Zusammenfassung
Dieser Ausschnitt aus einem Ambulanzgespräch (vgl. Lalouschek, Menz & Wodak 1990) illustriert deutlich eines der Probleme, an denen die Kommunikation zwischen Arzt und Patient krankt: Das fehlende Einfühlungsvermögen des Arztes in die Lage der Patientinnen und die unterschiedlichen Perspektiven der beiden Interagierenden führen häufig zu Mißverständissen, ja sogar zu Nicht-Verstehen mit all seinen manchmal gravierenden Folgen (vgl. z.B. Menz 1991a). Die Komplexität der kommunikativen Vorgänge zwischen Arzt und Patient stellt außergewöhnlich hohe Anforderungen an die kommunikative Kompetenz des ärztlichen Personals (vgl. z.B. Wimmer, Pelikan & Strotzka 1985, Hein et al. 1985, Wimmer, Nowak & Pelikan 1987, Lalouschek & Menz 1989, Lalouschek, Menz & Wodak 1990); allerdings werden Ärzte und Ärztinnen für diese Herausforderungen in ihrem beruflichen Alltag nicht systematisch ausgebildet. Obwohl das Gespräch mit Patientinnen einen Großteil des ärztlichen Alltags einnimmt, die Basis der Diagnose bildet und selbst den Heilungsprozeß beeinflußt (vgl. Wimmer & Pelikan 1984), steht einer intensiven Ausbildung des medizinischen Wissens ein fast völliges Fehlen einer gezielten Schulung kommunikativer Fähigkeiten gegenüber. Dieses Defizit wird von den Betroffenen auch wahrgenommen: Ein beträchtlicher Teil der Ärztinnen führt die Gründe für die nicht zufriedenstellende Kommunikation zwischen Arzt und Patient auf ihre mangelnde Ausbildung während des Studiums bzw. der postpromotionellen Ausbildung zurück (vgl. Strotzka, Pelikan & Krajic 1984).
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Literatur
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Menz, F., Nowak, P. (1992). Kommunikationstraining für Ärzte und Ärztinnen in Österreich: Eine Anamnese. In: Fiehler, R., Sucharowski, W. (eds) Kommunikationsberatung und Kommunikationstraining. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-85086-7_6
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