Kreuzberg), ebd.
Protokoll, PV der SED, Nr. 11., 29.–30.6.1948, in: DY 30 IV 2/1/048.
Protokoll, PV der SED, Nr. 12, 28.–29.7.1948, in: DY 30 IV 2/1/050. S. hierzu auch Kap. 7.5.1.
Protokoll, PV der SED, Nr. 12, 1.–3.7.1947, in: DY 30 IV 2/1/022.
Protokoll, PV der SED, Nr. 13, 20.–21.8.1947, in: DY 30 IV 2/1/024.
Protokoll, PV der SED, Nr. 12, 28.–29.7.1948.
Fred Oldenburg, Konflikt und Konfliktregelung in der Parteiführung der SED 1945/46–1972 (Bericht des Bundesinstituts für Ostwissenschaftliche und Internationale Studien), Nr. 48, Köln 1972, S. 16.
Erich Gniffke, Jahre mit Ulbricht, Köln 1966, S. 204.
Protokolle, PV der SED Nr. 2, 14.–15.5.1946 und Nr. 3, 18.–20.6.1946, in: DY 30 IV 2/1/002 und IV 2/1/004.
Protokolle des PV der SED, Nr. 2, 15.–16.10.1947 und Nr. 3, 12.–13.11.1947, in: DY 30 IV 2/1/030 und IV 2/1/032.
Protokoll, PV der SED, Nr. 11, 29.–30.6.1948.
S. unten Kap. 7.2.
S. unten Kap. 10.3.
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Hurwitz, H. (1997). Einführung. In: Die Stalinisierung der SED. Schriften des Zentralinstituts für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85091-1_1
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